Rezension zu "Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste" von Philipp Schwenke
Als Kind habe ich die Bücher von Karl May verschlungen. Ich habe mir – soweit ich mich erinnern kann – nie Gedanken darüber gemacht, ob es sich dabei um Tatsachenberichte handelte. Spätestens in meiner frühen Jugend war mir dann aber bekannt, dass sie der Phantasie eines kreativen Kopfes entsprungen sind. Enttäuscht hat mich das nicht, eher verwundert.
Der Roman beginnt mit einem kurzen Rückblick in das Jahr 1862 als Prolog. Dann fokussiert er sich auf die Ereignisse von 1899 bis 1902, den Zeitraum in dem zunehmend ans Licht der Öffentlichkeit rückte, dass Karl May seine Abenteuer wohl gar nicht selbst erlebt hat. Um seinen Zweiflern, aber vor allem sich selbst zu beweisen, dass er es doch kann, macht sich in fortgeschrittenem Alter nochmals auf den Weg in den Orient und erstmals überschreitet er damit tatsächlich die Grenzen Europas. Dieses 'Abenteuer' stellt den einen Erzählstrang dar, im parallel verlaufenden zweiten, wird die zunehmende Zerrüttung seiner Ehe mit Emma und die zweifelhafte Rolle, die Klara, die Witwe seines besten Freundes Richard dabei spielt, in den Blick genommen.
Im Erzählfluss wird ziemlich viel hin und her gesprungen zwischen den Zeitlinie. Dieses Stilmittel hat sicherlich seinen Sinn, doch ich finde, manchmal hat es mich doch ein wenig schwindelig gemacht. Ansonsten ist der Sprachstil gut und ohne viel Anstrengung zu lesen. Bei mir war es eine Urlaubslektüre. Ohne zu viel zu verraten, gibt es noch mehr Ebenen zwischen Fiktion und Realität, wie man zunächst denkt. Das ist dem Autor gut gelungen, damit zu überraschen. Manche Schilderungen der Zerwürfnisse zwischen den Eheleuten halte ich für zu ausführlich. Die 'gleichgeschlechtliche' Episode finde ich nicht so ganz nachvollziehbar.
Philipp Schwenke stellt Kay May als größenwahnsinnigen, realitätsfremden, manipulierbaren und letztendlich psychisch stark angeschlagenen Menschen dar. Bei der Lektüre weiß man nicht so genau, ob man nun Mitleid für ihn oder Abneigung entwickeln soll. Die Aufschneidereien Mays haben immer auch eine peinlich-humoristische Komponente.
Fazit: Ich habe diesen Wälzer mit relativem Vergnügen gelesen.