Faszinierende Ausbreitung der Protagonisten
Staub. Motoren. GM gegen Ford. DAS Rennen Australiens. Der Redex Trial.
Ein Mann, Titch, Autohändler, und seine Ehefrau Irene (cool, klar, direkt, eine Frau, die ihren Mann steht), nehmen natürlich Teil als Leute „mit Benzin im Blut“.
Und nutzen die fast telepathischen Fähigkeiten des jungen, schlaksigen, blonden, weißen (was alles wichtige Adjektive für den Verlauf der Geschichte noch sein werden) Willi als „Navigator“ mit. Hinein ins „Outland“, in die großen Weiten Australiens. Mitsamt ihrer ganz eigenen Geschichte.
Doch natürlich läuft es nicht einfach rund, natürlich kommt das Schicksal hinzu und irgendwann findet sich Irene mit Willi alleine auf der Piste. Und nicht nur auf der des Rennens selbst, sondern, ab dem Ende des zweiten Drittels des Werkes immer mehr, auch auf der Piste hinein in die Vergangenheit Australiens, in die Welt der Aborigines damals und heute, in die Magie, die Geheimnisse, die Ressentiments gegen „Schwarze“.
Was den blonden, weißen Will doch wohl nicht kratzen dürfte, oder?
„Ich setzte mich hin und wartete auf meinen Mann. Es ist schrecklich, wenn die Frau eines Geschäftsreisenden am Abend dasitzt und auf ihren Mann wartet und nicht weiß, wo er ist“.
Mit klarer, hemdsärmliger Sprache, die aber durchaus auch empathisch und ruhig werden kann, wenn über die Tiefen der Personen, über die Suche nach der eigenen Identität, über das Verhältnis von „Ureinwohnern“ und „aktuellen Herren im Lande“ sinniert wird und wenn gerade jener junge Willi eine ganz eigene Entdeckungsreise in sich selbst antritt, vermittelt Peter Carey atmosphärisch überaus treffend, was er erzählt.
Raue Wege und Motorengebrüll und Spannung im Rennen einerseits, begabte, aber abgesackte Gestalten wie den „Batterie-Doktor“ andererseits, heftige Zusammenstöße mit missliebigen Mitmenschen tauchen dabei ebenso auf, wie philosophisches Eintauche in das, was auch der Sinn des Lebens sein könnte, lässt man die vermeintliche Zivilisation einmal hinter sich. Und das alles gewürzt mit ganz handfesten Verwicklungen.
„Soll ich ihrem Mann sagen, was sie beide hier treiben“?
„Ich dachte, Dunstan ist eine unaussprechliche Krankheit“.
Was das Ganze dann noch mit einem Kinderschädel zu tun hat, den Irene in einer Schachtel mit auf das Rennen nimmt und diesen sehr behütet, dass muss dann jeder Leser selbst herausfinden. Aber Nebensächliches gibt es eh kaum in diesem Roman, der sich flüssig und mit Tempo und Tiefgang erzählt seinen Weg bahnt.
Auf dem Weg gegen alle Vereinfachungen des Lebens tiefer zu schauen. „…dass ein Ort, an dem Menschen etwas lernen, gesegneter sein konnte als jede Kirche“. Du das man an Orten und von Leuten sehr vieles lernen kann, von denen man dies vorher nicht nur nicht vermutet, sondern auch geleugnet hätte.
Wenn man sich erst einmal an die wechselnden „Ich-Erzähler“ im Werk gewähnt hat.
Sensibel, laut, leise, Peter Carey bietet eine treffende Atmosphäre im Vordergrund (das Rennen, die Technik, die zwischenmenschlichen Beziehungen) und Tiefgang im Hintergrund (die Suche nach sich selbst auf dem Hintergrund der kulturellen Geschichte Australiens), die in Gänze wunderbar zu lesen ist.