Hubert, vormals Bademeister und nun zunehmend dement. Linda, eine fünfzehnjährige "Fragemeisterin", die sich vorstellt, wie es ist, absichtlich vor ein Auto zu laufen und tot zu sein. Ewa, Huberts polnische Pflegerin, die an Gott, das Finden einer zweiten männlichen Hälfte und die Heilkräfte von selbstgepflückten Kräutern glaubt. Und Kevin, der Nerd, der mit niemandem befreundet ist, außer mit Linda. Abgesehen von einigen Nebendarstellerinnen und -darstellern wie Lindas Mutter, Huberts Tochter, Kevins Mutter sowie abwesenden Vätern ist es dieses Beziehungsgeflecht zwischen Hubert, Linda, Ewa und Kevin, das im Roman mit viel Einfühlungsvermögen für die jeweiligen Lebenswelten ausgebreitet wird. Es geschieht nicht viel, und doch sehr viel.
Linda reift an ihren dreimal wöchentlichen Besuchen bei Hubert, auch wenn dieser zunehmend verfällt. Ewa wird zu ihrer Freundin. Und Kevin? Er verzweifelt an der Welt und auch an seiner Freundschaft mit Linda, dem um einige Jahre älteren Mädchen, das ihn als kleiner Junge am Weg zur Schule mitgenommen hat und nun nicht mehr in der Lage ist, ihm den Halt zu geben, den er sucht. Zudem wird Linda aus Unachtsamkeit tatsächlich von einem Auto angefahren, hat aber Glück und überlebt mit gebrochenen Knochen.
Nun weiß Linda, wie es ist, angefahren zu werden. Sie weiß auch, dass Hubert bald sterben wird. Bei jedem Besuch entfernt er sich weiter von ihr, aber er nimmt sie nicht mit, obwohl sie ihn darum bittet. Seine letzte Antwort stellt sie sich so vor: „Ach, Linda, male ich mir seine Stimme aus. Ich schließe die Augen, fühle eine XXL-Geborgenheit, wie ich sie bisher nicht kannte, und sehe Hubert weggehen, in seinen Arbeitsschuhen, unter den Arm geklemmt einen original BEMA-Schwimmflügel.“
Präzise, wunderbar erzählt. Eine Leseempfehlung.