Cover des Buches Do Androids Dream of Electric Sheep? (ISBN: 9780345350473)
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Rezension zu Do Androids Dream of Electric Sheep? von Philip K. Dick

Damals, in den 1960er Jahren, wirklich visionär

von sabisteb vor 11 Jahren

Rezension

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sabistebvor 11 Jahren

3. Januar 1992, San Francisco (in einigen Ausgaben teils nach 2021 verschoben). Nach einem Atomkrieg (?) (World war terminus), so genau wird das nicht klar, es gibt auf jeden Fall radioaktiven Fallout, ist die Erde nicht mehr wirklich bewohnbar. Die meisten Tiere sind ausgestorben und viele Bewohner in Kolonien auf dem Mars ausgewandert. Die auf der Erde verbliebenen Bewohner müssen sich regelmäßigen Test ihrer Zeugungsfähigkeit und Intelligenz entziehen, denn die Radioaktivität wirkt sich auch negativ auf den IQ aus. Solche Chickenbrains werden sozial degradiert und zu Menschen zweiter Klasse, die auch nicht mehr auswandern dürfen.

Emigranten, die sich für ein Leben auf dem Mars entscheiden, bekommen als Anreiz einen Androiden geschenkt, der ihnen Schutz und Diener ist, eine elektrischer Sklave. Einige dieser humanoiden Sklaven, denen man das Recht auf Menschlichkeit abspricht, und die ohnehin nur eine Lebenserwartung von wenigen Jahren haben, weil man das Problem der Zellregeneration noch nicht im Griff hat, streben auch nach Selbstverwirklichung und Freiheit und flüchten auf die Erde. Dort werden sie (warum auch immer, das wird nicht wirklich kar), als Bedrohung angesehen und von Kopfgeldjägern, die mit der Polizei zusammenarbeiten, heimlich, nach einem psychologischen Test, zur Strecke gebracht.

Rick Deckard ist ein solcher Kopfgeldjäger. Nachdem sein Vorgesetzter verletzt im Krankenhaus liegt, bekommt er dessen Liste, um sie abzuarbeiten. Nach und nach jedoch kommen Deckard Bedenken.

Die meisten kennen wohl den Film „Blade Runner“, der auf diesem Buch basiert. Ich würde sagen, einer der Fälle, wo der Film besser ist, als das Buch, denn diese Geschichte ist doch ein wenig wirr, es fehlt ihr die wirkliche Botschaft. Der Autor hat zu viel gewollt und davon kaum etwas umgesetzt bekommen.

Der Autor beschreibt eine Welt im Niedergang. Es leben selbst in den ehemaligen Großstädten kaum noch Menschen. Haustiere sind zu Statussymbolen geworden, und man verschuldet sich über beide Ohren, um eine Ziege sein eigen zu nennen. Wer nicht so viel Geld hat, legt sich eine elektrisches Tier (ein Andoidentier sozusagen zu). Die Religion dieser Zeit nennt sich Mercerism, man verschmilzt empathisch mit einem gewissen Mercer und allen Menschen, die gerade zu ihm in Kontakt treten. Empathie ist es, die den Menschen vom Androiden unterscheidet.

Beschrieben wird ein Tag im Leben des Rick Deckard. Gegen Ende des Tages ist er so übermüdet, dass er religiöse Visionen bekommt und in Wahnvorstellungen versinkt.

Eine weitere Figur ist das Chickenbrain John Isidore, der anscheinend mal die Psi-Fähigkeit hatte, Tote wieder zum Leben zu erwecken. Damit ist auch klar, dass der Leser sich in der Welt von Erinnerungsmechanismus und Minority Report befindet. In dieser Welt haben die Menschen nach einem nuklearen Krieg verschiedene Psi Fähigkeiten entwickelt, die auch von den Machthabern gesucht und benutzt bzw. missbraucht werden. Die Fähigkeit John Isidores wurde aus seinem hirn ausgebrannt (warum auch immer). Diese Suche nach Psi Fähigkeiten mag aus heutiger Sicht bizarr sein, damals war das Sozialkritik, denn die Regierungen der UDSSR und USA führten tatsächlich Experimente in diese Richtung durch und hofften Psi begabte Menschen zu finden und benutzen zu können.

Für seine Zeit, 1968, war das Buch revolutionär. Die Computer waren in ihren Kinderschuhen, KIs ein Konzept, mit dem die meisten Leser damals wohl eher überfordert waren, da das Konzept seiner Zeit viel zu weit voraus war. Einige gute Ideen werden hier bereits angeschnitten, die heute zur Allgemeinbildung gehören: Künstliche Intelligenz versus Menschlichkeit und Empathie und das Lebensrecht von KIs. Aus heutiger Sicht jedoch, ist das Problem nur angeschnitten und nicht zu Ende gedacht, es ist eher ein erstes visionäres Gedankenexperiment, das von der Zeit überholt wurde. Heute stellt sich eher die Frage, ob der Homo economicus in unserer neoliberalen Welt noch genug Empathie aufbringen würde, den Voigt-Kampff Empatie Test zu bestehen.

Rein als Sci-Fi Roman, würde ich dem Buch nur 3 Sterne geben. Da es aber für die 1960 Jahre seiner Zeit um mindestens 30 Jahre voraus war und somit wirklich visionäre Sci-Fi war/ist, gibt es 4 Sterne.

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