Rezension zu "Ein Mann wird älter" von Ettore Schmitz
Eigentlich heißt >Italo Svevo< Ettore Schmitz und "Ein Mann wird älter" im Original Senilità. Der Titel geht auf eine Eigenschaft zurück, die nichts mit dem Alter in Jahren zu tun hat. Ein Mann reift, gewinnt an Erfahrung.
Die Geschichte ist schnell erzählt, Emilio verliebt sich in Angiolina.
Emilio ist ein moderner Mann (der Roman wurde 1898 das erste Mal veröffentlicht), er analysiert sich und andere und kennt die Liebe nur aus Büchern. Ein Angestellter der ein Buch veröffentlicht hat, nicht sehr erfolgreich, so wie sein Leben.
Angiolina, Emilio nennt sie gerne das Kind aus dem Volke, ist naiv, verlogen und kennt so etwas wie Liebe überhaupt nicht.
Emilio versucht sie von ihrer Naivität zu heilen, versucht sie zu erziehen.
Der erste Satz:
Schon mit den ersten Worten, die er an sie richtete, wollte er sie darauf aufmerksam machen, dass er nicht die Absicht habe, das Risiko einer ernstlichen Liebesbeziehung einzugehen.
Er versucht sie zu analysieren, zu studieren ohne sich ihn sie zu verlieben. Er scheint der Naive zu sein und sie die Spielerin, die es versteht Emilios Gefühle zu wecken ohne eine ernstliche Beziehung zu wollen. Seine Gefühle werden immer tiefer, sie fesseln und beherrschen ihn, Eifersucht macht sich breit.
Seine Versuche sie zu"erziehen" scheitern, er wird aus ihr nicht schlau. Stefano Balli, ein Bildhauer und sein bester Freund, gibt, den in Liebesdingen unerfahrenen Emilio Ratschläge.
Doch Stefano wird selbst zum Opfer von Emilios Eifersucht.
Amalia, die Schwester Emilios die bei ihm lebt, ist ebenfalls unglücklich verliebt. Ihre Liebe gilt Stafano. Als der Bildhauer von Amalias Gefühlen erfährt, bleibt er dem Hause der Geschwister fern. Emilio ist mit seinen Gefühlen allein. Erst durch den Tod seiner alkoholkranken Schwester findet er die Kraft sich von Angiolina zu lösen.
Das Buch beschreibt vier Charaktere.
Emilio, ein moderner und dennoch romantischer Mann, der an die Liebe als etwas kontrollierbares glaubt, ein Gefühl das man einfach ein- und ausschalten kann, verliebt sich bedingungslos und erträgt Angiolinas Spiel. Er will sich nicht verlieben, er will Angiolina von ihrer Naivität heilen, sie in Liebe unterrichten, von er nur eine Vorstellung aus Büchern haben kann.
Balli ist ein Künstler, in der schaffenden Kunst wie auch im Leben. Auch er liebt vielleicht, aber es ist ihm wichtiger eine schöne Frau an seiner Seite zu haben. Er versucht seinerseits Emilio in Liebesdingen zu unterrichten. Er geht anders mit Frauen um, er liebt nicht bedingungslos, zeigt keine Gefühle, sagt was /er/ will. Bei einem Beisammensein von Balli und einer seiner Bekannten, Emilio und Angiolina, benimmt er sich eben so, Emilio sitzt wie ein Zuschauer daneben und beobachtet wie das Interesse Angiolinas an Balli steigt.
Angiolina ist vielleicht ein weiblicher Gegenpart zu Balli, nur mit wichtigen Unterschieden. Sie hat zwar eben soviel Spaß an Männern wie Balli an Frauen, nur fehlt ihr die Treue. Ob man viele Partner hintereinander hat, oder ob man viele Partner gleichzeitig hat, ist ein großer Unterschied. Sie mag ebenso wie Balli zu tiefen Empfindungen nicht fähig sein, aber im Gegensatz zu ihr ist er ehrlich. Sie spielt ein Spiel mit Emilio, hält ihn hin, belügt ihn. Alles das würde für Balli nicht in Frage kommen. Er ist, und das ist auch eine wichtige Eigenschaft, Konsequent, eine Eigenschaft die Emilio fehlt.
Amalia, die Schwester, die immer noch bei ihren Bruder wohnt, die kaum aus dem Haus geht, keine Kontakte außer die mit Emilio und Balli hat, ist einsam und ebenfalls romantisch. Unbemerkt von Emilio verfällt sie dem Alkohol, fällt ins Delirium und stirbt. Sie sehnt sich ebenso wie ihr Bruder nach Liebe, was liegt da näher als sich in Balli, den Frauenschwarm und Freund von Emilio, zu verlieben, und wie auch ihr Bruder verläuft die Sache sehr unglücklich. Balli, wie erwähnt, ist Konsequent, er meidet die Gesellschaft Amalias nachdem er von ihren Gefühlen für ihn erfährt. Ein Umstand der sie noch einsamer werden lässt, denn auch ihre Liebe ist wie die Emilios, sie verlangt keine Zuneigung von Balli, seine Anwesenheit ist ihre Sonne die sie wärmt. Ihr tot lässt Emilio umdenken, endlich hat er die Kraft Angiolina hinter sich zu lassen.
Die Geschichte ist einfach, die Motive heißen Liebe, unglückliche Liebe und Eifersucht. Nichts was man in der Literatur nicht schon einmal las. Dennoch schreibt Svevo sehr analytisch, modern. Präzise schildert er die Empfindungen, die fast jeder nachvollziehen sollte. Nicht zu vergessen, dass der Roman Ende des 19. Jahrhunderts geschrieben wurde und trotzdem nicht verstaubt daherkommt. Vielleicht sind Menschen die nicht Lieben können aber Liebe bei anderen Menschen hervorrufen immer modern und in Mode.
Im Buch heißt es: "...es sieht so aus, als sei die eine Hälfte der Menschheit dazu da, um zu leben, und die andere, um erlebt zu werden."
Das Buch aus dem Rowohlt Verlag hat ein umfangreiches Vorwort und einen gut recherchierten Anhang, mit Hintergründen und Anmerkungen.
Die von Svevo überarbeitete Ausgabe wurde aus dem Italienischen von Piero Rismondo übersetzt.