Cover des Buches Nach der Bombe (ISBN: 9783596905607)
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Rezension zu Nach der Bombe von Philip K. Dick

Die Welt nach der Bombe ist ... anders.

von Meteorit vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Nicht nur ein Roman über hoch intelligente Ratten, die Nasenflöte spielen ...

Rezension

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Meteoritvor 8 Jahren

Rezension zu ,,Nach der Bombe" von Philip K. Dick

,,Nach der Bombe" ist am 27 April 2016 mit 272 Seiten im Fischer Klassiker Verlag erschienen.

Inhalt:

Die Welt nach dem Atomkrieg: Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges entwirft Philip K. Dick in seinem 1965 entstandenen Roman das Bild einer zerstörten Gesellschaft, in der die Überlebenden darum kämpfen, Menschlichkeit und Normalität wiederzuerlangen. ›Nach der Bombe‹ bietet auch 50 Jahre nach seinem Erscheinen hellsichtige Antworten auf die immer wieder aktuelle Frage »Was wäre wenn …«. »Es sind Dicks innere Widersprüche, die seine Genialität ausmachen, und diese Neigung zu Paradoxien durchzieht den gesamten Roman.« Aus dem Nachwort von Jonathan Lethem.

Cover:

Das Cover finde ich interessant, auch wenn es auf den ersten Blick eher weniger mit dem Inhalt zu tun hat. Passt gut zu den anderen Büchern von Philip K. Dick aus dem Fischer Klassiker Verlag.

Charaktere:

Interessante Charaktere durchziehen den gesamten Roman. Da gibt es einmal den schwarzen Fernsehverkäufer Stuart McConchie, der die Hauptperson sein soll. (Wie sich im Nachwort herausstellt: Interessanterweise kann der Autor sich besonders mit dieser Person identifizieren)

,,Ich bin Stuart McConchie, wenn Sie so wollen, und ich habe einmal in einem Laden in Berkeley Fernsehapparate verkauft. Genau wie Stuart habe ich am frühen Morgen vor dem Geschäft mit einem Besen den Bürgersteig gekehrt und dabei den hübeschen Mädchen nachgeschaut." Aus dem Nachwort von Philip K. Dick, Seite 264

Aber natürlich wäre es zu normal für den Autor nur typische Menschen zu erschaffen. Vielmehr gibt es einen Phokomelus, der Roboterarme besitzt und in einem Wagen rumfährt und zugleich auch telekinetische Fähigkeiten besitzt. Dadurch hat er ein hohes Ansehen, giert aber immer mehr nach Macht und wird zur Gefahr.

,,Nein, wirklich, er ist umgekippt, weil er ... ein Bier getrunken hat. Und dann hat er ins Jenseits geblickt. Er hat gesehen, wie ich eine tote Ratte esse. Roh. Hat er zumindest gesagt." S.41


Interessant ist auch der Physiker Bruno Bluthgeld, der durch eine Fehlberechnung seines Experiments einen verheerenden radioaktiven Niederschlag auslöste. Auch er versucht nach dem Atomkrieg weiterzuleben, mit psychischen Problemen und unter einer anderen Identität. Hier zeigt sich ganz interessant ein Paradoxon. Am Anfang löste er durch eine Fehlberechnung eine Katastrophe aus, später kann er durch Gedankenkraft Explosionen erschaffen.

Abstrus ist auch der im Weltraum festsitzende Walt Dangerfield, der um die zerstörte Erde kreist, dort seine Frau verlor und vermutlich auch dort sterben wird.
Und besonders orginiell finde ich Edie Keller, ein siebenjähriges Mädchen, das ihren Bruder in sich trägt. Das mag erstmal total bescheuert und seltsam klingen - das ist es auch. Aber ihr Bruder besitzt eine Fähigkeit, die später noch bedeutend wichtig ist.

,,Der arme Mann dort oben, dazu verdammt die Erde zu umkreisen - so lange, bis ihm, wie den Russen, Nahrung oder Sauerstoff ausging. Bis zum bitteren Ende." S.108

Meine Meinung:

Nachdem mich Philip K. Dick mit seinem Werk ,,Der dunkle Schirm" schlichtweg begeisterte, war ich sehr gespannt auf ,,Nach der Bombe".

,,Die Katzen waren eine Gefahr. Ebenso die Ratten und Hunde. Sie fraßen kleine Kinder - zumindest wurde das berichtet. Im Gegensatz wurden sie natürlich ihrerseits von den Menschen gefangen und verspeist. Vor allem mit Reis gefüllter Hund galt als echte Delikatesse." S.114

Der Start viel relativ leicht, man ist direkt im Geschehen drin, der Schreibstil ist wie gewohnt von dem Autor gut, jedoch konnte mich das Buch am Anfang nicht ganz fesseln. Das verflog aber zum Glück in der Mitte des Buches. Erst da erkannte ich was für ein Potenzial die Geschichte überhaupt enthält.

,,Womöglich wären wir besser dran, wenn wir damals bei der Katastrophe alle gestorben wären. Dann hätten wir die Missgeburten und Krüppel, die Bombenbimbos und intelligenten Tiere nie zu Gesicht gekriegt. Die Leute, die den Krieg angezettelt haben, waren einfach nicht gründlich genug ... Ich bin erschöpft. Ich möchte das alles hinter mir lassen und mich einfach irgendwo hinlegen, wo es dunkel ist und niemand redet. Für immer. " S.194

Ich finde es interessant wie der Autor sich die Welt nach der Bombe vorstellt. Menschen mit besonderen Fähigkeiten, Tiere, die hochintelligent und teils gefährlich sind leben in einer zerstörten Welt, in der Fähigkeiten anstelle von Geldscheinen zählen. Auch die Welt ist natürlich nicht mehr so industrialisiert, sondern wird wieder mehr landschaftlich. Teilweise halte ich seine ,,Visionen" für realistisch - andere sind wiederum so abstrus und paradox.
Eigentlich ist das ganze Szenario bitterböse und grotesk - und doch versucht er eine positive Zukunft für die Personen zu schaffen.

,,Oh, das Wetter wird einfach wunderbar. Ihr könnt unbesorgt raus aufs Meer fahren mit euren kleinen Schiffchen und verstrahlte Fische fangen. Kein Problem." S.105

Den unterschwelligen Humor finde ich auch gelungen, so verdeckt aber doch vorhanden. Ich finde diese Mischung von allem einfach gelungen, das macht das Buch lesenswert.
Ich finde, man muss den Autor einfach ausprobieren. Ein Autor zum lieben oder hassen. Auch wenn mich dieses Buch überzeugt hat, noch mehr umgehauen hat mich ,,Der dunkle Schirm". Bin auf jeden Fall gespannt auf seine anderen Bücher.

,,Ich mag mich also, als ich 1964 ,Nach der Bombe schrieb' in mancherlei Hinsicht geirrt haben, doch als ich den Roman kürzlich wiederlas, habe ich darin eine grundlegende Wahrheit gespürt - eine Wahrheit bezüglich der Menschen und ihrer Fähigkeit zum Überleben. Nicht zum Überleben als Bestien, sondern als wirkliche Menschen, die wirklich menschliche Dinge tun." Nachwort, S. 264

Fazit:
Das Buch ist seltsam. Voll von Paradoxien, Widersprüchen und Genialität. Zugleich ist es so tiefgreifend und interessant.
Ein Buch, dessen Tragweite einem erst bewusst wird, wenn man über das Geschriebene nachdenkt - gefällt mir.




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