Rezension zu "Die Wahrheit über Hänsel und Gretel. Die Dokumentation des Märchens der Brüder Grimm" von Hans Traxler
Das tolle an diesem Buch ist, dass es erstunken und erlogen ist. Die Suche ist perfekt inszeniert, alles wirkt real und genug wissenschaftlich, um es zu glauben, auch wenn die Geschichte, die „als Forschungsergebnis“ ans Licht kommt, aberwitzig ist.
Man kann sich den Text problemlos als eine Dokumentation auf irgendwelchen Fernsehsendern vorstellen und auch die würde geglaubt werden, weil es so wunderbar authentisch wirkt.
Ein Text, der im dokumentarischen Stil geschrieben ist, von dem wir Wahrheit erwarten, dazu ein paar Bilder von „Originalschauplätzen“ und „Ausgrabungsfunden“ und zack – schon sind wir bereit, dem, was wir lesen, Glauben zu schenken. Wir vertrauen voll auf das wissenschaftliche Wahrheitsgebot, doch hier werden wir betrogen.
Dabei sollten wir eigentlich ganz genau wissen, dass Texte erfunden und Bilder inszeniert werden können. Dabei sind die Inszenierungen und Requisiten der Bilder nicht einmal besonders aufwändig. Gerade die Kombination von beidem, Fotos und Text, verleiht dem Buch erst seinen betrügerischen Effekt.
Ich wusste es schon bevor ich das Buch gelesen habe, dass es sich um eine Fälschung handelt, trotzdem habe ich mich gut amüsiert, denn sie ist sehr kreativ. Die meisten Leser zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wussten es aber nicht, dass alles frei erfunden war. Zeitungen, Professoren, Märchenfans, normale Leser – fast alle gingen sie Hans Traxler auf den Leim, das Buch schlug große Wellen. Einige der Originalreaktionen von damals sind im Anhang der Reclamausgabe zu finden und definitiv einen Blick wert.
Kann so ein Fake jederzeit wieder funktionieren? Ich sage definitiv.