Rezension zu "Rammstein. 100 Seiten" von Peter Wicke
Über Rammstein zu schreiben ist schwer. Das Gesamtpaket ist zu kompakt und zu schlüssig, als das man noch viel darüber zu berichten oder gar spekulieren könnte. Wenn es also etwas wie eine „sinnvolle Biografie“ geben sollte, muss man sich an die Fakten halten und die sind in der Regel schnell aufgezählt. Dazu kommt noch, dass die Musiker selbst keinerlei Anlässe zur Berichterstattung außerhalb des Projekts „Rammstein“ bieten. Da Peter Wicke das einzig richtige, wenn man etwas halbwegs Substanzielles zu Papier bringen will: Er nähert sich dem Phänomen auf einem sachlichen Weg. Fast schon wissenschaftlich geht er zu Werke, wenn er versucht, sich der Musik, der visuellen Komponente, der Bühnenshow und den lyrischen Inhalten zu nähern. Dabei halten sich Fakten, die sich auf technische Einzelheiten, kleine Hinweise der Musiker selbst und Spekulation, die Waage. Wicke versucht nicht, irgendetwas zu erklären oder dem Leser seine Interpretationen aufzuzwingen, sondern begreift das Gesamtkunstwerk „Rammstein“ als ein funktionierendes und erfolgreiches Unternehmen, in dem nichts dem Zufall überlassen wird. Seine Mutmaßungen, warum das Publikum nun ausgerechnet darauf so enthusiastisch reagiert, lassen sich nachvollziehen. Selbst wenn man nicht einer Meinung mit ihm ist, kann man durchaus die eine oder andere Theorie als möglich bezeichnen. Letzte Auskunft könnte nur die Band selbst geben und genau das tun sie nicht, denn damit wäre sie angreifbarer, als sie ohnehin schon ist.
Dieses Buch hat seine Rechtfertigung in der akribischen Art, mit dem vorhandenen Material umzugehen. Es verzichtet auf schwammige Deutungen und sensationslüsterne Episoden. Damit macht es sich zum wahrscheinlich besten, was über Rammstein je veröffentlicht wurde. Als Fazit kann man nur feststellen, dass der Erfolg eigentlich unerklärlich ist. Wenn eine Band in Minuten 26 europäische Stadien ausverkauft und dasselbe auch im Rest der Welt schafft, dann kann man keine Formeln herleiten. Dann kann man nur banal sagen, dass die Jungs zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Darauf läuft der Versuch einer Erklärung hinaus. Aber Phänomene lassen sich nicht bis zum letzten Detail erklären und in der Kunst schon gar nicht, denn dort sind Adressaten Menschen mit Gefühlen und wie die sich entwickeln können entzieht sich jeder Kalkulation.
Deswegen ist dieses kleine Buch aus Reclams 100-Seiten-Reihe eine gute Sache geworden. Fans werden es sowieso lesen, aber alle, die es interessiert, was hinter Rammstein und diesen enormen Erfolg steckt, werden Denkanstöße und einige interessante Fakten finden. Gelungen.