Durch Zufall an die “philosophische“ Macht
Diskutiert wird schon lange über eine „Frauenquote“, deren Umsetzung sich schwertut. Was nur ein Zeichen am Ende dafür ist, dass die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den wirtschaftlichen und politischen Entscheidungspositionen fast weltweit immer noch ein strukturelles Problem darstellt.
Was Ende der Dreißiger und Anfang der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts, zu Zeiten des zweiten Weltkrieges, noch einmaldeutlich klarer natürlich noch im Raum stand. Zwar waren Bildungseinrichtungen offen auch für Frauen (nicht immer, nicht alle und nicht für jede Frau), doch letztlich war klar, dass Frauen nicht wirklich ernst genommen wurden, gerade auch im wissenschaftlichen Bereich nicht. Auch wenn im Lauf de Zeiten Ausnahmen diese Regeln bestätigten, eine „zuarbeitende“ Funktion hin bis zu einer einfachen „Nicht-Beachtung“ waren jene Haltungen, mit den Frauen zur damaligen Zeit ihren Umgang finden mussten.
„Die Geschichte der europäischen Philosophie handelt normalerweise von den Gedanken, Visionen, Hoffnungen und Ängsten von Männern“ (die zudem weitgehend sogar als Junggesellen lebten).
So ist es gar nicht vermessen, wenn im Vorwort zum Wirken und zum „System“ der vier Philosophinnen ebenfalls darauf hingewiesen wird, dass eine gewisse „Realitätsnähe“ durch die effektive und praktische Teilnahme an der Welt (Familien, Kinder bekommen, nicht aus dem Elfenbeinturm heraus, sondern höchsten von außen auf diesen heraufsehen) durchaus einen guten Einfluss auch auf das theoretische Denken haben kann und hatte.
So kann man es, bei allem Grauen des Krieges, in dieser Hinsicht fast als ein Glück, eine plötzliche Chance betrachten, dass im Lauf des Krieges immer mehr Männer in die Kriegsverhältnisse aktiv eingriffen, eingreifen mussten. Und so der Weg frei wurde, konkret in Oxford, konkret im Fach der Philosophie, damit vier Frauen unbedrängt und frei im Geist und in den Konventionen, eben nicht mehr gehindert durch „Plätze besetzende Männer“, ihr eigenes, kreatives philosophisches System zu entwerfen.
Auch wenn dieses heute wiederentdeckt“ werden muss. Was im Übrigen ebenfalls eine deutliche Sprache im Blick auf die Anerkennung von Frauen im wissenschaftlichen Betrieb noch eröffnet für die folgende Nachkriegszeit.
Mary Midgley, Iris Murdoch, Elizabeth Anscombe und Philippa Foot sind die Namen des „Quartetts“, dessen gemeinsames Denken und Hinleitung zum Menschen im Kern als „metaphysisches Wesen“ eine ganz andere Richtung in jener Zeit „erfanden“ und vertieften, als es wohl im Umfeld und Dunstkreis der (abwesenden) Männer „in Mode“ gewesen wäre.
Mit den leitenden Gedanken eben nicht nur auf Poesie, auf abstrakte Philosophie oder Diskussionen um der Argumente willen allein, sondern mit einem beherzten Blick auf das praktische Leben hin ausgerichtet unter der Leitfrage, wie denn die „Wirklichkeit“ (durchaus auch im metaphysischen Sinne) beschaffen ist und welche Richtung diese nehmen sollte, um dem Menschen in seinem Wesen zu entsprechen. Damit sich der Einzelne zurechtzufinden vermag in einer Welt, die als Ganzes das Begriffsvermögen eines einzelnen je übersteigt.
Ein Ansatz und Persönlichkeiten, die bereits in ihrer Sprache praktischer, packender, konkreter zu Werke gingen, als es bis dahin üblich war und deren Denken und Lebensgeschichte die beiden Autorinnen fundiert, verständlich flüssig und verständlich dem Leser vor Augen führen.
So dass am ende der Lektüre nicht nur Lebensbilder anregend erzählt worden sind, sondern auch das philosophische Denken und der neue Ansatz ebenso verständlich dem Leser mitgeteilt worden sind.
Eine anregende, interessante und zum eigenen Denken durchaus anregende Lektüre.
So dass doch ein wenig gezweifelt werden kann an einer Aussage jener Elizabeth: „Proteste von Menschen ohne Macht sind Zeitverschwendung“.
Eher gilt, dass auch wenig bekannte du zu ihren Zeiten eher auch zunächst wenig gehörte Menschen durchaus Wichtiges bewegen können.