Cover des Buches Winterpferde (ISBN: 9783499217159)
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Rezension zu Winterpferde von Philip Kerr

Winterpferde-Ein ukrainisches Wintermärchen

von MyriamErich vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Nette Story, größtenteils aber wirklich unrealistisch. Eher was für Kinder.

Rezension

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MyriamErichvor 8 Jahren

Was macht ein Märchen zu einem Märchen? Geheimnisvolle, sagenumwobene, magische Orte, dunkle Geheimnisse, märchenhafte Winterwälder...

Im Jahr 1941 hält sich das jüdische Mädchen Kalinka im Naturreservat Askania Nova versteckt. Doch als die Nazis die Anwesenheit bemerken, muss Kalinka fliehen und mit ihr die sagenumwobenen und mittlerweile selten gewordenen Przewalski-Pferde. Der liebevolle Tierpfleger Max verhilft ihnen zur Flucht und riskiert dabei sein eigenes Leben. Wird es Kalinka gelingen, sich in Sicherheit zubringen?

In seinem Roman "Winterpferde" entführt Philip Kerr seine Leser ins Jahr 1941, in einen ukrainischen Winter, der ebenso bitterkalt, wie majestätisch und wunderschön dargestellt wird. Die Märchenhaftigkeit dieses Buches wird dem Leser schon auf den ersten Seiten dargelegt.

Gleich zu Beginn merkt der Autor an:

"Viele Teile dieser alten Geschichte wurden zusammengesetzt wie Schereben einer kaputten Vase. Die Stücke passen nicht mehr so gut zueinander, wie man es sich wünschen würde, und es ist durchaus möglich, dass einige von ihnen gar nicht hierher gehören."

Eine kleine Vorwarnung. Der Leser sollte nach Beendigung dieses Buches nicht allzu enttäuscht sein. Es handelt sich zwar um eine äußerst liebevolle Geschichte, märchenhaft und beinahe makellos schön. Doch sind einige Teile äußerst unrealistisch gestaltet, wollen nicht so recht passen. So werden die Tiere beinahe wie Menschen skizziert. Obwohl sie nicht sprechen, werden sie durch ihre Gestik, ihre Bewegungen und die Art, wie sie auf Kalinkas Worte reagieren, personifiziert. Dies mag auf den ersten Blick keineswegs auffällig erscheinen, doch im Laufe der Handlung passieren Dinge, die, wäre man näher an der Realität geblieben, in dieser Form so nicht vorgekommen wären.

Somit wird eine weitere Aussage des Autors bestätigt:

"Man kann nicht abstreiten, dass die Geschichte viele Lücken hat und einer genaueren Prüfung nicht standhalten würde. Die Historiker würden ihr widersprechen (...)."

Die Charaktere sind liebevoll gestaltet.

Besonders der alte Tierpfleger Max wächst dem Leser ans Herz. Seine Taten sind heldenhaft und voller Mut, obwohl er schon so schlimme Dinge in seinem Leben erleben musste. Umso schlimmer und herzzerreißender erscheint einem das Schicksal welches ihn schließlich ereilt.

Kalinka ist ein jüdisches Mädchen, das sich nach der Ermordung ihrer Familie bei Max versteckt. Dieser umsorgt sie liebevoll und vertraut ihr die zwei zuletzt verbliebenen Przewalski-Pferde und seinen Hund Taras an. Als die Nazis ihre Anwesenheit zu bemerken drohen, muss Kalinka mit ihren drei Freunden fliehen.

Das Verbrechen, das die Nazis an den Juden begangen haben, auf die Przewalski-Pferde übertragen. Die Nazis, die bei Max leben, erschießen alle Prezewalski-Pferde im Natturreservat, mit Ausnahme eines Pärchens. Für die Nazis stellen diese seltenen Pferde eine Bedrohung dar. Sie werden als minderwertige Rasse beschrieben, die sich keineswegs mit dem Blut hochwertiger Hannoveraner vermischen darf.

Besonders anschaulich wird auch dargestellt, wie der Krieg die Menschen beeinflusst, welche Auswirkungen er auf sie hat und wie sie sich dadurch verändern. So zeigt sich beispielsweise, dass Hautpmann Grenzmann ein Pferdeliebhaber ist, jedoch die Gesetze des Nazi-Regimes beachten muss. Demnach lässt er die Pferde töten, obwohl es ihm widerstrebt. Gegen Ende des Buches stößt Kalinka auf einen Bauernhof, in dessen Scheune sie dann mit ihren Freunden übernachtet. Die Bäuerin und ihr Mann müssen durch die Bombardements der Deutschen ohne Nahrung auskommen und sind demnach halb verhungert. In ihrer Not gehen sie sogar so weit, nicht nur die Tiere, sondern auch Kalinka schlachten zu wollen, um wieder besser leben zu können.

Fazit: Eine nette Geschichte, allerdings mit ein paar Ungereimtheiten. Die Geschichte hätte wirklich viel Potenzial gehabt, wäre man etwas mehr an der Wahrheit geblieben. Doch was heißt das schon? "Wenn es eine Wahrheit gibt, die größer ist als alles andere, dann die, dass historische Fakten manchmal hinter der Legende zurücktreten müssen."

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