Darum gehts
In einer einsamen Küstenregion lebt die Protagonistin M mit ihrem Lebensgefährten Tony. In einem heißen Sommer lädt sie den bekannten Maler L in ihr Haus ein, um zu verstehen, weshalb sie sich so von seinen Werken angezogen fühlt. Der bringt ungefragt eine junge Bekanntschaft mit und geht M konsequent aus dem Weg, provoziert sie mit ihren vermeintlichen Schwächen und zeigt größeres Interesse an allen anderen Anwesenden als an ihr. Und dann kommt ihre Tochter Justine zu Besuch, die in ihr unbehagliche Gefühle weckt. M sieht sich in diesem Sommer mit all ihren Dämonen konfrontiert.
Meine Meinung
Obwohl ich das Buch innerhalb von zwei Tagen durchgelesen habe, strengte es mich zweitweise doch sehr an, denn die Gedanken der Protagonistin sind nicht immer leicht nachzuvollziehen. Gleichsam ist es insbesondere dieser Aspekt, der das Gelesene so aufregend macht. Es ist ein anderer Roman, einer, der sich nicht so einfach einordnen lässt. Schnell wird klar, dass M sich mit vergangenen Kränkungen und schlechten Erfahrungen herumschlägt, die ihr Selbstbild stark geprägt haben. Warum genau sie den Maler L so faszinierend findet, erschloss sich mir bis zum Ende nicht ganz, was den Reiz der Geschichte aber nicht schmälert, da solche Gefühle ja immer individuell sind. Viel mehr ist es der komplexe Machtkampf, der sich zwischen den beiden eigentlich Fremden entwickelt.
L ist ein distanzierter, eher unfreundlicher Zeitgenosse, der sich der Anwesenheit Ms zu entziehen versucht. Sie wiederum sucht immer wieder die Nähe des Künstlers, vielleicht auch, weil sie etwas in ihm sieht, nachdem sie sich sehnt. Das Buch liest sich wie ein Brief, denn M richtet ihre Worte an einen Mann mit dem Namen Jeffers, der für die Handlung allerdings keine Rolle spielt. Ihre enttäuschten Erwartungen sind durch den gesamten Verlauf der Geschichte spürbar. Es beginnt damit, dass L nicht allein kommt, sondern ungefragt eine junge Bekannte namens Brett im Schlepptau hat, deren Beziehung zueinander sich M lange nicht erklärt. Da er auch jedem Gespräch mit ihr aus dem Weg zu gehen scheint und ihre Tochter sich mit seiner Bekannten Brett anfreundet, fühlt sich M überflüssig und gemieden. Deshalb muss sie sich fragen, ob es eine gute Idee war, L zu sich einzuladen.
L nimmt in diesem Kammerspiel die Rolle des Teufels ein, während er M zu einer frustrierten Hexe degradiert, die verbittert und hoffnungslos durchs Leben geht. Es kommt zu diversen Verstrickungen und für mich als Leserin war nicht mehr sichtbar, was Kunst und was Realität ist. Die Verhältnisse und Beziehungen der Figuren untereinander blieben mir bis zum Ende nicht ganz klar. Zweifelsohne aber ein interessanter Ausflug in die Gedankenwelt von M und den zerstörerischen Machtkampf zwischen Mann und Frau. Die Geschichte versteht sich als Hommage an Mable Dodge Luhans Roman Lorenzo in Taos von 1922.
Eine äußerst komplexe Handlung, ein wirrer Machtkampf und ein stark angekratztes Selbstbild. Mich beeindruckten die abstrakten Gedankengänge der Autorin und die anspruchsvolle Sprache. Es wird aber kein Buch sein, das mich länger festhält.
Ich danke dem Suhrkamp-Verlag für das Rezensionsexemplar.