„Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ ist interessant und klug aufgebaut. Das Wort „Chronologie“ kommt nicht umsonst im Titel vor. Das Autorenduo um Philipp Röttgers und Dorothee Schröder erzählt von den Ereignissen im Herbst 1888 in Whitechapel von dem Jahr an, an dem sich die bis heute ungeklärten Verbrechen ereigneten.
Das knackige Vorwort verrät gleich, was der Lesende erwarten darf. Neben ausführlich recherchierten Fakten konzentrieren sich die beiden Autoren auf die Darstellung der Ereignisse in chronologischer Reihenfolge unter Berücksichtigung der Lebensumstände der damaligen Zeit. Damit werden die Verbrechen gekonnt mit all seinen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensumständen in den Kontext des späten viktorianischen Zeitalters gesetzt.
Das gezeichnete Bild erschüttert. Das Leben im Londoner East End war hart. Das Autorenduo beleuchtet auf prägnante Weise, wieso die einzelnen Wohngebiete so sehr in Armut und Tristesse versanken. Wie Antisemitismus erblühen und die meisten Frauen als Prostituierte gebrandmarkt wurden, obwohl es bei vielen gar nicht als gesichert galt, dass sie tatsächlich in diesem Gewerbe arbeiteten. Wie bei nur einer der fünf Frauen, die Jack the Ripper ermordet hat, historisch belegbar ist, dass sie tatsächlich ein Freudenmädchen war. Alles ist möglich, aber nichts sicher. Daher finde ich es schade, dass die beiden Autoren hier nicht differenziert haben.
„Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ ist in verschiedene kurze betitelte Kapitel unterteilt. Es empfiehlt sich, diese nach der Reihenfolge zu lesen, da die Kapitel in sich zwar das entsprechende Thema als Fokus haben, jedoch die gesamten Zusammenhänge der Ereignisse nahtlos weitererzählt werden. Dabei legt das Autorenduo wert darauf, schlicht und kompakt die belegten Fakten aufzuschreiben, gleichzeitig jedoch einen interessanten Erzählton anzuschlagen. So ist für mich die Verarbeitung der ganzen Informationen kein Problem. Abgerundet wird alles durch das Einfügen zahlreicher Fotografien der damaligen Zeit, dem Blick auf Polizeiaufzeichnungen und Vernehmungsprotokolle sowie Zeitzeugenberichte, originale Zeitungsausschnitte, Opferfotos und der Abbildung der Ripper-Briefe.
Zudem fließen auch die aufkommenden Verdächtigen in die Chronologie mit ein. Ich weiß es zu schätzen, dass die Autoren versuchen, objektiv und sachlich zu erzählen. Wilde Spekulationen gibt es keine, sondern viele Ansätze und auch, warum sich nicht jeder vermeintliche Tatverdächtige auch als Mörder eignet.
Was ich sehr an „Jack the Ripper – Die Whitechapel-Morde 1888: Eine Chronologie“ mag, ist, dass hier auch die Polizei und ihre Entwicklung immer wieder in den Fokus gerückt wird. Damals haben die Ermittlungsbehörden viel Kritik einstecken müssen, allerdings erstaunt es mich an mehreren Stellen, wie fortschrittlich die Polizei im Großen und Ganzen schon unterwegs gewesen ist.
Gelegentlich flattern Fragen durch meinen Kopf. An diesen Stellen bin ich mir nicht sicher, ob das Autorenduo die Antworten auch nicht kennt oder sie nicht preisgibt, weil sie schlicht nicht relevant für das eigentliche Thema sind. Für mich auf jeden Fall ein gutes Zeichen, denn hier wird deutlich, wie umfangreich die Recherchearbeit gewesen und mit wie viel Augenmerk dieses Füllhorn an Informationen zusammengetragen und zu einem sinnvollen Gesamtbild gebracht worden ist.
Fazit:
Ein Sachbuch, das mit seinem komprimierten Inhalt die wesentlichen und historisch gesicherten Fakten einfach und verständlich zusammenfasst. Durch die Vielzahl an Abbildungen wird dieses Werk zu einem Fenster in die Vergangenheit zu der Zeit, als Jack the Ripper sein Unwesen trieb.