Es ist nicht Diestels erstes Buch, und dass er nach seinem letzten („In der DDR war ich glücklich. Trotzdem kämpfe ich für die Einheit“) verstummen würde, war nicht zu befürchten. Nunmehr legt er ein Gesprächsbuch vor. Diestel tauscht sich mit einem Journalisten aus, der aus dem gleichen Holz geschnitzt ist wie er. Nicht nur, dass beide kein Blatt vor ihre Münder nehmen – Michael Hametner bringt das Gesagte auch so zu Papier. Provokationen werden so wenig redigiert wie die Eitelkeiten, die die Grenze zur Peinlichkeit mitunter nicht nur streifen. Doch wer jemals eine Lesung mit Diestel besucht hat, wer die Reaktionen des Lesepublikums bei vorangegangenen Publikationen kennt, wer ihn jemals in einer TV-Talkshow sah, dem blieb nicht verborgen: Genau solche kraftstrotzenden, rücksichtslosen, höchst undiplomatischen Auftritte und Äußerungen mag man und frau im Osten. Denn Diestel spricht selbstbewusst aus, was man selbst denkt. Er ist einer von ihnen, Teil der Gemeinde der Aufmucker. Auch nach der Lektüre dieses Buches lässt sich nicht behaupten, Diestel habe seinen Frieden mit dem System gemacht habe, das 1990 über Ostdeutschland gekommen ist. Und hielte er sich bei seinen Äußerungen stets an die Fakten, würde ich ihm auch für dieses Buch glatt fünf Sterne verleihen – aber wegen Übertreibung und Flunkerei muss ich ihm einen abziehen. Also in summa gibt es nur vier.
Peter-Michael Diestel
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Peter-Michael Diestel
Ruhe gebe ich nicht
Diestel - Aus dem Leben eines Taugenichts?
Friedenshetzer
In der DDR war ich glücklich. Trotzdem kämpfe ich für die Einheit
Neue Rezensionen zu Peter-Michael Diestel
...in die Welt der politische Karriere und das Leben des ehemaligen DDR Politikers. Mir gefällt besonders, dass Diestel für die Ostdeutschen einsteht und kein Blatt vor den Mund nimmt wenn es um die Benachteiligung derselben geht. Seine Hinterfragung der deutschen Einheit ist ein sehr spannendes Thema, von dem sich West- und Ost gleichermaßen angesprochen fühlen sollten, denn es ist ein Problem, dass nur gemeinsam bewältigt werden kann. Die Aufmachung des Buchs als Gespräch sorgt außerdem für eine gute Dynamik, mit der es nicht langweilig wird.
Hannes Hofmann schreibt die Geschichten, die ihm Peter-Michael Diestel erzählt.
Peter-Michael Diestel war Mitbegründer der DSU, erster frei gewählter Innenminister der DDR und gleichzeitig ihr letzter. An ihm schieden sich die Geister. Wertkonservativ erzogen hatte er in der DDR, wie viele, seine Nische gefunden, die ihm im Wesentlichen ein Leben nach seinen Vorstellungen ermöglichte. Es war ein Leben mit den Grenzen, die ihn der Staat setzte.
Im Buch wird vorwiegend über die letzten 174 Tage der DDR berichtet. Und vieles, was Diestel über sein Erleben berichtet, liest sich anders als in den Sonntagsreden der Politiker. Auf Grund seiner Erziehung und seines Lebens in der DDR ließ sich Diestel in keine Schublade stecken. Manche seiner Entscheidungen lösten Verwunderung aus. Er musste erfahren, dass Politik ein schmutziges Geschäft sein kann und es leicht ist, einen Menschen zu diskreditieren.
Das Buch erzählt ein Stück deutscher Geschichte aus der Sicht eines Insiders. Es macht nachdenklich, da es auch die Frage stellt, wie man mit den Menschen in Zeiten der Veränderung umgeht. Peter-Michael Diestel weiß als Jurist, wovon er spricht, wenn er die Themen Schuld und Vergebung anspricht.
Das Buch lässt Betroffenheit zurück. Es ist für geschichtsinteressierte Leser sehr zu empfehlen. Und es wird sicher unterschiedliche Wertungen erfahren, denn manches ist provokativ.