Cover des Buches Der Baum der Erkenntnis (ISBN: 9783451224850)
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Rezension zu Der Baum der Erkenntnis von Pio Baroja

Die Früchte des Baums der Erkenntnis machen süchtig

von kingofmusic vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Unfassbar gutes Buch...

Rezension

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kingofmusicvor 9 Jahren

Uff...Ich war und bin immer noch geplättet *g*

Eigentlich schreibe ich meine Rezensionen entweder sofort nach Beendigung eines Buches oder spätestens am darauffolgenden Tag, um die Erinnerungen "frisch" zu halten und den Leuten, die auf neue Rezensionen warten (gibt´s die überhaupt? *g*) neuen Stoff zu geben.

Diesmal ist alles etwas anders...Nach dem irgendwo verständlichen, dennoch für mich erschreckenden Ende dieses Meisterwerks spanischer Erzählkunst, musste ich erst mal schlucken, verdauen und verkraften - und mich sofort in mein nächstes "Busbuch" stürzen.

Jetzt ist das Wochenende vorbei, die neue Woche hat begonnen, die Sonne scheint und ich wage mich so langsam an die Rezension zu meinem zweiten Lesehighlight 2015.

Wie viele meiner Bücher, die ich besitze, war auch dieses ein Zufallsfund auf einem Büchertisch, da ich mich sowohl vom Cover als auch vom Klappentext direkt angesprochen gefühlt habe. Da ich von Pio Baroja bis dahin nichts gehört bzw. gelesen hatte, war ich umso gespannter, was mich erwarten würde.

Bereits der Anfang hat mir deutlich gezeigt, dass hier eine neue literarische Freundschaft entsteht. Ich stelle mir momentan öfter die Frage, was die spanischen Autoren so faszinierend, so gut macht und bin ganz ehrlich: eindeutig beantworten konnte ich diese Frage noch nicht :-) Tatsache ist jedoch, dass ich literarisch momentan nicht aus Spanien rauskomme (okay, Ausnahmen, die die Regel bestätigen, gibt es natürlich immer *g*). Dieser "Zwang", immer tiefer in die spanische Literatur einzutauchen, wird womöglich auch noch eine Weile andauern, aber ich glaube es gibt schlimmeres *g*

So, jetzt aber Butter bei die Fische: Gemeinsam mit dem Erzähler habe ich mich auf eine Reise ins Innerste des Protagonisten Andres Hurtado begeben. Ich lerne ihn als Medizinstudenten in Madrid um die Jahrhundertwende kennen und schon hier wird deutlich, dass Andres ein nachdenklicher, junger Mann ist, der nicht wirklich glücklich mit sich und seinem Studium ist und sich schnell von anderen beeindrucken und ablenken lässt. Ganz leicht fühlte ich mich an "Bouvard und Pecuchet" von Gustave Flaubert erinnert - die wissen schließlich auch nicht wirklich, was sie wollen *g*

Die inhaltlich tiefen Blicke in das Medizinstudium in Spanien und die Behandlungsmethoden von damals kommen nicht von ungefähr: Pio Baroja hat vor seiner schriftstellerischen Tätigkeit Medizin studiert. Überhaupt enthält das Buch viele autobiographische Züge. So steht es um das Verhältnis zwischen Vater und Sohn Hurtado nicht gerade gut - ebenso wie bei Baroja und seinem Vater.

Im Lauf der Geschichte tauche ich immer mehr in Andres´s Seele ein, der sich mit seinem Onkel über Kant und Schopenhauer unterhält (dieser Teil des Buches war auch gleichzeitig der am schwierigsten zu lesende - auf Grund der Dichte an philosophischen Äußerungen durchaus verständlich *g*) und es wird für mich immer deutlicher, dass ich mehr von Pio Baroja lesen will und MUSS!

Entgegen meiner sonstigen Praxis bzgl. Rezensionen füge ich hier einmal einen kurzen Dialog ein, in dem sich Andres gerade mit einer Frau unterhält, die später noch eine entscheidende Rolle in seinem Leben spielt.

"Ich werde ganz traurig, wenn ich an die Zeit denke, wo ich ein kleines Mädchen war", sagte sie.

"Warum? Ging es Ihnen da gut?" fragte Hurtado.

"Nein, das nicht. Aber ich werde ganz traurig." (S. 89)

Es sind Dialoge wie dieser und Einblicke in das Seelenleben von manch anderer mit Andres Hurtado verbündeten Person, die diesen Roman zu einem weiteren Lesehighlight machen und mich zwingen, ihn mindestens ein weiteres Mal zu lesen, um noch mehr Feinheiten und das Geheimnis der Kraft hinter spanischer Literatur zu entdecken, die es einem/ mir (zumindest zeitweise) unmöglich macht, sich literarisch auf andere Länder zu konzentrieren.

Muchas grazias, Pio Baroja!

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