Rainer Funk

 4,2 Sterne bei 121 Bewertungen
Autor*in von Erich Fromm, Der entgrenzte Mensch und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Rainer Funk, Dr. phil., Jahrgang 1943, ist Psychoanalytiker und lebt in Tübingen. Er studierte Philosophie und Theologie und hat über Erich Fromms Sozialpsychologie und Ethik promoviert. Er war 1974 bis zu dessenTod 1980 Fromms Assistent und gab die 10-bändige Gesamtausgabe seines Werks heraus. Von Erich Fromm als literarischer Rechte- und Nachlassverwalter eingesetzt, hat er aus dem Nachlass und der Bibliothek Erich Fromms das Erich-Fromm-Archiv aufgebaut und ist im Vorstand der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft. Zahlreiche Veröffentlichungen, unter anderem: ›Erich Fromm heute. Zur Aktualität seines Denkens‹, ›Ich und Wir. Psychoanalyse des modernen Menschen‹, ›Der entgrenzte Mensch. Warum ein Leben ohne Grenzen nicht frei, sondern abhängig macht.  

Quelle: Verlag / vlb

Neue Bücher

Cover des Buches Humanismus in Krisenzeiten (ISBN: 9783423352598)

Humanismus in Krisenzeiten

Erscheint am 13.02.2025 als Taschenbuch bei dtv Verlagsgesellschaft.

Alle Bücher von Rainer Funk

Cover des Buches Der entgrenzte Mensch (ISBN: 9783579067568)

Der entgrenzte Mensch

 (2)
Erschienen am 24.01.2011
Cover des Buches Erich Fromm - Liebe zum Leben (ISBN: 9783423346696)

Erich Fromm - Liebe zum Leben

 (1)
Erschienen am 01.07.2011
Cover des Buches Ich und Wir (ISBN: 9783423244442)

Ich und Wir

 (1)
Erschienen am 01.01.2005
Cover des Buches Erich Fromm (ISBN: 9788449322303)

Erich Fromm

 (3)
Erschienen am 02.03.2009

Neue Rezensionen zu Rainer Funk

Cover des Buches Über den Ungehorsam und andere Essays (ISBN: 9783423350129)
V

Rezension zu "Über den Ungehorsam und andere Essays" von Erich Fromm

Ungehorsam macht den Menschen zum Menschen
Vera-Seidlvor 2 Jahren

Den Esseyband "Über den Ungehorsam" verfasste Erich Fromm kurz vor seinem Tod im Jahr 1980. Er enthält viele Einsichten, die ich aus seinen Büchern "Die Furcht vor der Freiheit" (1941), "Die Kunst des Liebens" (1956) und "Haben oder Sein" (1976) schon kannte.

 

So wusste ich bereits, welche Bedeutung der Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe dem Ungehorsam von Adam und Eva beimisst: "Die Erbsünde hat den Menschen keineswegs verdorben, sondern setzte ihn frei; sie war der Anfang der Geschichte. Der Mensch musste den Garten Eden verlassen, um zu lernen, sich auf die eigenen Kräfte zu verlassen und ganz Mensch zu werden."

 

Das zweite Kapitel trägt die Überschrift "Die Anwendung der humanistischen Psychoanalyse auf die marxistische Theorie".  Fromm schreibt selbst, dass es neben ihm kaum jemanden gegeben habe, der versucht hätte, die revidierte Psychoanalyse auf das Problem des Marxismus und Sozialismus anzuwenden. "- Unter den anderen Autoren, die in ihren Schriften von einem psychoanalytisch-marxistischen Standpunkt ausgehen, ist Wilhelm Reich der bedeutendste, auch wenn seine Theorien und meine eigenen wenig Gemeinsames haben. Sartres Versuche eine marxistisch orientierte humanistische Analyse zu entwickeln, leiden darunter, daß er zu wenig klinische Erfahrung besitzt und deshalb trotz seiner glänzenden Formulierungen mit der Psychologie nur sehr oberflächlich umgeht."

 

Aus "Haben oder Sein" habe ich gelernt, dass es zwei Arten des Wissens gibt. Jemand kann sich Wissen aneignen, um damit zu brillieren oder er kann das Wissen anwenden. Sei es Karl Marx, Friedrich Engels, Rosa Luxemburg, Adam Smith, Sigmund Freud, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, um nur einige Größen aus dem zweiten zu Essey zu nennen, Fromm kennt sie nicht nur, er ist in ihr Mark vorgedrungen.

 

Laut schlug mein Herz im dritten Kapitel, "Propheten und Priester". "Zweifellos war die Kenntnis der großen Ideen der Menscheit noch nie so weit auf der Welt verbreitet wie heute. Noch nie war aber auch ihre Wirkung so gering." Die Diskrepanz erklärt Fromm damit, dass die Ideen nur gelehrt, aber nicht gelebt werden. "Viele Völker hatten Propheten: Buddha verwirklichte seine Lehre, in Christus ist sie Fleisch geworden, Sokrates starb für seine Ideen und auch Spinoza hat sie gelebt."

 

Die Priester würden die Ideen verwalten, womit sie auf Formeln reduziert würden. "Während selbst ein Kind merken könnte, daß sie genau das Gegenteil ihrer Lehre leben, unterzieht man die große Masse des Volkes einer so gründlichen Gehirnwäsche, daß sie schließlich glaubt, die Priester brächten ein Opfer, wenn sie im Luxus lebten, weil sie eine große Idee zu repräsentieren hatten, ja selbst ihr unbarmherziges Töten geschähe aus ihrem revolutionären Glauben heraus."

Muss ich an dieser Stelle wirklich noch ergänzen, dass es in der Gegenwart mehr wirtschaftliche und politische Priester gibt als religiöse?

 

"Zum Problem einer umfassenden philosophischen Anthropologie", heißt das vierte Essey. Darin zeigt er, wie die humanistische Philosophie in den verschiedenen Kulturepochen zum Ausdruck kam. Fromm beginnt mit dem buddhistischen Humanismus und endet mit dem von Karl Marx.

 

Erstaunt hat mich, dass sich Erich Pinchas Fromm, der ursprünglich Rabbiner werden wollte, 

am Ende seines Lebens als Sozialist sah und mit einer atheistischen Mystik sympathisierte, die er unter anderem im Zen-Buddhismus zu finden glaubte.

 

Fromm beschließt das vierte Kapitel folgerichtig mit einem Zitat von Friedrich Nietzsche: "Gott ist tot." Auch der Mensch liege im Sterben. Geistig Tote können nicht mehr ungehorsam sein, meine ich.

 

Unter der Überschrift "Den Vorrang hat der Mensch" entlarvt Fromm den Sozialismus seiner Zeit als eine Form des Kapitalismus. Im darauf folgenden Kapitel entwirft er ein Programm für einen humanistischen Sozialismus. 

Hier musste ich weinen, weil wir uns 42 Jahre später so extrem weit davon entfernt haben.

 

Unter "Psychologische Aspekte zur Frage eines garantierten Einkommens" fand ich folgende Aussage: "Man kann nachweisen, daß die Gier des homo consumens sich hauptsächlich auf den individuellen Konsum von Dingen bezieht, die er ißt (sich einverleibt), während die Benutzung kostenloser öffentlicher Einrichtungen, die dem einzelnen die Möglichkeit bieten, sich seines Lebens zu freuen, keine Gier und Unersättlichkeit erzeugt."

 

In den letzten beiden Kapiteln seines Buches beschäftigt sich der Autor mit dem Frieden. Sie heißen: "Gründe für eine einseitige Absrüstung" und "Zur Theorie und Strategie des Friedens". Darin ist zu lesen: "Wenn wir weiterhin in dieser Angst vor unserer Vernichtung leben und die Massenvernichtung anderer Menschen planen, werden wir die letzte Chance vertun, die humanistisch-geistige Tradition wiederaufleben zu lassen."

 

Insgesamt ist das Buch "Über den Ungehorsam" sehr lesenswert! 

Jedoch nicht in dieser Ausgabe. Das Büchlein ist zwar handlich, aber die Schrift extrem klein. Auch die Bindung lässt zu wünschen übrig. Die Seiten lösen sich.

 

Vera Seidl

Cover des Buches Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft: To Have Or to Be? (ISBN: B00R7Q3YX0)
V

Rezension zu "Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft: To Have Or to Be?" von Erich Fromm

Der Weg aus dem Kapitalismus in die Freiheit
Vera-Seidlvor 2 Jahren

Nach "Die Kunst des Liebens" und "Die Furcht vor der Freiheit" habe ich nun Erich Fromms Werk "Haben oder Sein" zum dritten Mal in meinem Leben gelesen. Der Psychoanalytiker, Philosoph und Sozialpsychologe lässt mich nicht mehr los. Besonders hat es mir seine Kapitalismuskritik angetan:

 

"Der Kapitalismus des 18. Jahrhunderts machte schrittweise einen radikalen Wandel durch: Das wirtschaftliche Verhalten wurde von der Ethik und den menschlichen Werten abgetrennt. Der Witschaftsmechanismus wurde als autonomes Ganzes angesehen, das unabhängig von den menschlichen Bedürfnissen und dem menschlichen Willen ist - ein System, das sich aus eigener Kraft und nach eigenen Gesetzen in Gang hält ... Die Entwicklung dieses Wirtschaftssystems wurde nicht mehr durch die Frage: Was ist gut für den Menschen? bestimmt, sondern durch die Frage: Was ist gut für das Wachstum des Systems?"

 

Das Wort Privateigentum komme vom latainischen privare, habe ich erfahren, was rauben bedeutet und nicht ohne Gewalt möglich ist.

Das betrifft auch die Natur, die die kapitalistische Gesellschaft ebenso verachte, wie alles, was nicht von Maschinen hergestellt worden ist.

 

Wie sehr sich das Haben in unsere Köpfe eingeschlichen hat, zeige sich auch am Wandel der Sprache. Der Schwerpunkt liege nicht mehr auf den Verben, sondern auf den Substantiven. Sogar einen Namen HABEN wir, der eine Unvergänglichkeit vortäusche.

Vom Haben durchdrungen sei auch das Lernen, das Erinnern, das Lesen, das Wissen, der Glaube und das Lieben.

 

Das Sein sei dagegen Tätigsein, womit nicht Geschäftigsein gemeint sei, sondern nicht entfremdete Aktivität. Fromm spricht hier vom "produktiven Tätigsein", während er im Buch "Die Kunst des Liebens" vom "spontanen Tätigsein" spricht. 

Letzteres gefällt mir besser, weil nicht das Produkt entscheidend ist, sondern der Prozess. 

Ich habe daran gedacht, wie Kinder aus Bauklötzen einen Turm bauen, dessen Bestand ihnen aber nicht wichtig ist.

 

Im Kapitel "Sein als Wirklichkeit" unterscheidet der Autor das Sein vom Schein, indem er auf die Verdrängungen aufmerksam macht. "Wir wissen fast alles Wesentliche über das menschliche Verhalten, so wie unsere Vorfahren erstaunlich viel über die Bahnen der Gestirne wußten. Doch während sie sich ihres Wissens bewußt waren und es anwandten, verdrängen wir unser Wissen sofort, denn wenn es bewußt bliebe, würde unser Leben zu schwierig werden und - so reden wir uns ein - zu 'gefährlich' sein."

 

So viel für das Sein spricht, beide Tendenzen, das Haben und das Sein, seien im Menschen veranlagt: "die eine, zu haben, zu besitzen, eine Kraft, die letzlich ihre Stärke dem biologisch gegebenen Wunsch nach Überleben verdankt; die andere, zu sein, die Bereitschaft, zu teilen, zu geben und zu opfern, die ihre Stärke den spezifischen Bedingungen der menschlichen Existenz verdankt, speziell in dem eingeborenen Bedürfnis, durch Einssein mit anderen die eigene Isolierung zu überwinden."

 

Aufgehorcht habe ich, als Fromm die Möglichkeit zu sein einschränkte: "Dies gilt für normale Lebensumstände und natürlich nicht für extreme Situationen wie Krankheiten mit unerträglichen Schmerzen, Folter oder andere Fälle, in denen die meisten Menschen ihrer Fähigkeit zu sein beraubt sind."

 

"Über den Ungehorsam" lautet der Titel eines der Bücher Erich Fromms. Für den Analytiker ist der Ungehorsam keine Sünde, sondern die Aufrechterhaltung der Distanz. "'Sie machten sich einen Schurz' (Gen 3,7) und versuchten auf diese Weise, die volle menschliche Begegnung zu vermeiden, die Nacktheit, in der sie einander sehen. Aber weder Scham noch Schuld lassen sich beseitigen, indem man sie verbirgt. Sie suchten nicht, sich in Liebe zu nähern; ... Daß sie einander nicht lieben, geht aus ihrer gegenseitigen Einstellung hervor: Eva versucht nicht, Adam zu beschützen, und Adam will der Bestrafung entgehen, indem er Eva als die Schuldige bezichtigt, statt sie zu verteidigen."

 

Über die bedingungslose, mütterliche Liebe spricht der Autor ausführlich in "Die Kunst des Liebens". Im Buch "Haben oder Sein" macht er auf eine "neue geheime Religion - die Religion des Industriezeitalters -" aufmerksam. Sie sei eine rein patriachalische Form des Christentums, die durch die Verdrängung der Jungfrau Maria in der Reformationszeit möglich wurde.

 

Im dritten Teil des Buches "Der neue Mensch und die neue Gesellschaft" beneidete ich Fromm um seine Hoffnungen. Folgen konnte ich ihm, als er mir noch einmal die Lehre des Buddhas ins Gedächtnis rief: "Ich bin überzeugt, daß sich der menschliche Charakter in der Tat ändern kann, wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind:

- Wir leiden und sind uns dessen bewußt.

- Wir haben die Ursache unseres Leides (ill-being) erkannt.

- Wir sehen eine Möglichkeit, unser Leiden zu überwinden.

- Wir sehen ein, dass wir uns bestimmte Verhaltensnormen zu eigen machen und unsere gegenwärtige Lebenspraxis ändern müssen, um unser Leiden zu überwinden."

 

Schon am ersten Punkt scheitern die Menschen des 21. Jahrhunderts, meine ich. Die absolute Vorherrschaft hat der "Marketing-Charakter" übernommen. "Ich habe die Bezeichnung 'Marketing-Charkater' gewählt, weil der einzelne sich selbst als Ware und den eigenen Wert nicht als 'Gebrauchswert', sondern als 'Tauschwert' erlebt." "Der Bürokrat fürchtet persönliche Verantwortung und sucht hinter seinen Vorschriften Zuflucht. Was ihm Sicherheit und Stolz gibt, ist seine Loyalität gegenüber den Gesetzen, nicht seine Loyalität gegenüber den Geboten der Menschlichkeit ... Die bürokratische Einstellung ist nicht nur Verwaltungsbediensteten verbreitet - sie ist auch unter Ärzten, Schwestern, Lehrern und Professoren zu finden, sowie unter Ehemännern und Eltern gegenüber ihren Frauen bzw. Kindern."

 

"Warum ist das Buch noch keine Pflichtlektüre in den Schulen?", hatte ich in meiner Rezension zu "Die Kunst des Liebens" gefragt. Leider kenne ich inzwischen die Antwort.  Fromms Werke entsprechen nicht dem Diktat des Kapitalismus, sondern ermöglichen wahre Freiheit.

 

Meister Eckhart definierte das so: "Selig sind die geistlich Armen; denn ihrer ist das Reich der Himmel ... Das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts weiß und nichts hat.

 

Ich verneige mich vor der Seele von Erich Fromm und danke ihm herzlich für die Bereicherung meines Lebens.

 

Vera Seidl

Cover des Buches Die Furcht vor der Freiheit (ISBN: 9783423350242)
V

Rezension zu "Die Furcht vor der Freiheit" von Erich Fromm

Die Furcht vor der Freiheit oder fremdgesteuerte Marionetten
Vera-Seidlvor 2 Jahren

Da mir die Menschen in meiner Umgebung immer mehr wie fremdgesteuerte Marionetten erscheinen, suchte ich nach Literatur, die dieses Phänomen genauer betrachtet.


Durch Erich Fromms Werk "Die Furcht vor der Freiheit" aus dem Jahr 1941 fand ich nicht nur Antworten auf meine Fragen, sondern gewann auch Erkenntnis darüber, dass es in meiner Persönlichkeit ebenfalls noch einen Anteil gab, der meinem Leben nicht dienlich ist.


 


Am Ende des Mittelalters sei der Mensch den sozialen Gemeinschaften, entwachsen, aber als Individuum noch nicht gefestigt, so dass er sich isoliert und verloren fühlte.


Die Freiheit hatte ein Doppelgesicht. Die "Freiheit von" war in Teilen errungen, bis zur "Freiheit zu" fehlte ein großer Schritt.


 


"Es steht zu bezweifeln, ob die mächtigen Herren des Kapitalismus der Renaissance sich wirklich so glücklich und sicher fühlten, wie sie oft hingestellt werden. Die Freiheit scheint ihnen zweierlei eingebracht zu haben: ein wachsendes Gefühl der Stärke und zugleich größere Vereinsamung, Zweifel und Skepsis (vgl. J Huizinga, 1930, S. 159) und als Folge von all dem Angst.


 


Gründlich analysiert Fromm den autoritären Charakter am Beispiel von Martin Luther und Adolf Hitler, die sich nach oben ducken und nach unten treten. Gott wird bei Luther auf einen Sockel gehoben, von dessen Gnade der Mensch völlig abhängig sei. Bei Hitler ist es ebenfalls Gott, aber auch die Natur oder das Schicksal, dem er sich unterwirft.


 


"Sie suchen Sicherheit, indem sie ihr isoliertes Selbst ausschalten, und zu einem Werkzeug in den Händen einer überwältigend starken Macht außerhalb ihrer selbst werden. Für Luther war diese Macht Gott, und er suchte Sicherheit, indem er sich ihm uneingeschränkt unterwarf. Aber wenn es ihm auch gelang, auf diese Weise seine Zweifel bis zu einem gewissen Grade zum Schweigen zu bringen, so verschwanden diese in Wirklichkeit nie."


 


Sehr spannend fand ich auch, was der Psychoanalytiker über den magischen Helfer schrieb. Er habe die Aufgabe "den Betreffenden zu beschützen, ihm zu helfen und ihn voranzubringen, immer an seiner Seite zu sein und ihn nie zu verlassen." Häufig sei der magische Helfer personifiziert. "Man stellt sich ihn als Gott vor, als ein Prinzip oder auch als wirkliche Person, wie etwa seine eigenen Eltern, seinen Mann, seine Frau oder seinen Vorgesetzten." Die Beziehung zu ihm sei eine symbiotische und zeuge von der Unfähigkeit der Person, allein sein zu können "und die eigene individuelle Persönlichkeit voll zum Ausdruck zu bringen."


 


Was der Autor über die Auswirkungen der Lehre Johannes Calvins schrieb, hat mich fast umgehauen. "Gott habe nicht nur einige für die Erlösung ausersehen, sondern auch andere für die ewige Verdammnis vorherbestimmt." Der Erfolg sei ein Zeichen, wer zu denen gehörte, die für die Erlösung ausgewählt wurden. Das "führte zur Herausbildung eines Charakterzuges, der für den Calvinismus typisch ist: zu einem Überaktivismus und zum Streben, immer irgenwas zu tun."


 


Von meinem Überaktivismus habe ich mich lösen können, den Wunsch nach Erfolg, im Sinne von Anerkennung meiner Leistungen durch andere Menschen, aber kenne ich gut. Nach dem Lesen des Buches habe ich mir vorgenommen, nur noch das "spontane Tätigsein" als Erfolg zu werten. "Spontanes Tätigsein ist die freie Aktivität des Selbst im Sinne der latainischen Wurzel des Wortes sponte, was wörtlich soviel bedeutet wie 'aus freien Stücken'."


 


"Spontanes Tätigsein ist der einzige Weg, auf dem man die Angst vor dem Alleinsein überwinden kann, ohne die Integrität seines Selbst zu opfern, denn in der spontanen Verwirklichung des Selbst vereinigt sich der Mensch aufs Neue mit der Welt - mit dem Menschen, der Natur und sich selbst."


 


Nach Calvin waren die Menschen nicht gleich, sondern erwählt oder verdammt, womit er eine Grundlage für die Verfolgung, Versklavung und Vernichtung der Erfolglosen schuf.


Die Flucht ins Destruktive ist die zweite, die Erich Fromm nach der ins Autoritäre in seinem Buch beschreibt. "Die Zerstörung der Welt ist der letzte, verzweifelte Versuch, mich davor zu retten, von ihr zermalmt zu werden."


 


Der Mensch fliehe aber auch ins Konformistische, um seiner Angst vor der Isolation als wirklich freies Individuum zu entgehen. Er übernimmt das Denken, Fühlen und Wollen der großen Masse, ohne sein eigenes Selbst zu kennen, womit wir wieder bei den Marionetten wären.


 


"Sehr viele unserer Entschlüsse sind nicht wirklich unsere Entscheidungen, sondern werden uns von außen suggeriert. Wir bringen es fertig, uns einzureden, es handle sich um unsere eigenen Entscheidungen, aber in Wirklichkeit verhalten wir uns so, wie es die anderen von uns erwarten, und das tun wir aus Angst vor der Isolierung und weil wir unser Leben, unsere Freiheit und unsere Behaglichkeit unmittelbar bedroht fühlen."


 


Häufig lässt Fromm andere Persönlichkeiten sprechen, was nicht nur sein enormes Wissen zeigt, sondern auch seine Analysen und Thesen belegt.


Das Buch ist hervorragend gegliedert. Es gibt Ausblicke auf Folgendes und auch hilfreiche Zusammenfassungen.


Durch Wiederholungen prägt sich der Text ein.


 


Das Vorwort schrieb der Herausgeber Rainer Funk, wofür ich ihm herzlich danke.


Zuletzt verneige ich mich vor einer großen Seele, Erich Pinchas Fromm.


 


Vera Seidl


 


 


 


 

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