Cover des Buches Das glücklichste Jahr (ISBN: 9783499271250)
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Rezension zu Das glücklichste Jahr von Petra Oelker

Das glücklichste Jahr: Das Leben der Eva Lessing

von Klusi vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Die faszinierendsten Geschichten schreibt doch das Leben selbst!

Rezension

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Klusivor 8 Jahren
Dies ist kein Roman, sondern hier nimmt Petra Oelker ihre Leser mit auf eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert. Wir wandeln auf den Spuren von Eva Lessing, im März 1736 als Eva Catharina Hahn in Heidelberg geboren. Zwölf Jahre war sie mit dem Hamburger Kaufmann Engelbert König verheiratet. Gotthold Ephraim Lessing war dem Ehepaar König freundschaftlich verbunden, und als Engelbert im Jahr 1768 starb, kümmerte sich Lessing um die Witwe, wie er es dem Freund versprochen hatte.
Schon bald merkt man, dass seine Zuneigung für Eva tiefer geht. Gotthold Ephraim Lessing hatte sich in die junge Witwe verliebt. Dieses Gefühl war ganz sicher nicht einseitig, und 1771 verlobten sich die Beiden. Aber es sollte noch acht Jahre dauern, bis sie endgültig ein Paar wurden, denn es warteten anderweitige Verpflichtungen auf sie. Während Lessing in Wolfenbüttel die Stelle als Bibliothekar in der Herzog-August-Bibliothek antrat, musste sich Eva erst einmal um den Nachlass ihres verstorbenen Mannes kümmern und reiste für längere Zeit nach Wien, um die König'schen Fabriken weiterzuführen und später zu veräußern. Dies alles nahm mehr Zeit in Anspruch als sie anfangs vermutete.
Erst im Oktober 1776 heirateten sie und zogen nach Wolfenbüttel. Leider war dem Ehepaar Lessing nur ein kurzes gemeinsames Glück beschieden, denn schon im Januar 1776 starb Eva, wenige Tage nach ihrem neu geborenen Sohn Traugott, am Kindbettfieber. Der frühe Tod seiner großen Liebe und seines einzigen, neugeborenen Kindes war ein Schicksalsschlag, von dem sich Lessing wohl nie ganz erholte. Er selbst starb nur drei Jahre später.

In feinfühliger und sehr sympathischer Weise spürt die Autorin den damaligen Ereignissen und Gegebenheiten nach und fügt sie zu einem stimmigen Bild zusammen. Anhand ihrer lebendigen Schilderungen kann man sich bestens in die Geschichte hinein versetzen, denn sie stellt diesen Zeitabschnitt, das soziale, gesellschaftliche, kulturelle und auch wirtschaftliche Leben, mit all seinen Facetten, sehr bildhaft und ausführlich dar, so dass sich der damalige Zeitgeist (wir befinden uns in der Epoche der Aufklärung) sehr deutlich nachempfinden lässt. Vieles von damals lässt sich anhand von schriftlichen Überlieferungen nachvollziehen, anderes ist ungewiss. Die Autorin hat ein sehr feines Gespür für Stimmungen und Situationen. Eva Lessings Lebensweg ist liebevoll und sehr gründlich recherchiert und dargelegt. Die Lücken zwischen den bekannten Fakten füllt Petra Oelker mit realistischen und sehr pragmatisch angestellten Vermutungen. Anhand der Tatsachen stellt sie sich die Fragen, wie könnte es wirklich gewesen sein, wie hätten die Betroffenen in bestimmten Fällen reagiert. Als Quelle für Informationen standen unter anderem hier besonders die so genannten „Brautbriefe“ zur Verfügung. Dieser rege Schriftwechsel zwischen Eva und Lessing gibt sehr persönliche und authentische Einblicke in das Denken und Fühlen dieses außergewöhnlichen Liebespaars.

Bisher kannte ich nur die Romane der Autorin, habe aber nun entdeckt, dass sich Petra Oelker daneben auch gerne außergewöhnlichen Frauenschicksalen widmet und diese nachzeichnet. „Das glücklichste Jahr“ hat mich sehr berührt und beeindruckt, denn das Buch zeigt, dass die faszinierendsten und berührendsten Geschichten doch das Leben selbst schreibt.
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