Ryen und Misha pflegen seit vielen Jahren eine intensive Brieffreundschaft und haben Regeln dabei: Keine persönliche Treffen, kein Kontakt über soziale Medien, keine Telefonnummern austauschen. Dabei wohnen sie wenige Kilometer voneinander fort. Es funktioniert wunderbar, bis eines Tages Misha die Regel bricht und auf Ryens Schule auftaucht, allerdings unter einem falschen Namen. Dabei entdeckt er, dass Ryen ganz anders ist, als er sie in ihren Briefen geschrieben hat und die Liebe wandelt sich in Wut um. Er möchte ihr eine Lektion erteilen.
Positiv an dem Buch finde ich den Schreibstil. Er ist sehr einnehmend, angenehm und spannend. Das Buch wird aus den zwei Perspektiven von Ryen und Misha erzählt, aus der Ich-Perspektive. Man kann sich gut und schnell in die jeweilige Figur einfinden… wobei das nachvollziehen von so manchen Handlungen schwierig ist, zumindest ab einen gewissen Punkt.
Ryen war in der Grundschule ein Mobbingopfer und jetzt hat sie sich eine Fassade aufgebaut, gibt sich als die Coole, immer mit einem kecken Spruch auf den Lippen, da sie Angst hat wieder gemobbt zu werden. Durch diese Angst verstellt sie sich komplett und gibt sich mit Personen ab, die sie eigentlich nicht leiden kann und wenn sie sich es eingestehen würden, die sie auch nicht mögen. Das kann ich ja noch verstehen, aber dass sie dann selber zur Mobberin wird, nicht so schlimm wie die anderen, aber zumindest mitläuft und es für gut empfindet, da kommt mir die Galle hoch. Das ist in meinen Augen fast noch schlimmer, als die Mobber selbst, weil sie ja weiß, wie es sich anfühlt, wie Scheiße das ist. Aber leider ist das Realität und es eben Menschen gibt, die unbedingt nach Aufmerksamkeit, Beliebtheit geiern und sich in diese Fake-Welt begeben, obwohl sie doch wissen müssten, dass diese „tollen, neuen“ Freunde nichts wert sind.
Misha ist über ihr Verhalten enttäuscht und auch sehr wütend. Das kann ich ja verstehen, auch dass er zunächst nicht erkennt, dass es bei ihr nur eine Fassade ist. Aber dennoch denkt er so stark in Schwarz oder Weiß und überschreitet dann einfach Grenzen. Er geht Ryen an, ohne, dass sie eine Chance hat, warum er das tut. Er bedroht, beleidigt, belästigt sie und noch vieles mehr. Auch wenn Ryens Verhalten wirklich ekelhaft war, geht er viel zu weit und dass er ihr vorspielt ein anderer zu sein und im gleichen Atemzug sie im Unklaren lässt, was mit ihm los ist, geht einfach nicht.
Aber natürlich muss es dann dazu kommen, obwohl Misha Ryen absolut unter der Gürtellinie behandelt, dass sie ihn trotzdem verfällt und irgendwann sogar in Gedanken von sich gibt: „Ich brauche meinen Bad Boy.“ Ich wollte sie einfach nur schütteln und sie fragen, ob sie noch ganz dicht ist.
Ryens Entwicklung am Ende fand ich allerdings sehr schön (zumindest hat sie eine Entwicklung, bei Misha konnte ich da wenig sehen), auch wenn es das nicht wettmacht, was sie in den letzten Jahren getan hat und es auch ziemlich spät kam. Allerdings habe ich es ihr, wegen ihrer Vergangenheit, auch abgekauft, dass sie es ernst meint.
Es wurden schwierige Themen in dem Buch angesprochen, zentral eben auch sehr das Thema „Mobbing“. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich zufrieden damit bin. Es wurde zum Beispiel nur angeschnitten, wie schlimm vor allem das Online-Mobbing geworden ist. Mir sind auch die Geschädigten an sich zu kurz gekommen und die Lösung mit Manny… weiß ich nicht. Er hätte seine Peiniger eigentlich nicht mal mehr mit dem Hintern anschauen sollen.
Warum Misha in der Schule eigentlich gewesen war… also das war schon sehr merkwürdig. Überhaupt seine Familiengeschichte… ist ja eh so etwas seltsames, dass Ryen ein recht verkorkstes Verhältnis zu ihrer Schwester und Mutter hatte und Misha zu seinen Eltern ebenso. Es gibt halt selten Bücher, wo das Verhältnis gut ist.
Die Spice-Szenen hätten für mich in der Ausführlichkeit nicht sein müssen, haben mich aber auch nicht gestört. Ich meine, wenn die mir zu viel schnackseln, dann überlese ich das eben. Den Mehrwert dahinter verstehe ich ehrlich gesagt nicht, aber ist jetzt auch kein negativer Punkt, höchstens dass sie dann irgendwann nicht mehr viel anderes getan haben.
Fazit: Mir gefiel der Schreibstil und die angesprochenen Themen. Man muss sich halt auch etwas darauf einlassen, dass dies viele Szenen in der Schule beinhaltet und die Figuren wie Teenies agieren. Ich konnte da manchmal echt nur den Kopf schütteln. Auch fand ich beide Figuren unterirdisch von ihrem Charakter und einige Handlungen unlogisch. Es war für mich ein nettes Buch für Zwischendurch, aber auch nicht mehr. 2,5 Sterne.