Rezension zu "Modesty Blaise – Operation Säbelzahn" von Peter O’Donnell
Modesty Blaise und die Söldner
TheSaintvor 5 Jahren
In einem versteckten Tal hoch oben in den Hindukuschbergen nahe der afghanischen Grenze sieht sich der machthungrige und rücksichtslose Militärführer Karz einem Führungsproblem gegenüber gestellt: Er plant mit einer Söldnerarmee den Sturz der Regierung Kuwaits, um sich an den großen Ölvorkommen des Landes zu bereichern.
Doch die brutalen und ruchlosen Söldner, die er weltweit zusammen gezogen hat, brauchen fähige und starke Führerqualitäten und diese gilt es zu finden...
Nach einer ausgiebigen Suche stößt er auf Modesty Blaise und Willie Garvin, die in kriminellen Kreisen einen legendären Ruf genießen...
Vermehrte Verluste von Mitarbeitern des britischen SIS lassen den Leiter dieser Organisation - Sir Gerald Tarrant - hellhörig werden und bei einem gemeinsamen Golfspiel mit seinen neuen Freunden Blaise & Garvin erzählt er ihnen von einer unheilschwangeren Zusammenkunft einer Gruppe, die für ein "freies Kuwait" die Werbetrommeln schlägt.
Gelangweilt von ihrem Leben in Luxus und der Gesellschaft ihrer jeweiligen Partner erklären sich Modesty und Willie bereit, sich ein wenig umzuhören und ihre Kontakte aus vergangenen kriminellen Tagen, in welchen Modesty die globale Verbrecherorganisation "Das Netz" leitete und Willie ihre rechte Hand war, dafür anzuzapfen.
Es dauert nicht lange, bis sich Karz' Handlanger entschließen, das Pflegekind von Willie Garvin zu entführen, um ihn und somit auch Modesty zu Kommandeuren und Ausbildern der Söldnerarmee "zu verpflichten"...
Peter O'Donnell (1920-2010) erschuf 1963 den Comic-Strip-Charakter Modesty Blaise: Eine starke, unabhängige und selbstbewusste Frau mit vielen Talenten und Fähigkeiten und einer kriminellen Vergangenheit. In jenen Tagen war eine solche Frau im realen Alltagsleben ein absolutes Ding der Unmöglichkeit. Neben der ebenfalls britischen Emma Peel zählt diese Frauenfigur zu den den wichtigsten und einflußreichsten Figuren der Comic/TV-Landschaft. Viele Jahrzehnte vor der tatsächlichen Emanzipierung und der sich noch immer im Prozeß der Gleichberechtigung von Mann und Frau befindlichen Gesellschaft präsentierte O'Donnell eine Frau, die auf Augenhöhe mit dem anderen Geschlecht steht, sich zu behaupten weiß und Männer in ihre Schranken zu weisen versteht.
Ihr zur Seite steht Willie Garvin, dessen Beziehung zu ihr wesentlich tiefer geht und weit über die "normale Auffassung einer Beziehung" hinaus reicht, als man es sich damals - und wohl auch heute - vorzustellen wagte: Miteinander enger als jedes Liebes/Ehepaar sind sie dennoch ungebunden und entspannt im Umgang mit ihren jeweiligen Affären und Romanzen. Sich gegenseitig stets neckend und Amouren vergönnend, sind sie in Krisenfällen immer zur Stelle und ein mit Herz und Seele verbundenes eingespieltes Team.
So schickt der Autor 1966 in seinem ersten Roman (1965 veröffentlicht O'Donnell sein Drehbuch für den mit Monica Vitti gedrehten Film als Romanfassung) dieses außergewöhnliche Duo an die afghanische Grenze, um dort eine Söldnertruppe zu Fall zu bringen und somit einen blutigen Umsturz in Kuwait zu verhindern...
Mit Gusto wird ein schillerndes Freundespaar in detaillierter Weise beschrieben, welches nicht nur einmal durch die Hölle ging. Man erfährt von der Vielzahl an körperlichen und auch mentalen Misshandlungen der Beiden über die Jahre, ihren Kampftrainingseinheiten, um für die - die Langeweile unterbrechenden - Missionen weltweit in Form zu bleiben... O'Donnell liefert uns sadistische und überlebensgroße Bösewichte und einen Plot, der damals wie heute aktuell ist: instabile Regierungen in instabilen Regionen der Welt, die plötzlich durch unsagbare Bodenschätze in den Blickwinkel gieriger Personen und Gesellschaften geraten.
Kurzweilig, straff und originell gestaltet sich dieser Actionroman mit dem "weiblichen James Bond". Eine Wonne für Freunde der Action/Spion/Agenten/Fantasy-Periode der swinging Sixties!