Inhalt
Eyvin ist Stallbursche auf Wykedale und hat ein überaus gutes Gespür für Pferde. Nicht nur deshalb wird er gerne von Clifton, dem Sohn des Earls, schikaniert. Das und die Ablehnung des Earls ihn zum Knappen zu machen, damit Eyvin endlich mehr als ein gewöhnlicher Stallbursche sein kann, machen sein Leben nicht einfach. Als jedoch ein schwarzes Fohlen mit einem seltsamen Zeichen auf der Stirn geboren wird, gerät alles aus den Fugen. Plötzlich tauchen merkwürdige Gestalten auf und suchen nach einem Jungen in Eyvins Alter. Als bei ihm auf der Brust dann auch noch das gleiche Zeichen erscheint, wie auf der Stirn des Fohlens, erfährt er Wahrheiten, die sein Leben völlig auf den Kopf stellen…
Meinung
„Eyvindurs Sohn“ ist eine ausgesprochen originelle Geschichte mit vielen interessanten Gesichtspunkten. Darunter fällt unter anderem die Verknüpfung von phantastischen Elementen mit England im Mittelalter. Auf diese Weise befindet man sich zu Beginn zumindest ansatzweise in einer bekannten Welt und kann sich in aller Ruhe mit den Figuren vertraut machen, bevor man sich auf eine neue Welt einlässt.
Die Figuren der Handlung sind ebenfalls originell gezeichnet. Alle haben sie ihre eigenen Qualitäten und Merkmale (auch wenn der Leser diese nicht immer gutheißen muss). Durch Einblicke in die Vergangenheit der Charaktere werden Vorgehensweisen oder das Verhalten verständlicher und bleiben zudem authentisch. Trotz allem scheinen die einzigartigen Merkmale der Charaktere an einigen Stellen zu verblassen und sich anzugleichen: Unter anderem brausen alle Charaktere schnell auf und geraten in Streit. Zudem entwickeln sich einige der Charaktere auch nicht immer passend zum Erlebten.
Die Welt des „Leuchtenden Reiches“, in die Eyvin im Laufe der Handlung eintaucht, ist sehr vielschichtig mit unterschiedlichen Landschaften und Völkern. Immer wieder wird in Gesprächen und Andeutungen deutlich, wie groß die Welt ist und wie viele interessante Wesen und Rassen dort leben. Allerdings wird diese Vielfalt während des ganzen Buches nicht wirklich greifbar. Zwar werden immer wieder Namen von Orten und Völkern eingestreut, aber man erhält keine Verbindung zu diesen, da es an Erklärungen und Begegnungen mangelt. Auch während der Reise durch das Land bleiben die Einblicke spärlich und tragen nicht dazu bei sich ein umfassendes Bild machen zu können. Das Fehlen einer Karte erschwert ebenfalls das Verfolgen des Reiseverlaufs und das Beurteilen von Entfernungen oder Beziehungen.
Im gesamten Buch tauchen immer wieder neue Namen von Orten oder Völkern auf. Viele dieser Bezeichnungen werden nicht durch Erklärungen oder Handlungen gestützt, weshalb sie nicht im Gedächtnis bleiben. Die fehlende Karte macht es zudem unmöglich die Orte in der Welt zu lokalisieren, weshalb die vielen Namen zum Teil sehr verwirrend sein können. Dies gilt auch teilweise für die große Personenanzahl. Immer wieder werden vor allem unwichtige Nebenfiguren mit Namen versehen, die nur einmal auftauchen und daher nicht haften bleiben, sodass man bei einem erneuten nebensächlichen Auftauchen der gleichen Figur sich nicht an diese erinnern kann. Dies gilt auch für die große Mitgliederzahl im Rat, die zwar alle vorgestellt werden, jedoch nicht alle eine entscheidende Rolle innerhalb der Handlung einnehmen, weshalb die Namen und Funktionen in den Hintergrund treten. Hier wäre zum Teil eine kleine Erinnerung in Form eines Nebensatzes hilfreich gewesen.
Trotz allem bietet die Handlung viele interessante und außergewöhnliche Ideen. Nicht nur die Orte, an denen Eyvin während seiner Reise Halt macht, sondern auch die Hintergründe zu dem Volk der Weltenreiter deuten auf einen großen Einfallsreichtum der Autorin hin. Während seiner Reise muss er immer wieder neuen Gefahren entgegentreten und die Lösungen und Wendungen sind teilweise überraschend. Während der Handlung werden zudem immer wieder Puzzlestücke eingestreut, die sich erst allmählich zusammensetzen und ein anderes Bild formen als vermutet. Jedoch bleiben viele Ereignisse vorhersehbar und scheinen den Figuren allzu leicht zu gelingen. Besonders gegen Ende wäre hierbei noch Luft für ein wenig mehr Spannung gewesen.
Die Darstellung gelingt flüssig und einfach. Schauplätze und Geschehen lassen sich gut verfolgen und der Schreibstil hilft dem Leser sich die Gegebenheiten vorzustellen. Insgesamt lässt die Geschichte ein wenig an Detailreichtum mangeln. Innerhalb der Handlung werden große Zeitspannen übersprungen und die Geschehnisse erzählerisch zusammengefasst oder sie müssen durch die folgenden Ereignisse rekonstruiert werden. Trotz allem bleibt die Handlung (bis auf eine Stelle) gut verfolgbar und weist keine Logikfehler auf. Je nach Geschmack des Lesers kann diese Erzählweise jedoch auch positiv gewertet werden.
Das Cover ist übersichtlich gegliedert und besticht durch seine Einfachheit. Die Idee der Verbindung der beiden Teile durch die beiden Gesichtshälften ist ebenfalls passend. Jedoch bietet das Bild keinerlei Bezugspunkte zum Inhalt und wurde bereits bei einem anderen Buch als Cover verwendet. Daher erscheint dieses eher nachteilig und bietet wenig Wiedererkennungswert oder Anziehungskraft.
Fazit
„Eyvindurs Sohn“ bietet viele interessante und gute Ideen, die der Geschichte einen einzigartigen Hauch verleihen. Insgesamt wird der Eindruck jedoch von der detailarmen Erzählweise ein wenig geschmälert und auch die Charaktere erscheinen nicht immer ihren Merkmalen treu zu bleiben. Trotz allem bietet die Handlung kurzweilige Unterhaltung, die ihr Potenzial allerdings nicht voll ausschöpft und daher an Brillanz verliert.