Die Geschichte "Heute für Geld und morgen umsonst" erzählt über das Leben des kleinen Osvald in den letzten Kriegswochen in Leipzig. Osvald lebt allein mit seinem ständig beschäftigten Vater und seiner hochschwangeren Mutter am Rande des Stadtgebietes. Nur die Tatsache, dass der Vater für die Nazis wichtige medizinische Forschungen betreibt, bewahrt ihn und seine Mutter vor der Deportation. Deshalb darf er auch nicht die Straße verlassen, in der die Familie wohnt. Er wird von seiner Mutter unterrichtet, denn auch in die Schule darf er nicht. Und gerade das wünscht er sich so sehr. Endlich mit anderen Kindern lernen und spielen..... Deshalb liebt er es, mit seinem Fernglas die Umgebung und vorallem die entfernte Stadtsiedlung zu beobachten. Die Geschichte von Osvald und seiner kleinen überschaubaren Welt rührt ans Herz. Man fühlt die quälende Einsamkeit und die Neugier auf's Leben mit jeder geschriebenen Zeile. Der Junge wird durch seine Eltern und den wenigen Bekannten, die im Haus ein und ausgehen zwar liebevoll behandelt, aber gleichzeitig auch mit den permanenten Endlos-Diskussionen über den Krieg und die Politik maßlos überfordert. Denn keiner der Erwachsenen gibt sich die Mühe, dem Kind die Welt tatsächlich zu erklären. Und somit bleibt Osvald nichts weiteres übrig, als seine eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen, die für einen 10 jährigem natürlich naiv ausfallen..... Wer will es ihm verübeln? Die Story an sich ist unglaublich gut und berührend; die mit immer wiederkehrenden Fäkalausdrücken gespickte Sprache verhindert meiner Meinung allerdings das sie herausragend ist. Zu Beginn des Buches hat mich diese Erzählweise regelrecht abgestoßen. Mit Fortgang der Handlung kann man jedoch nachvollziehen, dass unser kleiner Held, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird, einfach nur die Redeweise der Erwachsenen übernommen hat, ohne deren Denkweise zu verstehen. Ein sehr emotionales Buch, auf das man sich einlassen muss.
Peter Steinbach
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Peter Steinbach
Heute für Geld und morgen umsonst
Georg Elser
Geschichte im politischen Kampf
Baden-württembergische Erinnerungsorte
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Die Störaufzucht und Kaviarherstellung: Anleitung und Hinweise
Heimzeiten - erzählt und beschrieben
Neue Rezensionen zu Peter Steinbach
Ein Vorort von Leipzig, 1944: Der zehnjährige Osvald darf nicht zur Schule gehen und nicht mit den „Nazikindern“ aus der Siedlung spielen. Er begreift nicht ganz, warum, doch er weiß, sein Vater ist ein wichtiger Forscher für das Regime, darum geschieht ihm und seiner schwangeren Mutter nichts. Er beobachtet die Geschehnisse aus der Ferne, erfährt etwas über die Welt da draußen von einem Freund der Familie, fürchtet die englischen Bomber und sehnt sie gleichzeitig herbei. Als seine Mutter nach der Geburt des Bruders untertaucht und der Vater, vermutlich aufgrund seiner gescheiterten Forschung, ebenfalls, kommt Osvald bei Bäcker Bredno unter und erlebt dort das Kriegsende.
Das Ende des Dritten Reichs aus der Perspektive eines kleinen jüdischen Jungen zu erzählen ist für den Autor eine gute Methode, dem Leser das Grauen mit unschuldigen Augen zu zeigen. Osvald versteht nicht alles, er beobachtet sehr viel. Die Spannungen innerhalb seiner Familie, die verschiedenen politischen Ansichten der Menschen, die ihm begegnen und ihn beschützen. Der demokratische Bäcker, die kommunistische Frau Schlippe, der erzkatholische Rand. Immer wieder vergleicht Osvald Kino und das wahre Leben und muss schließlich zum Schluss kommen, das beide nichts miteinander zu tun haben. Er selbst ist nicht frei geblieben von der Nazi-Indoktrination und von nationalistischem Denken, betet er doch auch für Hitler und beschreibt immer wieder Szenen aus seinem Lieblingsbuch „Das Forschungsschiff“, in dem die „Neger“ Afrikas als minderwertige, tumbe und grausame Menschen beschrieben werden. Doch dass Osvald nur nachplappert und in seinem innersten ein gutes Herz hat, erlebt man dann bei der Szene mit den kriegsgefangenen Russen. Als schließlich die Amerikaner einmarschieren, wollen die überzeugtesten Nazis nichts mehr mit der NS-Zeit zu tun haben und vertuschen ihre Mitgliedschaft. Doch nun wo Frieden ist, sehnt sich der Junge am allermeisten nach seiner Familie zurück.
„Heute für Geld und morgen umsonst“ beschreibt pointiert und gleichzeitig unschuldig das Kriegsende aus der Sicht eines Zehnjährigen, bringt aber im Endeffekt nichts Neues. Alles, was im Buch beschrieben wird, kannte ich schon zu Genüge: Grausamkeit gegenüber Juden und Kriegsgefangenen, Bomben und Fliegeralarm, Zerstörung und kuschende Nazis nach der Einnahme durch die Amerikaner. Leider entwickelte das Buch keinen Sog auf mich. Es fehlt hier das gewisse Etwas, was zum Beispiel bei der „Bücherdiebin“ durch die Erzählperspektive des Todes und den Charakter von Liesel und den Hubermanns mehr Spannung erzeugt. Fazit: Ein weiteres Buch über die NS-Zeit, das einem nichts wirklich Neues erzählt, das aber sprachlich und charakterlich gelungen ist.
Geschichte wurde schon immer unter dem jeweiligen Einfluss der herrschenden Verhältnisse interpretiert; Ansichten und Sichtweisen änderten sich, manchmal plötzlich, wenn die Wertesysteme schlagartig sich verkehrten. Genau mit diesen Phänomenen beschäftigt sich dieser eher wissenschaftstheoretische Essay von Prof. Steinbach, den ich trotz aller Methodik sehr ansprechend fand. Gut gelingt die Herausarbeitung von Standort- und Zeitabhängigkeit der historischen Interpretation. Vieles ist relativ; viele Ansichten mittlerweile widerlegt, vieles wird nicht mehr vertreten. Warum dies so ist, das erklärt Peter Steinbach sehr gut und anhand klassischer Beispiele. Lesenswert, wie ich finde, vor allem für Historiker für eine nötige Selbstreflektion.
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