Wie entwickelt sich Leben, wenn ungarisches Donauland auf US-amerikanisches GI-Gebiet trifft? Eine ungarndeutsche Bedienstete wird 1958 zur alleinerziehenden Mutter, weil der Soldat bald wieder abzieht. Mama und zwei Söhne kämpfen sich durch die "Boom-Jahre" der 60er und70er.
Damals, "als alle Freiheiten möglich schienen", galt das vielleicht für den Mainstream, aber vaterlose Dunkelfarbige waren bei den gut situierten Hellfarbigen Deutschlands einem dauernden Generalverdacht ausgesetzt: was habt ihr hier verloren und könnt ihr überhaupt richtig lesen, verstehen und arbeiten?
Wie bei Kafka muss sich der Autor ständig rechtfertigen, verteidigen, behaupten. Er schafft das nur dank "seiner Sonne" Mama, die für ihre Kinder kämpft wie eine Löwin. Emanzipatorische Songs, Poesie sowie ein grosser Freund im Leid, Christus, sind weitere Begeiter.
Der Text ist eine feinfühlige Verstrickung von Alltagserlebnissen, persönlicher Entwicklung und beruflichen Erfolgen. Alles in einem Actionmodus, wo mal melancholisch mal versöhnlich die vitale Welt von Chansons und engagierten Songs hineinsummt, herrlich "sweet-and-sour" und erfrischend, wie es mir als Germanist bei autobiografischen Texten noch selten begegnet ist.
Das Schönste aber: der "Rettungsversuch für den aufrechten Gang" beflügelt die LeserInnen, Duckmäusertum und Verkrümmungen aller Art aus dem Weg zu gehen. Und jedem herrischen Auftreten auch.
Martin Fürst
Herz im Angriff