Philipp Stadelmaier

 4,4 Sterne bei 5 Bewertungen
Autor*in von Queen July.

Lebenslauf

PHILIPP STADELMAIER, 1984 in Stuttgart geboren, promoviert zurzeit als Filmwissenschaftler in Frankfurt und Paris über Jean-Luc Godard und Serge Daney. Seit 2012 schreibt er für die Süddeutsche Zeitung, seit 2015 für das Filmbulletin. 2016 erschien im Verbrecher Verlag der Tage buch-Essay »Die mittleren Regionen. Über Meinung und Terror«, geschrieben in Paris nach den Anschlägen vom Januar und November 2015 – zwei Jahre später wurde er für dieses Buch mit dem Clemens-Brentano-Preis für Literatur der Stadt Heidelberg ausgezeichnet. 2017 entstand mit der grotesken Komödie »Vanishing Points« (Theaterverlag schaefersphilippen) sein erstes Theaterstück. Er lebt in Wien.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Philipp Stadelmaier

Cover des Buches Queen July (ISBN: 9783957324078)

Queen July

 (5)
Erschienen am 21.08.2019

Neue Rezensionen zu Philipp Stadelmaier

Cover des Buches Queen July (ISBN: 9783957324078)
F

Rezension zu "Queen July" von Philipp Stadelmaier

Eine erschütternde und höchst politische Unterhaltung
Fabriziodeldongovor 4 Jahren

In Nicht auf den Mund, der Filmoperette von Alain Resnais, ist ein Mann der festen Überzeugung, dass der erste Kuss (der als Metapher für die erste Liebe steht) eine Frau für immer prägt. Deswegen sollte man sicher gehen, dass man die Braut ungeküsst zum Altar führt. Wie in jedem vaudevilleartigen Stück ist dieser Gatte eine lächerliche Figur. Wie in jedem vaudevilleartigen Stück enthüllt aber dieser Plot korrosiv viel vom Unbewussten des abendländischen Bürgertums. Mit Queen July sind wir ungefähr ein Jahrhundert später, im Zeitalter des globalisierten Postmodernismus: Niemand kann noch an die (erste) Liebe, an die Ehe, an die abendländische Kultur und deren Vaudevilles glauben. So Aziza, die Protagonistin von Queen July, die nichts mehr mit Strehler zu tun haben möchte, ihrer ersten Liebe, weiß und bürgerlich in Paris erzogen, der sie ohne Erklärung verlassen hat. Doch auch Jahre später, auf einem anderen Kontinent – am Horn von Afrika, wohin sie geflohen ist und wo sie ein frivoles Leben zu führen versucht – wird sie von Strehler wieder aufgefangen. Hätte also der Gatte von Nicht auf den Mund irgendwie recht? Die abendländische, bürgerliche Prägung kann man, so wie eine erste Liebe, nicht so einfach loswerden – der Autor auch nicht, der bestimmt viel von ihm selbst in die Figur Aziza gesteckt hat und hier aufrichtig von dieser Schwierigkeit erzählt. Die Verzerrung des Vaudevilles wird hier zu einer Art, der postmodernen und globalisierten Wirklichkeit beizukommen. In diesem Sinne ist Queen July eine erschütternde und höchst politische Unterhaltung.

Cover des Buches Queen July (ISBN: 9783957324078)
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Rezension zu "Queen July" von Philipp Stadelmaier

Leichte Lektüre mit Anspruch
Verena_Breuervor 4 Jahren

Dieses Buch von Philipp Stadelmaier liest sich so wunderbar leicht! Man möchte sich gleich selbst mit einem Glas Weißwein neben July in die Badewanne legen und Azizas Ausführungen lauschen.

Das spricht für Philipps Schreibstil, der einen einfach mitnimmt auf diese Reise nach Paris und Dschibuti und auch für seine Gabe, seine Protagonisten sehr bildhaft erzählen zu lassen. Ich war noch nie in Paris und schon gar nicht in Dschibuti, aber es kam mir während des Lesens so vor, als ob ich schon mal da war!

Die Geschichte an sich ist nichts Großes. Das heißt, für Aziza ist es das Größte überhaupt, beschäftigt sie sich doch seit fast 20 Jahren damit! Aber es ist eine Geschichte, wie viele sie vielleicht schon erlebt haben.

Aziza lässt uns teilhaben an ihrem Gefühlsleben, ihren Selbstzweifeln, aber auch an ihrem Wachstum! Wir lernen einen ganz wundervollen, sensiblen Menschen kennen, der auf der einen Seite viel über seine Gefühlswelt preisgibt, aber auf der anderen Seite aber auch Stärke beweist, indem sie Terror und Elend trotzt und ihren Weg geht! Und wir erleben July, die in der Hitze Frankreichs wie eine Königin in ihrer Wanne thront und eine wundervolle Freundin und Zuhörerin ist!

Das Ende der Geschichte kommt dann auch wenig überraschend daher, was ich jetzt aber nicht als negativ empfand. Nur hätte ich den beiden Frauen gerne noch weiter "zugehört" und mehr über July erfahren!

Dieses kurzweilige Buch hat mich jedenfalls auf seinen 144 Seiten wirklich unterhalten und wer auf der Suche nach einer netten, aber anspruchsvollen Lektüre ist, macht mit Philipp Stadelmaiers Buch "Queen July" wenig falsch!

Cover des Buches Queen July (ISBN: 9783957324078)
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Rezension zu "Queen July" von Philipp Stadelmaier

Eine Novelle, die mich in ihrer luftigen Art verblüfft – begeistert – hat
Gwhynwhyfarvor 5 Jahren

Der erste Satz: »July lag im kalten Badewasser und nippte an ihrem Burgunder, als draußen die Türe ins Schloss fiel. Aziza betrat das Badezimmer, lehnte sich an die Wand und ließ sich, den Rücken gegen die Kacheln gepresst, zu Boden gleiten.«

Eine Novelle, die mich in ihrer luftigen Art verblüfft – begeistert – hat. Die Geschichte der ersten Liebe, von einer die nicht loslässt. 17 Jahre ist es her, sie gingen damals noch in Paris die Schule. Er hatte Schluss gemacht – einfach so, ohne Grund. Schluss. Aziza stürzte sich in ihr Medizinstudium. Doch in ihrem Kopf bleibt Strehler präsent. Als sie ihre Fachausbildung zur Anästhesistin abgeschlossen hat, beschließt sie, so weit wie möglich wegzugehen, weit weg von Strehler. Dschibuti ist dafür ein guter Ort.

»Die Bilder erwachten aus ihrer Starre und gerieten neu in Bewegung, und so lag sie nun auf ihrem Bett und litt an Schmerzen, die sie längst nicht mehr hätte haben dürfen, litt an abgewetzten Traumbildern und schalen Erinnerungen an eine Geschichte von vor fucking siebzehn Jahren, die vergangen und peinlich war und dabei selbst der Hitze von Dschibuti widerstand, die sie längst hätte ausdorren müssen.«

Ein heißer Julitag und July hat Ferien, als Aziza aus Dschibuti für einen kurzen Aufenthalt nach Paris kommt. Jeannine ist eine gemeinsame Freundin, die Aziza bei July unterbringt: »Ab einem gewissen Alter ist es wichtig, sich neue Freunde zu suchen.« July hält es bei der Hitze nur in der Badewanne bei einem Glas weißen Burgunder aus. Aziza setzt sich daneben und berichtet über die letzten 17 Jahre. Beziehungsunfähig, nur kurze Eskapaden, ein ausschweifendes Leben liegt hinter ihr – Strehler verfolgt sie wie ein Schatten – Dschibuti tausende Meilen entfernt, aber aus ihren Gedanken kann sie ihn nicht verdrängen. Strehler spielt gern seine Spielchen und Aziza lässt sich gern von ihren Gefühlen leiten, lässt sich fallen in einen Strom, ist gern bereit, aus kleinen Gesten Luftschlösser zu bauen. 17 Jahre frei von Strehler – zumindest körperlich – und nun gibt es wieder einen zarten Kontakt …

»In ›Paradise‹, einem der schönsten Trecks auf dem ›Sound of joy‹ – Album von Sun Ra, schwingt sich das Klavier euphorisch über die Trommeln in den Himmel, um später wieder auf ihnen zu landen, bevor es erneut abheben würde.«

Die ganze Story ist entspannt erzählt, ein Hauch an einem lauen Sommerabend, unverkrampft, melanotisch, ohne jeden Kitsch, zieht sie den Leser sofort in seinen Bann. Poetisch, mit einem Sound von Leichtigkeit, schafft Philipp Stadelmaier hier eine wundervolle Geschichte, frei von Depression, mit Humor gewürzt. Aziza erzählt, July liegt in der Badewanne, stellt Fragen, stellt in Frage. So entsteht eine reflektierte Schilderung der ersten Liebe, die nicht loslassen will. Diese Novelle wandert bei mir in die Abteilung »Lieblingsbuch« , keine Frage. Wenn es so klingt, lese auch ich gern Liebesgeschichten. Meine wärmste Empfehlung.

Philipp Stadelmaier promoviert zurzeit als Filmwissenschaftler in Frankfurt und Paris über Jean-Luc Godard und Serge Daney. Seit 2012 schreibt er für die Süddeutsche Zeitung, seit 2015 für das Filmbulletin. 2016 erschien im Verbrecher Verlag der Tage buch-Essay »Die mittleren Regionen. Über Meinung und Terror«, geschrieben in Paris nach den Anschlägen vom Januar und November 2015 – zwei Jahre später wurde er für dieses Buch mit dem Clemens-Brentano-Preis für Literatur der Stadt Heidelberg ausgezeichnet. 2017 entstand mit der grotesken Komödie »Vanishing Points« (Theaterverlag schaefersphilippen) sein erstes Theaterstück. Er lebt in Wien.

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