Rezension zu "Geier" von Peter J. Kraus
Ein älterer Teilzeit-Radiomoderator lebt in seinem geerbten Trailer im sonnigen Kalifornien surfend, biertrinkend und kopulierend in den Tag hinein. Eines Tages findet er am Strand eine Leiche und seine Ruhe ist dann.
Ich war zuerst etwas skeptisch, habe so etwas wie wehmütige Altachtundsechziger-Nostalgie erwartet. Aber schon nach den ersten Seiten war klar, dass die Sorge unbegründet war.
In der Ich-Form erzählt der Protagonist Gutman die Ereignisse, und zwar auf eine Weise, die ich so noch nicht häufig von einem deutschen Autor gelesen habe. Sehr drastisch, mitunter etwas ordinär, aber immer mit einem köstlichen, trockenen Humor, der den alten Säufer sehr sympathisch macht.
Ich mag überhaupt keine Bücher, die eine lausige Handlung und schlecht entwickelte Figuren haben, aber eine obszöne Gewaltorgie nach der anderen zelebrieren. Das ist billig.
Hier stimmt dies alles. Die Personen sind konsistent entwickelt, die Atmosphäre spürt man so, dass ich mich mit geschlossenen Augen mitten in der Geschichte befinde. Die Sprache passt hundertprozentig zu den Akteuren, sie ist ehrlich. Das Buch bezieht seine Spannung nicht in erster Linie aus der Handlung; die ist plausibel, hat auch ein schönes Ende, ist für mich aber fast nebensächlich. Es macht einfach Spaß, mit Gutman die Ereignisse zu erleben.
Kann ich sehr empfehlen.