Pierre Monnet

 4 Sterne bei 4 Bewertungen
Autor*in von Karl IV..

Lebenslauf

Pierre Monnet, geb. 1963, ist Mediävist und Professor an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) in Paris. Seit 2011 ist er zudem Leiter des Institut Franco-Allemand de Sciences Historiques et Sociales (IFRA/SHS), angesiedelt an der Goethe-Universität Frankfurt.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Pierre Monnet

Cover des Buches Karl IV. (ISBN: 9783806242713)

Karl IV.

(4)
Erschienen am 31.03.2021

Neue Rezensionen zu Pierre Monnet

Cover des Buches Karl IV. (ISBN: 9783806242713)
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Rezension zu "Karl IV." von Pierre Monnet

FrancieNolan
Multiperspektivivität statt Nationenstreit

Mit seinem Buch „Karl IV. – Der Europäische Kaiser“ hat der bedeutende französische Mittelalter-Historiker Pierre Monnet, (gleichfalls Übersetzer der Autobiographie Karls IV, der „Vita Caroli Quarti“ ins Französische), ein wissenschaftsgeschichtliches Buch über eine eher dunkle mittelalterliche Epoche vorgelegt, das mich nachdrücklich beeindrucken konnte, war mir die Zeit doch bisher vor allem durch Pest, Heuschreckenschwärme oder lange Kriege ein Begriff.

Wer aber war denn Karl IV.? Wozu sollte man sich überhaupt noch mit ihm beschäftigen?

Bezeichnenderweise ist Karl IV. an deutschen Schulen nur noch durch die „Goldene Bulle“ berühmt-berüchtigt, den Namen verbindet man bestenfalls mit dem anderen Karl, dem „Großen“ - ganz im Gegensatz zu Tschechien übrigens, wo er bis heute nicht nur wegen seiner vielen Denkmale in und um Prag lebendig ist.

Von seinen Zeitgenossen und vielen Historikern der folgenden Jahrhunderte wurde er durchaus kritisch gesehen, gar bespöttelt, war er doch eher ein grüblerischer, frömmelnder Mensch, alles andere als die im MA so beliebten Schlachtenkönige und Turnierritter - wie noch sein Vater - und als „Pfaffenkönig“, also papsthörig, als geizig und allzu oft in Geldnöten verschrien!
Aus verschiedenen aktuelleren oder auch nationalen Blickwinkeln betrachtet, kann man heute aber über diesen schöngeistigen, diplomatischen und vorausschauenden Friedensherrscher nur staunen - so war er nicht nur ein König, der, wie sonst keiner, fünf Sprachen in Wort und Schrift(!) beherrschte, der als einziger eine Autobiografie, einen Maßstab für zukünftige Herrscher, hinterließ, „Vater“ der Tschechen genannt wurde, die erste Uni, die „Goldene Stadt“ erbaute und „goldene Handelsrouten“ schuf, und gleichzeitig ein weitgestrecktes und äußerst komplexes „Kaiserreich“ in einer Art verwaltete und vermehrte („Mehrer des Reiches“, ja, stellenweise ist klar, mit ihm hätte das „Spiel um Throne“ ganz anders ausgesehen), die bis ins 19. Jahrhundert wirkte und Deutschland entscheidend prägte, z.B. hinsichtlich des heutigen Föderalismus oder auch eines veränderten Europabegriffs.

Der Autor vermag am Beispiel Karls gut zu zeigen, dass unsere heutigen nationalstaatlichen Vorstellungen und Ideen mit früheren Zeiten unvereinbar sind. (Karl IV. lässt sich keiner Nation zuordnen: er war deutscher König wie König von Böhmen, König von Italien, König von Burgund, Kaiser des „Heilig-Römischen Reiches“, Vorsteher des Hauses Luxemburg usw., sein Handeln war immer im Blick auf viele verschiedene Völker und Kulturen ausgerichtet.) 

Monnet schreibt hier entsprechend auch mehr als nur eine Biografie, er vermeidet deren Schwäche einer möglicherweise zu großen Nähe zu einem einzelnen herausgestellten Protagonisten der Geschichte, indem er uns, trotz deutlich erkennbarer Sympathien für Karl, eine hochinteressante multiperspektivistische Sicht auf dieses Spätmittelalter gibt. (Das Buch hat drei Teile, der erste umfasst die Lebensgeschichte.)

Er schafft hohe Aktualität, indem er aufzeigt, wie wichtig genau diese pluralistische Sichtweise in historischen Zeiten für uns ist. 

In Zeiten, in denen populistische Strömungen allzu gerne Rückbesinnung und bewusste Instrumentalisierung und Vereinnahmung nationaler Geschichtserzählung benutzen, um zu entzweien, ist eine immer kritische, vor allem aber vielseitige und multinationale Betrachtungsweise der Geschichtsschreibung zwingend und wird hier im dritten Teil des Buches „Überdauern“, in der Analyse der national unterschiedlichen Betrachtungen dieses Herrschers und der Beurteilung seiner Wirkung durch die Jahrhunderte, vorbildhaft umgesetzt.

Die Inhalte des Buches werden abgerundet durch eine äußerst gelungene Gliederung, eine Chronologie, Anmerkungen sowie weiterführende Literatur- und Quellenangaben und auch einigen Schwarzweiß-Abbildungen.


Fazit: Das vorliegende Werk des Mediävisten Pierre Monet bringt uns nicht nur die Person, sondern auch die Epoche und die Wirkung dieses wichtigen und wohl einzigartigen mittelalterlichen Herrschers nahe, und erläutert überzeugend die Notwendigkeit multiperspektivistischer Geschichtsschreibung

Durch die nichtchronologische Erzählweise ergeben sich einige Wiederholungen im Text, und zu den vielen Beschreibungen von diversen Gemälden, Skulpturen u.a. Denkmälern wären mir weitere oder auch farbige Abbildungen lieber gewesen. Außerdem äußert sich der Autor nur kurz zur Frage der Judenverfolgung, was ich mir ebenfalls anders gewünscht hätte. Das ist allerdings die einzige Kritik, die ich an diesem Buch habe.

Es hat mich ansonsten sehr angeregt mich noch weiter mit der Thematik zu beschäftigen und hat wahrscheinlich auch meine zukünftige Lesart geschichtlicher Sachbücher nachhaltig beeinflusst. Eine klare Leseempfehlung für geschichtlich-politisch Interessierte.


Cover des Buches Karl IV. (ISBN: 9783806242713)
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Rezension zu "Karl IV." von Pierre Monnet

solveig
Intensive Reise ins Spätmittelalter

Mehr als vierhundert Jahre lang behielt die Goldene Bulle (1356) als verfassungsgebendes Dokument des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ihre Gültigkeit. Der Urheber dieser bedeutenden Urkunde ist Karl IV., König von Böhmen, römisch-deutscher König und schließlich auch Kaiser des römisch-deutschen Reiches. Mit politischem Geschick regierte er ein Reich, das sich aus vielen unterschiedlichen Völkern und Kulturen zusammensetzte, und sorgte für Stabilität und Frieden in einer unruhigen Zeit.

Der französische Historiker Pierre Monnet schildert in seinem Buch nicht nur die Regierungsarbeit und den Lebensweg des Kaisers. Unter Einbeziehung der "Vita", einem von Karl selbst verfassten biografischen Text, beleuchtet Monnet diverse Facetten seines Wesens. Ausführlich und überaus genau recherchiert geht er auf die Themen ein, die den Kaiser einst wohl am meisten beherrscht haben: Erobern, Herrschen, Überdauern, und versucht am Schluss des Buches eine Antwort auf die Frage: Wer war Karl IV.? Warum ist der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation heute eigentlich in Prag so viel bekannter als im Westen Europas?

„Karl IV.  -  Der europäische Kaiser" ist ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die sich intensiv mit dem Spätmittelalter und Leben und Wirken Karls beschäftigen wollen.

 

Cover des Buches Karl IV. (ISBN: 9783806242713)
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Rezension zu "Karl IV." von Pierre Monnet

annlu
ein großer europäischer Herrscher

Karl IV prägte als König von Böhmen und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs das 14. Jahrhundert. Bekannt durch das Verabschieden der goldenen Bulle nahm er Einfluss auf das europäische Geschehen über seine Zeit hinaus. 



Das Buch ist in drei Teile geteilt. Im ersten – der mit „Erobern“ betitelt wird, widmet sich der Autor vorwiegend der Biografie Karls IV. Seine Zeit als Prinz, als König und als Kaiser werden beleuchtet. Der zweite Teil - „Herrschen“ - wirft einen Blick auf seine Ländereien, sein Verhältnis zu den Städten aber auch auf seine Regierungstätigkeit. Der letzte Teil - „Überdauern“ - widmet sich den Quellen, die Karl IV. hinterlassen hat, aber auch den ambivalenten Eindruck, den Zeitgenossen ebenso wie Persönlichkeiten und Gesellschaften späterer Jahrhunderte vom Kaiser hatten. 


Die Überschriften suggerieren zwar, dass die Themen strikt voneinander getrennt wurden, doch von Anfang an wird hier ein Gesamtbild Karls IV. aufgezeigt. Konkret heißt das, dass der Leser nicht rein Biografisches im ersten und rein was sein Wirken betrifft im zweiten Teil findet. Viel mehr werden wichtige Episoden aus seinem Leben mit seinen Entscheidungen, deren Auswirkungen und deren Intentionen verflochten. Immer wieder wird dabei auch auf die – besonders politische – Situation der Zeit eingegangen und Verflechtungen mit anderen Persönlichkeiten aufgezeigt. Einerseits bewirkt dies, dass sich ein Gesamtbild des Kaisers ergibt, das über sein Leben hinausgeht, andererseits wirken die vielen Fakten (und vielen Namen) besonders zu Beginn sehr trocken. In dieser Hinsicht ist das Buch mehr Fach- als Sachbuch. Auch wenn sich der Eindruck einer Aneinanderreihung von historischen Fakten mit der Zeit – und dem Eingehen auf neue Themen – aufweicht. 


Besonders der zweite und der dritte Teil gehen auf den Untertitel des Buches „ein europäischer Kaiser“ ein. Sie bringen immer wieder das, immer noch aktuelle, Thema der Herrschaft und der Regierung eines Vielvölkerstaates – heute würde man wohl multikulturell dazu sagen – auf. Natürlich ist dem Autor bewusst, dass sich die historische Regierung von einer heutigen unterscheiden muss, dennoch zeigt er auf, wie wegweisend Karl IV nicht nur für Böhmen/Tschechien (wo er heute noch als Nationalheld gilt) war. 


Fazit: Ein Werk, das über eine Biografie des Kaisers hinausgeht, das sowohl historische Fakten als auch Bezüge zum Nachhall Karls IV liefert. Mitunter war es sehr fachlich gehalten – ein besonderes Interesse an der Materie sollte man beim Lesen daher mitbringen. 

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