Rezension zu "Die Stadt der vergessenen Träume" von Peter Freund
Ich habe alle vorherigen Bände der Phantasien-Legenden-Reihe gelesen und das war bisher das schlechteste Buch der Reihe. Die süßlichen Namen Elea und Saranya scheinen schlechten, schnulzigen Fanfiktions von 12-jährigen entnommen. Die Dialoge sind bis ins Absurde gestreckt und langweilen in ihren Begriffsstutzigkeiten der Redner, den unnötigen Floskeln und belanglosem Geschnatter. Wozu die Freundin Collina gut ist, habe ich bis heute nicht verstanden - die Szenen mit ihr wirken mit den Schwebeballeinlagen wie aus einem eher oberflächlichen Jugendroman. Beim Ort Seperanza musste ich ständig vom spanischen Esperanza umdenken; da hätte der Autor ruhig kreativer sein können, als einfach zwei Buchstaben umzustellen.
Die Idee, dass geträumte Phantasier einen anderen Status haben als jene, über die es gedruckte Bücher und also bleibende Erinnerungen gibt, ist gut, aber die Umsetzung ... Das mit dem Ruf fand ich recht umständlich erklärt und die beiden Hauptplotte, die bis auf die paar letzten Seiten unabhängig voneinander parallel durchs Buch laufen, hätten ebenso besser gestaltet werden können.
Der eine Plot um die zehnjährige Saranya kann so zusammengefasst werden, dass sie durch Zufall erfährt, dass ihre Eltern lediglich ihre Zieheltern sind, und sie sich daraufhin ins Archiv begibt, um über jenen Mann zu recherchieren, der angeblich die Lösung des Vergessens-Dilemmas für die geträumten Bürger Seperanzas gefunden haben soll. Nachdem sie dessen Namen mit den drei Ps endlich erfahren hat und ihr außerdem mitgeteilt wird, dass dessen Frau beim Verlassen Seperanzas schwanger gewesen war, war mir der Rest des Plots sowas von sonnenklar, den Wink mit dem Zaunpfahl hätte sich der Autor echt sparen können. Mir gefiel außerdem nicht, dass Saranias Zieheltern von Anfang an lediglich Herr Asmus und die Mutter auch nur mit Vornamen genannt wurden. Warum hier künstlich eine Distanz zwischen Kind und Zieheltern schaffen, wenn das Mädchen doch beide als Eltern betrachtet - und die Eltern sie als ihr Kind?
Der zweite Plot handelt vom Geschwisterpärchen Elea und Kayún, deren Mutter sich schlicht und einfach in Luft aufgelöst hat und also fort ist. Die Geschwister reisen deshalb nach Seperanza, um dem Vergessen zu entrinnen, da alle Bürger dieser Stadt vor jenem Auflösen von Gestalt und Seele sicher sein sollen. Unterwegs werden Bruder und Schwester von grünäugigen Traumfängern verfolgt ... wo hatten wir diese Verfolgungsjagd durch grünäugige Monster nur schon mal??
Damit die gute Saranya nicht so lange suchen muss, trifft es sich gut, dass ihr echter Vater rein zufällig genau dann nach Seperanza kommt, wo sie ihre Recherchen beendet hat und ... ratet mal, wer das ist? Ein weiterer Zufall ist, dass Vater und Tochter dann auch das Geschwisterpärchen von außerhalb auflesen und hier wird es bizarr, denn dieses Vereinen beider Handlungsstränge wird derart schnell und lieblos aus dem Off abgehandelt - ohne jede Dialoge - so dass man sich fragt, ob der Autor ab hier etwa keine Lust mehr hatte, das Buch würdig zu beenden, und deshalb jemand anderes in die Bresche gesprungen ist, um noch schnell den Schluss anzuhängen. Die beiden Mütter der Kinder sind auch futsch, ohne dass darüber irgendwelches Bedauern erkennbar wird.
Warum der phosphoreszierende Nachtwald jetzt anders heißt und nicht Perelín ist, entzieht sich ebenso meinem Verständnis wie die ganzen anderen Orte und Wesen, die in einer langweiligen Enzyklopädie-Manier mal schnell angerissen und heruntergeleiert werden, ohne relevanten Bezug zur Geschichte oder wenigstens zum Hauptwerk von Michael Ende zu haben. Das ist so ein Punkt, der mich schon an Ralf Isaus "Geheimer Bibliothek des Thaddäus Tilman Trutz" enorm gestört hat, weil jene erwähnten Orte und Völker schon literarisches Potenzial besitzen, wenn denn ordentlich in Szene gesetzt, und es ist ein Jammer, dass Peter Freund Isaus Roman als Vorlage genommen haben, um in jener literarisch unerquicklichen Art weiterzumachen. Was mir gefallen hat, war die Einlage mit Yor, dem blinden Bergmann im Bergwerk der Träume, alle anderen Bastian-Einlagen im Buch wirken eher deplaziert und hineingequetscht.