Rezension zu Romantik von Rüdiger Safranski
Rezension zu "Romantik" von Rüdiger Safranski
von Ein LovelyBooks-Nutzer
Rezension
✗
Ein LovelyBooks-Nutzervor 15 Jahren
Mit diesem Buch zieht Rüdiger Safranski eine große Linie von den Anfängen dessen, was man "die Romantik" nennt bis zu ihren vorläufig letzten Ausläufern in der sog. 68er-Generation, die er allerdings nur streift - die "Grüne Kraft" (was ist eigentlich aus Werner Pfeiffer geworden?) und die Weiterwirkungen in der Ökobewegung kennt er vermutlich gar nicht. Ich habe mich mit mehr als der Hälfte der rund 500 Seiten schwer getan beim Lesen, denn der Autor weiß so viel mehr als ich, dass manche Gedankenlinien kaum nachzuvollziehen sind. Zu komplex, zu komprimiert sind die dargestellten Verbindungen zB zwischen Philosophen und ihren Wirkungen auf Kunst und Politik zur Zeit der Französischen Revolution. Da raucht mir der Kopf. Gleichwohl faszinierend zB der Abriss der Grundideen von Fichte. Irgendwann entstand mir beim Lesen eine Idee von historischer Bedeutung im Wortsinn, nämlich, was das, was wir heute auf zehn Seiten in wenigen Minuten nachlesen können, für die Menschen, die es in Stunden, Tagen, Wochen und Monaten usw. erlebten, bedeutet haben mag - für mich besonders anschaulich am Ende des 18. Jahrhunderts. Wesentlich flüssiger und lesbarer erscheinen mir die Passagen, in denen Safranski vermutlich frühere "Vorarbeiten" verarbeitet, vielleicht auch zitiert? E.T.A. Hoffmann ist solch ein Spezialgebiet des Autors. Überhaupt: Je aktueller das Geschehen, desto klarer die Gedanken und der Schreibstil. Was ich nur bedingt gutheißen möchte, denn zB die Kapitel über Nietzsche und Wagner erscheinen mir doch sehr festgezimmert in ihren Aussagen - wenn ich mich da an die vergleichsweise "labilen" Ausführungen von Peter Härtling über Hölderlin/Romantik erinnere, ist mir Letzterer sympathischer. Ich finde Safranski zwar nicht eitel in seinem vielen Wissen, aber mir erscheint er doch sehr selbstgewiss, ich würde gerne das gleiche Buch auch noch von einem anderen Autor lesen - und eben doch nicht, denn es war über Wochen harte Arbeit, eben auf Grund der Komplexität. Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch für alle, die sich für Romantik im weiten Sinne interessieren, die eine große Linie mitverfolgen wollen, die sich gerne Gedanken über historische und kulturelle Entwicklung machen - und ganz besonders für Leserinnen und Leser, die Lust und Zeit oder auch Notwendigkeit haben, sich von der angefügten, langen Literaturliste in die Tiefen der Thematik leiten zu lassen.