Rezension zu "Nussknacker und Mausekönig" von E. T. A. Hoffmann
KUNSTMÄRCHEN DER ROMANTIK...
Es ist Weihnachten. Die kleine Marie entdeckt am Gabentisch einen Nussknacker, den sie vor ihrem Bruder Fritz in Obhut nimmt. In der Nacht erwacht dieser Nussknacker zum Leben und führt im Wohnzimmer der Familie eine Schlacht gegen ein Heer von Mäusen, das von dem Mausekönig angeführt wird. Dabei wird Marie verletzt - ganz überwältigt von den Geschehnissen. Während sich die Eltern um ihre Tochter sorgen, was sie denn nachts heimlich mache, erzählt der Pate Obergerichtsrat Droßelmeier Marie ein Märchen, das auf das Schicksal ihres Nussknackers übertragbar ist. Voller Entschlossenheit, den Nussknacker vor dem Mausekönig zu retten, geht Marie bis an ihre kindlichen Grenzen... (Verlagsbeschreibung)
Wer kennt nicht das berühmte Märchen-Ballett "Der Nussknacker" von Pjotr Iljitsch Tschaikowski, zumindest vom Namen her? Aufgeführt wird es meistens zur Weihnachtszeit. Und ja, das Ballett geht zurück auf Alexandre Dumas "Histoire d’un casse-noisette" (1845), eine französische Adaption des Weihnachtsmärchens "Nussknacker und Mausekönig" von E. T. A. Hoffmann (erstmals erschienen 1816). Ich fand es spannend, die literarische Grundlage des bekannten Balletts kennenzulernen.
Da das Märchen heute über 200 Jahre alt ist, darf es nicht wundernehmen, dass es in einem sehr altertümlich und umständlich wirkenden Schreibstil daher kommt. Auch die Rollen von Knaben und Mädchen wirken althergebracht und klischeehaft, sind aber dem Entstehungsdatum entsprechend authentisch. Der Junge kess und forsch, interessiert an militärischen Dingen und Spielzeugen, das Mädchen lieb und angepasst, mit einem Herz für die Schwachen.
Mitleid mit dem armen Nussknacker ist denn auch das vorherrschende Motiv, das die Geschichte vorantreibt. Erst muss Marie den Nussknacker am Weihnachtstag vor den Drangsalierungen ihres Bruders Fritz beschützen, der ihm zu harte Nüsse zu knacken gibt und ihm damit einige seiner Zähne herausbricht. Und später am Abend rettet sie den Nussknacker vor dem Angriff der Armee des Mausekönigs, indem sie einen ihrer Pantoffeln nach den Angreifern wirft. Die Geschichte glaubt ihr jedoch niemand, die Eltern schreiben sie Maries allzu großer Fantasie zu. Erst die geheimnisvolle Erzählung des Obergerichtsrats Droßelmeiers bestärkt das Mädchen darin, den Nussknacker zu unterstützen - wofür sie über menschliche Grenzen hinausgeht.
Trotz der souveränen Lesung der ungekürzten Hörbuchausgabe (2 Stunden und 55 Minuten) durch Rainer Buck fiel es mir stellenweise schwer, der Erzählung zu folgen - vor allem bei der Schilderung der immer wieder thematisierten Schlachten. Trotzdem habe ich hier nicht ungern gelauscht und bin froh, dieses Kunstmärchen des bedeutenden Schriftstellers der Romantik nun zu kennen.
© Parden