Cover des Buches Winterpferde (ISBN: 9783499217159)
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Rezension zu Winterpferde von Philip Kerr

Rettet die Prezwalski Pferde

von tinstamp vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Eine sehr berührende Geschichte über eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen Mensch und Tier während einer unmenschliche Zeit.

Rezension

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tinstampvor 8 Jahren
Darum geht's:
Ukraine 1941: Maxim Borisowitsch Melnik ist der Tierwärter des Naturreservates Askania-Nowa. Die Deutschen stehen kurz vor der Gebietsübernahme. Max ist der Letzte, der sich noch in Askania-Nowa aufhält und erhält den Auftrag alle Tiere, die noch im Reservat leben zu erschießen. Die deutschen Soldaten sollen nichts Essbares mehr vorfinden. Doch Max liebt seine Tiere, besonders seinen Wolfshund Taras und die seltenen Przewalski Pferde, eine der letzten seiner Art. Als dann auch noch ein jüdisches Mädchen auftaucht, dass bei ihm Schutz sucht, begeben sich alle in große Gefahr....

Meine Meinung:
Warum ich von Beginn an dieses Buch lesen wollte, kann ich gar nicht sagen. Mich interessieren Geschichten über den zweiten Weltkrieg, aber eher in Form von historischen Romanen und nicht als Jugendbuch verpackt. Doch dann gab es neben dem Kriegsthema auch die Przewalski Pferde, die zur Zucht in unserer Nachbargemeinde angesiedelt wurden. Deshalb sind diese Pferde auch keine Unbekannten für mich ;) Und auch das wunderschöne Cover hat mich begeistert, auch wenn ich sonst kein Cover Käufer bin. Also drei Gründe, die mich überzeugten diesen Roman zu kaufen und mein Bauchgefühl hat mich nicht betrogen.

Mit Maxim Borisowitsch Melnik, genannt Max, verband mich sofort seine große Liebe zu den Tieren. Er weigert sich den Auftrag auszuführen, die noch nicht getöteten Tiere im Naturreservat zu erschießen. Auch wenn er bereits ahnt, dass es andere für ihn tun werden, wenn er seinem Befehl nicht nachkommt. Besonders ans Herz gewachsen sind ihm die vom Aussterben bedrohten Przewealski-Pferde, die Urpferde, die schon in der Steinzeit auf die Höhlenwände gemalt wurden.
So hofft Max auf ein Wunder, denn es war immerhin ein Deutscher, Baron Ferdinand von Anhalt-Köten, der das Reservat 1828 gegründet hat. Unter dem Enkel des Barones hat Max gearbeitet und auch Deutsch gelernt. So hat er anfangs keine schlechte Meinung von den Deutschen. Doch Hauptmann Grenzmann, der sich mit seinen Soldaten im Reservat niederlässt, will die Urpferde töten. Er nennt sich zwar Pferdeliebhaber, doch er sieht nur in seinen Hannoveranern die einzig wahre Rasse. Die Przewalskipferde dagegen sind Wildpferde, die sich nicht zähmen lassen, noch dazu hässlich sind und eine biologisch minderwertige Rasse darstellen, die in den Augen der SS ausgemerzt gehört. Max ist entsetzt, als er hört, wie der Hauptmann den Befehl zum freien Abschuss gibt. Doch nicht nur Max versucht die Przewalski-Pferde zu schützen, sondern auch die vierzehnjährige Kalinka. Das Mädchen versteckt sich seit Wochen im Umkreis von Max Hütte im Schutz der Pferde. Sie hat ihre gesamte Familie und ihr Zuhause verloren und ist seit Monaten auf der Flucht. Die Pferde geben ihr Schutz und zu aller Überraschung verhalten sie sich gegenüber Kalinka völlig anders. Als alle Wildpferde bis auf einen Hengst und eine Stute erschossen worden sind, bittet Kalinka Max um Hilfe. Zuerst versteckt er das Mädchen und die letzten zwei Przewalski-Pferde, denn für ihn ist das Wichtigste diese Rasse vor dem Aussterben zu retten. Doch bald darauf werden Kalinka und die Pferde fast geschnappt und Max verhilft ihnen zur Flucht. Sein Wolfshund Taras soll sie beschützen, als er die kleine Gruppe in die ukrainische Steppe in Richtung der russischen Truppen schickt. Doch die Spuren im Schnee ermöglichen den Deutschen den vier Flüchtenden rasch zu folgen....

Im Vordergrund steht aber die Geschichte um Kalinka und die beiden Pferde. Nicht auf dem Krieg liegt hier das Hauptaugenmerk, sondern auf die Beziehung und Freundschaft zwischen Mensch und Tier.
Für gut befunden habe ich auch, dass die Deutschen hier nicht nur einseitig dargestsellt wurden, sondern dass auch immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass es auf beiden Seiten grausame und herzensgute Menschen gibt.

Der Roman kommt mit wenigen Protagonisten aus. Kalinka, Max und Hauptmann Grenzmann, sowie die tierischen Begleiter Wolfshund Taras, die Stute Börte und Hengst Temüdschin. Die Charaktere sind sehr bildhaft beschrieben und vorallem Max war der große Sympathieträger. Kalinka war mir manchmal etwas zu reif und ernsthaft. Aber in Kriegszeiten und nach all den Erlebnissen, die sie hinter sich hatte, wird man sehr schnell erwachsen.

Die Geschichte mutet manchmal etwas märchenhaft an. Die Tiere werden vermenschlicht, denn die äußerst scheuen Wildpferde folgen Kalinka auf Schritt und Tritt. Es werden den Pferden Eigenschaften zugesprochen, die sehr zweifelhaft sind. Auch der Mystik wird sich bedient. Das hat mich anfangs etwas gestört, da die Geschichte unglaubwürdig zu beginnen scheint. Doch wenn man sich darauf einlässt, hält man hier einen Roman in den Händen, der von einer wundervollen Freundschaft erzählt und einfach nur berührt.

Schreibstil:
Der Schreibstil des Autors ist sehr flüssig und bildhaft. Empfehlenswert wäre das Buch bei großer Sommerhitze zu lesen ;), denn mich hat noch mehr gefröstelt, als normaler Weise. Die Sätze sind eher kurz gehalten und dialoglastig.
Da es sich um ein Jugendbuch handelt, wird hier das Grauen des Zweiten Weltkrieges zwar beschrieben, doch es kommt zu keinen allzu brutalen und grausamen Beschreibungen. Viele Szenen sind nur angedeutet. Trotzdem kann man manche Handlungen zwischen den Zeilen herauslesen. Der Autor hat die Gratwanderung zwischen zu viel und zu wenig sehr gut gemeistert und den perfekten Mittelweg gefunden.

Fazit:
Eine sehr berührende Geschichte über eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen Mensch und Tier während einer unmenschliche Zeit. Wer sich an den märchenhaften Komponenten nicht stört, wird hier einen Roman finden, der zu Herzen geht. Absolut empfehlenswert!

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