Rezension zu "Lawrence von Arabien" von Peter Thorau
Narzisst
Nach der Lektüre des Buches verbleibt zunächst einmal eine deutliche Kritik am Titel des Buches.
Das einfache „T.E.Lawrende“ wäre sicherlich die bessere Wahl als Titel gewesen.
Gerade weil Peter Thorau ja genau jenen „Lawrence von Arabien“ kühl und sachlich seziert als eine Mischung aus übertrieben hergestellten „Medienstar“ (der Lowell-Thomas Schow der Nachkriegsjahre, deren Image selbst Churchill „verfiel“)und andererseits als einen geschickten Selbstdarsteller, der immer mehr gelten wollte, als er tatsächlich war, der mit rascher Auffassungsgabe und einem hohen Intellekt begabt dennoch es nie lassen konnte, seine eigene Rolle beständig aufzuwerten (und sei es oft mit erfundenen Geschichten).
So konstatiert Thorau, dass sich auch ernst zu nehmende Biographien dem „Robin Hood Charme“ nicht gänzlich zu entziehen vermochten. Wie eben auch die Darstellungen durch Lawrence selbst oft „mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hatten“.
Kühl und sachlich legt Thorau zwei Betrachtungsstränge vor. Zum einen vollzieht er den Konflikt des ersten Weltkrieges an der „arabischen Front“ nach, zeigt Kämpfe, Schlachten, politische Überlegungen zwischen dem osmanischem Reich, dem deutschen Kaiserreich und, vor allem, dem britischen Empire auf, neben die er die Motive der arabischen Stämme und die Entwicklung nach Ende des Krieges stellt.
Zum anderen folgt er den Spuren des T.E. Lawrence, der künstlich zum „Lawrence von Arabien“ wurde von der Kindheit an bis zum Unfalltod..
In diesem Strang liest sich Thoraus Darstellung durchaus, trotz des eher trockenen Stils, hoch interessant. Er räumt mit Mythen auf, setzt Selbstaussagen von T.E.Lawrence gegen gesicherte Daten (so auch in der Episode der Folterung und Vergewaltigung, welche Lawrence in den „Sieben Säulen“ erzählt, die aber in der zeitlichen Abfolge so kaum stimmen kann) und zeigt ebenfalls auf, dass der Anteil einerseits an der „Einigung der arabischen Stämme“ geringer war, als Lawrence selbst sich auf die Fahnen schreibt, aber auch der Anteil des Einflusses der Stämme auf den Kriegsverlauf ebenso deutlich geringer anzusetzen ist. Aus Autobiographie und Film breit bekannte Ereignisse werden im Buch deutlich geerdet und ebenso deutlich der Blick darauf gerichtet, dass Lawrence mit zumindest anzunehmender innerer Grausamkeit ausgestattet war, die sich in Anschlägen auf die osmanische Eisenbahn eher entladen konnte, als dass diese Anschläge wichtige Folgen gehabt hätten.
Ebenso interessant ist aber auch die „Nachgeschichte“ nach dem Krieg zu lesen. Das Bild eines Mannes, der sich im Rahmen von Konferenzen als „der Mann“ für Arabien gerieren wollte und damit keinen wirklichen Anklang fand. Und einer, der mit sich selbst kaum zurecht kam. Der alle Hebel in Bewegung setzte, als einfacher Soldat wieder in den Dienst genommen zu werden. Weil er eine äußere Rahmung und eine innere Heimat brauchte? Aber auch dort natürlich mit dem „einfachen Leben“ nicht durchweg zufrieden war.
Eine durchaus in sich schillernde Person, die Peter Thorau da noch einmal im Kanon der reichhaltigen Biographien vor Augen führt. Weniger in dem, was Lawrence wirklich bewegte, sondern in seiner narzisstischen und „rollenspielenden“ Persönlichkeit. Hierzu wäre die ausführliche Darstellung des Kriegsgeschehens im Übrigen nicht unbedingt notwendig gewesen, hier finden sich durchaus Längen gerade für den Leser, der an der Geschichte der Person eher interessiert ist.