Rezension zu "Die besten Tradingstrategien" von Pierre M Daeubner
Diese ironische, aber wohl in der Mehrheit der Fälle zutreffende Aussage stellt der Autor vor eines der zentralen Kapitel seines Buches. Ich hätte es wegen des zugegeben blöden Titels und der vielen negativen Rezensionen fast nicht gelesen.
Besonders wegen seiner ersten beiden Teile sollte sich jeder, der wirklich ernsthaft vorhat, mit dem Trading Geld zu verdienen, dieses Buch kaufen. Nirgendwo sonst habe ich den entscheidenden Punkt eines erfolgreichen Tradings besser dargestellt gesehen als in diesem Buch. Man kann sich auch Van Tharp sparen, denn bei Daeubner findet man dessen Thesen viel prägnanter und praktischer erklärt. Allerdings muss man dazu von vorneherein verstehen, dass es dem Autor um die Erklärung eines Grundprinzips geht. Seine vielen sehr eindrucksvollen Berechnungen haben Modellcharakter und sollen dieses Prinzip verständlich machen. Die konkrete Tradingpraxis wird naturgemäß zu etwas anderen Rechnungen führen. Das Prinzip wirkt aber auf dieselbe Weise.
Das Buch besteht aus vier Teilen und einem Anhang über den CFD-Handel. Im ersten Teil ("Fehler erkennen und aus ihnen lernen") beschäftigt sich der Autor mit der Psychologie des Tradings. Gewöhnlich wird das Trading grob fahrlässig in seiner Komplexität und Schwierigkeit unterschätzt. In der Folge bleiben die meisten Anfänger bald auf der Strecke, weil sie zu schnell zu viel wollen.
Im zweiten Teil ("Money-Management für erfolgreiches Trading") wird dem Leser auf eine sehr eindringliche Art verdeutlicht, was der Kern eines erfolgreichen Tradings ist: Nichts ist bedeutender als die Verlustbegrenzung. Auch hier werden einige abwinken. Alles schon x-mal gelesen, wozu immer wieder dieses Zeug? Wo bleiben die ultimativen Trading-Systeme? Sie werden nichts nützen, weil niemand, der die wirkliche Regel Nr. 1 nicht begriffen hat und diszipliniert anwendet, jemals dauerhaft an der Börse Erfolg haben wird.
Der Autor behauptet beispielsweise, dass bei einer Trefferwahrscheinlichkeit von 50% zehn aufeinander folgende Verluste bei 1000 Trades mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" auftreten werden. Obwohl seine Rechnung nicht ganz schlüssig ist, stimmt die Aussage. Wenn nun die Verlustbegrenzung bei 20% des Depotwertes pro Trade liegt, dann ist man also allerspätestens nach 1000 Trades mit Sicherheit pleite. Allein diese Modellrechnung erklärt bereits das Scheitern der meisten Anfänger auf dem rutschigen Parkett der Hebelprodukte. Der Autor folgert daraus: Wir sollen unser Trade-Risiko (Stopp-Loss) R auf höchstens 1% des Depotwertes festlegen und nur Systeme handeln, die als Handelsziel möglichst mehr als R erreichen. Läge unsere Trefferquote bei 50% und würden wir in diesem Modell nur R als Handelsziel schaffen, wären wir auch mit Sicherheit irgendwann pleite, weil wir noch Gebühren und Steuern zu zahlen haben und der so genannte Erwartungswert (Trefferquote mal Kursziel minus Verlusttrefferquote mal Stopp-Loss) hier gleich Null ist. Je geringer die Trefferquote, umso höher muss das Kursziel bei einem erfolgreichen Handel sein. (Insofern lieber Herr Daeubner ist die Trefferquote natürlich nicht irrelevant, wie Sie im Überschwang immer wieder behaupten.) Man beachte bei diesen Überlegungen aber immer, dass bei der Berechnung des "Erwartungs"-Wertes ein subjektives Kursziel eine Rolle spielt.
Der Autor handelt dann nach folgendem Prinzip: Entweder mein Kursziel wird erreicht und ich verkaufe oder ich werde ausgestoppt. Ob der Markt die Kursziele von Herrn Deaubner kennt, wissen wir nicht. Aber: Systeme mit einem positiven Erwartungswert würden uns also wenigstens theoretisch ausreichen um konstant Geld zuverdienen. Einige von ihnen sollen uns nun im dritten Teil vorgestellt werden.
Zunächst beschäftigt sich der Autor mit trendfolgenden Strategien. Dabei vergisst er nicht deren Tücken (z.B. die häufigen Fehlsignale) zu erwähnen. Das erste System ist das auch von den Turtles gehandelte Donchian-Ausbruchssystem, das kauft oder verkauft, wenn die Hochs bzw. Tiefs der letzten 20 Perioden geknackt werden. Daeubners Positionsgrößenbestimmung und Stopp-Loss-Strategie unterscheiden sich allerdings wesentlich von denen der Turtles. Merkwürdigerweise kommt es hier zu einem bedauernswerten Bruch im Buch. Erstens handelt es sich um ein mechanisches System (nicht Thema des Buches), zweitens wird das Verlustrisiko plötzlich auf 2% des Depotwertes gesetzt und drittens kann man in diesem System kein Kursziel festlegen, also auch den gewünschten Erwartungswert nicht berechnen. Man ist daher etwas verblüfft oder irritiert. Leider setzt sich das fort.
Der Autor warnt vor dem Installieren eines Gleitstopps bei Erreichen des Kursziels. Das ist verständlich. Warum wir unseren eventuellen Gewinn aber wieder hergeben sollen, wenn wir zwar ins Plus kommen, aber das Kursziel nicht erreicht wird, erklärt der Autor an einer späteren Stelle mit dem Argument, dass seine Untersuchungen ergeben hätten, dass seine Entweder-oder-Methode zu besseren Ergebnissen führen würde. Ich bezweifle das.
Leider sind auch die folgenden Handels-Strategien nicht besonders originell, und sie werden auch nicht so erklärt, wie man es nach dem zweiten Teil des Buches hätte erwarten können. Der Autor befasst sich mit Ausbrüchen aus einer Korrekturbewegung innerhalb eines gut installierten Trends, dem Durchbrechen eines Widerstandes und dem Handeln innerhalb von linearen Trendkanälen oder Seitwärtsleisten. Schließlich gibt es noch einige spärliche Bemerkungen zum Handeln nach Fundamentaldaten und zum Nutzen mehrerer Zeitebenen.
Mit Sicherheit funktionieren all diese Methoden, wenn man sie wirklich diszipliniert beherrscht. Aber irgendwie kommt nun das Gefühl der Enttäuschung auf, denn der Titel und die erste Hälfte des Buches versprachen mehr als nur das Herumreiten auf Altbekanntem. Andererseits bin ich mir sicher, dass die Methoden funktionieren.
Teil 4 enthält nun noch die üblichen Allgemeinplätze. Uns wird erläutert, dass wir ein Geschäft betreiben, wenn wir traden. Dazu brauchen wir einen Business-Plan und eine für uns selber hilfreiche Dokumentation unseres Handelns. Das Buch schließt mit einem recht nützlichen Überblick über den Handel mit CFDs.
Fazit.
Stark begonnen und mittelmäßig geendet. Dies ist ein recht gutes Buch für Anfänger. Nach zwei wirklich eindrucksvollen Teilen kommt der Autor in Teil 3 zum überehrgeizigen Titel seines Buches. Und dort gibt es plötzlich einen Knick in der Qualität. Die behandelten Handelsstrategien sind allesamt bekannt und funktionieren ohne Zweifel. Dass sie die besten sein sollen, ist eine gewagte und obendrein sinnlose Behauptung. Wenn er sie noch besser und konsistenter zu seinen früheren Lehren erklärt hätte, wäre das Buch noch empfehlenswerter geworden. Etablierte Trader lernen hier nicht viel Neues.