Cover des Buches Hool (ISBN: 9783351036454)
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Rezension zu Hool von Philipp Winkler

Eigenwillig und besonders

von MissGoldblatt vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Schon sehr speziell. Eindrucksvoll, sprachlich markant und bemerkenswert tiefschürfend, wenn man es zulässt.

Rezension

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MissGoldblattvor 7 Jahren
Philipp Winkler hat mit seinem Debüt "Hool" schon mehr geschafft, als so manch anderer Schriftsteller. Von 0 auf 100 macht er mit seiner ausdrucksvollen Sprache, die so prägnant wie eigen ist, auf sich aufmerksam, so dass er in diesem Jahr sogar für den Deutschen Buchpreis nominiert war.

Wie schon erwähnt ist die Sprache sehr eigen. Auf den ersten Blick kommt einem der Stil etwas schlabberig und zu locker vor, doch wenn man sich das Buch mit Abstand ansieht, würde nichts anderes zu dieser Geschichte passen. Dieses Buch ist ein kleines Kunstwerk für sich.

Heiko, der Protagonist, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird, stößt dem Leser regelmäßig mit seiner Scheißegal-Haltung vor den Kopf. Er gefällt erstmal nicht. Er ist nicht sonderlich sympathisch. Er ist mindestens genauso eigen wie das Buch selbst.

Nahezu hinreißend ist es dann, als der Autor es schafft, mit kleinen Charaktereigenschaften, kleinen Sätzen am Rande, eine Wende zu schaffen. Heiko scheint trotz seiner augenscheinlich arg abgestumpften, verrohten Seele, einen sehr empathischen und gefühlvollen Kern zu besitzen. Nur leugnet er das vor sich selbst genauso gern. Denn sein Lebensinhalt scheint das Hooligan-Dasein zu sein.
Die Verzweiflung, dass sein Leben stagniert, er andere, seine Freunde, an sich vorbeiziehen sieht, frustriert ihn immens. Immer wieder erlebt man als Leser diese innere Zerrissenheit, den Konflikt, dass er mit sich und seinem Leben hadert. Aber eben auch nichts anderes kennt. Er hat sich in einen Sumpf hineinmanövriert, der absurd und grotesk zugleich ist.

Allein gewisse Szenen sind wieder so bizarr, dass ich mich ernsthaft fragen musste, ob das in Deutschland und generell einfach so möglich ist. Wenn ja, wäre ich wohl wesentlich schockierter, als ich es beim Lesen war. Und das war manchmal auch nicht ohne.

Philip Winkler schönt nichts. Er greift verbal in die Schlammgrube - liest sich das Buch doch an manchen Stellen wie ein Aufsatz eines Zwölfjährigen - und gleichzeitig beeindruckt es durch seine Gewalt. Es ist unter anderem Sprachgewaltig, aber eben auch in den Szenen sehr markant. Gewalt wird hier nicht ausgespart und mit entsprechenden Beschreibungen darüber wird nicht gegeizt. Das ist mitunter nicht immer was für zarte Menschen.

So gut und außergewöhnlich der Schreibstil und die Sprache war, umso klangloser war die Handlung. Man könnte den tieferen Sinn in der Figur von Heiko suchen. Doch ist das viel zu offensichtlich. Und offensichtlich war genauso der Handlungsverlauf der Geschichte. Mehr oder weniger plätscherte all das so vor sich hin. Für mich führte der rote Faden der Geschichte (un)sinnig ins Leere.

Fazit
"Hool" von Philip Winkler hat einen unglaublichen und fulminaten Auftritt hingelegt. Schlecht ist es nicht, aber so herausragend, wie es von manchen Seiten klingt, ist es nicht. Vielleicht in Sprache, Ausdruck und in gesamter Betrachtung eines Kunstwerks. Aber inhaltlich hat es definitiv seine Schwächen.


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