Prof. Dr. Florian Bieber

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Cover des Buches Pulverfass Balkan: Wie Diktaturen Einfluss in Europa nehmen (ISBN: B0C2ZJ6HRD)
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Rezension zu "Pulverfass Balkan: Wie Diktaturen Einfluss in Europa nehmen" von Prof. Dr. Florian Bieber

Der nächste Brandherd, diesmal direkt vor unserer Haustür?
Bellis-Perennisvor 10 Monaten

Autor Florian Bieber, geboren 1973, gilt als einer der besten Kenner der Balkanregion. Er ist Professor für Geschichte und Politik Südosteuropas an der Universität Graz und Leiter des dortigen Zentrums für Südosteuropastudien. 

In diesem Buch zeigt er die komplexen wie fragilen Machtverhältnisse in Südosteuropa auf. Schon vor dem Ersten Weltkrieg ist das Zusammenspiel der vielen Ethnien, von denen zahlreiche durch das Habsburgerreich (entweder als Schutzmacht oder als Gegner) zusammengehalten worden sind, krisenanfällig und instabil. Das hat sich nach dem Ersten Weltkrieg nicht wirklich verbessert.  

In 16 Kapiteln zuzüglich Vorwort und Ausblick erfährt der interessierte Leser, wie der Balkan im Laufe der Jahrhunderte zu dem wurde, was er heute ist. Spielball zahlreicher Diktatoren, oftmaliger (Bürger)Kriegsschauplatz sowie Spielwiese von ausländischen Investoren, die nicht immer das Wohl des Balkans sondern ihr eigenes im Sinn haben.  

  • Das Pulverfass
  • Blockfrei und isoliert
  • Die neue Weltordnung und der Krieg in Jugoslawien
  • Kosovo 1999. Zeitenwende für Russland und China
  • Das Europäische Labyrinth
  • Die Stunde Amerikas
  • Großer Bruder Russland
  • Jeden Tag ein Krieg
  • Putsch! Oder doch nicht?
  • Straßenfeger Sultan Süleyman
  • »Die Türkei ist Kosovo, Kosovo ist die Türkei.«
  • Dubai am Balkan
  • »Warum kommen immer mehr Araber?«
  • Die Autobahn ins Nirgendwo
  • »Danke, Bruder Ši!«
  • Die Symbiose der Autokraten

Dieses sehr gut recherchierte Buch zeigt und, dass die Grenzen am Balkan nach wie vor nicht eindeutig sind, dass Autokraten sich über internationale Verträge mehr oder weniger offen hinwegsetzen. In dieser ethnisch und religiös durchmischten Region ist das Bilden von Nationalstaaten, wie es im 19. Jahrhundert in Europa mehrheitlich gelungen ist, kaum realisierbar. Nach dem Zerfall Jugoslawiens haben dies ja einige Diktatoren probiert, was in Völkermord und Krieg gemündet hat. Über Jahrzehnte gewachsene Generationen und Strukturen werden durch Willkür auseinandergerissen. Die Risse gehen nicht nur durch die Gesellschaft, sondern auch oft durch Familien. 

Wie eine friedliche Zukunft aussehen könnte? Schwer zu sagen, denn das Ziel, der EU beizutreten hat für einige der Machthaber nicht mehr den Stellenwert wie noch vor einigen Jahren. Die EU ist mit eigenen Querelen beschäftigt und eine Einstimmigkeit, die für die meisten Beschlüsse notwendig ist, ist immer öfter nicht erreicbar. 

„Auf dem Balkan ist diese Zukunft nur noch schwer zu erkennen. Das liegt nicht daran, dass die Bevölkerung die EU ablehnt. Das tut sie nicht. Dennoch hat die Europäische Union nicht mehr den Ruf, für die eigene demokratische Zukunft der Länder zu stehen. Zu oft haben EU‑Politiker Autokraten auf dem Balkan hofiert, keine kritischen Worte gefunden, als diese angebracht gewesen wären, und eigene Interessen bei Migration und Terrorismus über die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gestellt.“ 

Meine Meinung: 

Das Buch ist penibel recherchiert und für Leser, die sich mit den Machtverhältnissen am Balkan gut auskennen, eine sehr gute Zusammenfassung der Ereignisse der letzten 100 Jahre. Auch jenen Leser, die sich erstmals in die komplexen Verhältnisse der Balkanregion einlesen wollen, kann ich dieses Buch empfehlen. Möglicherweise ist der Lesefluss wegen der Fülle der wechselnden Machthaber ein wenig verlangsamt, da mitunter immer wieder die eine oder andere Persönlichkeit nachgelesen werden muss.  

Die wirtschaftliche Inhomogenität der Balkanstaaten nutzen Großmächte wie China, um ihren Einfluss in und auf Europa zu erhöhen, wobei hier natürlich die eigenen Interessen vorwiegen. Wenn ich in den letzten Tagen gelesen habe, dass Italiens Ministerpräsidentin Meloni die Asylsuchenden aus aller Herren Länder ausgerechnet im Armenhaus Europas, in Albanien, ansiedeln, macht das nächste Pulverfass auf.  

Fazit:

Diesem penibel recherchierten und verständlich dargebotenen Zeitdokument gebe ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

 

 

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