Pierre Chevallier

 3 Sterne bei 1 Bewertungen

Alle Bücher von Pierre Chevallier

Cover des Buches Louis XIII: Roi cornélien (ISBN: 9782213006895)

Louis XIII: Roi cornélien

 (1)
Erschienen am 21.03.1979

Neue Rezensionen zu Pierre Chevallier

Cover des Buches Louis XIII: Roi cornélien (ISBN: 9782213006895)
A

Rezension zu "Louis XIII: Roi cornélien" von Pierre Chevallier

Drei Biographien über Ludwig XIII. von Frankreich. Teil 1: Pierre Chevallier
Andreas_Oberendervor 2 Jahren

Ludwig XIII. (1601-1643) gehört zu den weniger bekannten Königen Frankreichs. Der zweite Monarch aus dem Hause Bourbon steht seit jeher im Schatten seines Vaters (Heinrich IV.), seines Sohnes (Ludwig XIV.), vor allem aber seines langjährigen Prinzipalministers, des allmächtigen Kardinals Richelieu (1585-1642), der ab 1624 für fast zwei Jahrzehnte die Geschicke Frankreichs lenkte. Im 19. und 20. Jahrhundert waren sich Historiker inner- und außerhalb Frankreichs darin einig, dass der König überfordert und willensschwach gewesen sei und Richelieu bei der Leitung der Innen- und Außenpolitik bereitwillig freie Hand gelassen habe. Ludwigs Leben und die 33 Jahre seiner Herrschaft waren reich an Dramatik und Tragik. Zeitlebens wurde der König von chronischen Krankheiten geplagt. Ludwig gelangte im Mai 1610 als Neunjähriger unter traumatischen Umständen auf den Thron, nach dem Tod seines Vaters von Mörderhand. Der heranwachsende Monarch hatte Mühe, sich von seiner herrschsüchtigen Mutter zu emanzipieren. Maria von Medici, nach dem Tod Heinrichs IV. als Regentin eingesetzt, wollte selbst dann noch die Regierungsgeschäfte führen, als der junge König längst volljährig war. Kaum ein anderer französischer König hatte in seinem Familienleben so viele Misshelligkeiten auszustehen wie Ludwig XIII. Die Konflikte mit der Königinmutter gipfelten darin, dass Maria von Medici 1631 Frankreich verlassen und ins Exil gehen musste. Gaston von Orléans, Ludwigs jüngerer Bruder, ließ sich mehrfach in Intrigen und Verschwörungen gegen den König und Kardinal Richelieu hineinziehen. Ludwigs Ehe mit Anna, der Tochter Philipps III. von Spanien, war unglücklich. Erst 1638, mehr als zwanzig Jahre nach der Heirat, kam der langersehnte Thronfolger zur Welt, der spätere Sonnenkönig. Rebellische Adlige machten dem König das Leben schwer wie auch die Hugenotten. Ludwig führte zwei Kriege gegen seine aufsässigen protestantischen Untertanen (1621/22 und 1628/29). Die Hugenotten unterlagen schließlich und verloren das Recht, eigene Garnisonen und Truppen zu unterhalten. Die Außenpolitik stand ganz im Zeichen der Konfrontation mit den Habsburgern. König und Kardinal waren entschlossen, die Vorherrschaft der Habsburger in Europa zu brechen. Der erste Schlagabtausch war der Mantuanische Erbfolgekrieg in Oberitalien (1628-1631). Ohne militärisch und finanziell ausreichend gerüstet zu sein, trat Frankreich 1635 aktiv in den Dreißigjährigen Krieg ein. Während in Deutschland 1648 Frieden einkehrte, dauerte der französisch-spanische Krieg noch bis 1659. Die innenpolitischen Krisen und die offensive Außenpolitik verhinderten über Jahrzehnte hinweg dringend notwendige Reformen. Das Volk ächzte unter der drückenden Steuerlast. Wenige Jahre nach dem Tod von König und Kardinal entlud sich die aufgestaute Wut der Franzosen in der Fronde (1648-1653), der letzten großen Belastungsprobe, die die Monarchie vor der Revolution zu bestehen hatte.

Die traditionelle Auffassung, Ludwig XIII. sei nur "Juniorpartner" des Kardinals Richelieu gewesen, ein bedeutungsloser und vernachlässigbarer Akteur, hielt sich bis in die jüngere Zeit. Die Historikerzunft hat den König stets stiefmütterlich behandelt. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind in Frankreich nur zwei Biographien Ludwigs XIII. erschienen, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Es handelt sich um die Bücher von Pierre Chevallier (1979) und Jean-Christian Petitfils (2008). Außerhalb Frankreichs ist nur eine Biographie entstanden. Sie stammt aus der Feder des gebürtigen Kanadiers Lloyd Moote, der in den USA lebte und forschte (1989). Diese drei Bücher werden hier vergleichend rezensiert. Pierre Chevallier (1913-1998) erhielt seine wissenschaftliche Ausbildung und Prägung in der Zwischenkriegszeit. Für den Verlag Fayard schrieb Chevallier zwei Biographien, eine über Ludwig XIII., eine weitere über Heinrich III. (1985). Wie viele Herrscherbiographien aus dem Hause Fayard wurde auch das Buch über Ludwig XIII. seit seiner Erstveröffentlichung mehrfach neu aufgelegt. Es handelt sich, wie betont werden muss, um Nachdrucke ohne jegliche Überarbeitungen und Ergänzungen. Das Buch über Ludwig XIII. spiegelt den Forschungsstand der späten 1970er Jahre wieder. Das sollte jeder bedenken, der die Biographie heute in einer neueren Ausgabe zur Hand nimmt und liest. Obwohl Ludwig nur 42 Jahre alt wurde, ist das Buch von stattlichem, fast schon monumentalem Umfang. Der Text umfasst rund 650 eng und in kleiner Schrift bedruckte Seiten. Die Lektüre ist kein Spaziergang. Chevallier überwältigt den Leser mit der geballten Überfülle seiner Kenntnisse. Das Buch atmet den Geist eines längst verflossenen historiographischen Zeitalters. Der Autor behandelt jedes Thema, das er berührt, viel zu ausführlich und zu weitschweifig, seien es Ludwigs Privatleben und Jagdleidenschaft, sei es die Innen-, sei es die Außenpolitik. In den 1970er Jahren, als keine anderen Biographien des Königs vorlagen, mögen die ungezügelte epische Breite und die extreme Detailverliebtheit der Darstellung berechtigt gewesen sein. Doch heutzutage gibt es für ein solches Buch, das alle verfügbaren Quellen verarbeitet und als Referenzwerk angelegt ist, keine Leser mehr, am allerwenigsten in der Generation der unter Vierzigjährigen. Es ist an der Zeit, dass der Verlag Fayard alle Biographien französischer Könige, die vor 1990 entstanden sind, aus dem Programm nimmt und durch neue Werke ersetzt, vorausgesetzt, er findet Autoren, die sich dieser Aufgabe stellen. Die Biographien aus den 1970er und 1980er Jahren sind inzwischen so alt, dass weitere Neuauflagen nicht zu rechtfertigen sind. Diese Bücher passen nicht mehr zur heutigen Leserschaft.

Die exzellente Quellenlage hat Chevalliers Erzähldrang begünstigt. Der Briefwechsel zwischen König und Kardinal ist in großem Umfang erhalten geblieben. Hinzu kommen eine reichhaltige Memoirenliteratur und die Berichte italienischer und päpstlicher Diplomaten. Ludwigs politisches Wirken und Zusammenarbeit mit Richelieu, die Turbulenzen in der Königsfamilie, die Vorgänge am Königshof sowie das Geschehen in Paris und in den Provinzen lassen sich dank all dieser Quellen minutiös rekonstruieren und anschaulich schildern. Die Biographie ist ganz "aus den Quellen geschrieben"; die von Chevallier erreichte Quellennähe lässt sich nicht überbieten. Umso ärgerlicher ist es, dass Autor und Verlag auf Nachweise für Quellenzitate (Fuß- oder Endnoten) verzichtet haben. Auch ein Register fehlt, ein unverzeihliches Manko angesichts der Heerscharen von Personen, die das Buch bevölkern. Chevallier bemüht sich um eine vorsichtige Rehabilitierung Ludwigs XIII. Der König, ein geradliniger Charakter und frommer Christ, war von hohem Pflichtbewusstsein erfüllt; er arbeitete gewissenhaft und diszipliniert. Aber er war kein politisch denkender Kopf. Maria von Medici hielt es nicht für nötig, ihren Sohn sorgfältig auf seine künftigen Herrscheraufgaben vorzubereiten. Anders als Heinrich IV. und Ludwig XIV. war Ludwig XIII. nicht in der Lage, die Regierungsgeschäfte selbständig zu führen und die Minister anzuleiten. In Kardinal Richelieu fand er einen kongenialen Partner. Zwischen König und Prinzipalminister kam es zu einer klaren Aufgabenteilung: Richelieu leitete die Innen- und Außenpolitik, während der Monarch militärische Operationen plante und durchführte. Ludwig XIII. war der letzte Kriegerkönig unter den französischen Monarchen. Weil der König unerschütterlich zu ihm hielt, überstand Richelieu alle Anfeindungen und Komplotte. Die politische Linie, die der Kardinal mit ausdrücklicher Billigung des Königs verfolgte, war umstritten und provozierte mehrfach Widerstand. Doch sämtliche Versuche, einen Keil zwischen König und Minister zu treiben, scheiterten. Das Duo arbeitete unter permanenter Anspannung aller körperlichen und mentalen Kräfte. König und Kardinal zahlten dafür einen hohen Preis. Zu Beginn der 1640er Jahre waren beide ausgebrannt und nervlich zerrüttet. Ludwig überlebte den Kardinal nur um sechs Monate. Chevallier zeichnet ein beklemmendes und erschütterndes Bild vom wochenlangen Siechtum des Königs im Frühjahr 1643. Der Tod brachte Ludwig die willkommene Befreiung von den erdrückenden Lasten des Herrscheramtes und einem unglücklichen, freudlosen Privatleben. Erfüllende zwischenmenschliche Beziehungen blieben dem König zeitlebens versagt. Ludwig XIII. ist ein Sinnbild für die Einsamkeit des Königtums.

FAZIT

Da keines der drei Bücher auf Deutsch vorliegt, ist es schwierig, eine Empfehlung abzugeben. Die Biographien von Chevallier und Petitfils mit ihrer überbordenden epischen Breite sind nur für einen kleinen Kreis von hartgesottenen Frankreich-Enthusiasten geeignet. Bei der Beurteilung Ludwigs XIII. besteht eine große Übereinstimmung zwischen den Autoren. Alle drei rehabilitieren Ludwig XIII. auf überzeugende Weise als ernst zu nehmenden historischen Akteur. Deutschen Lesern ist am ehesten die Biographie von Lloyd Moote zu empfehlen.

Gespräche aus der Community

Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Community-Statistik

in 2 Bibliotheken

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks