Cover des Buches Goebbels (ISBN: 9783492220231)
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Rezension zu Goebbels von Ralf Georg Reuth

Umfassende und fundierte Biographie

von M.Lehmann-Pape vor 11 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 11 Jahren

„Von der Zeitgeschichte wurde er als eine „Schlüsselfigur“ des Dritten Reiches bezeichnet“.

Einer, der vom „Start des Lebens an“ fast einen „vorprogrammierten“ Weg einerseits der Aggression (gehbehindert, „Hinkebein“, Ziel zahllosen Spottes in Kindheit und Jugend und auf „normalem Wege“ kaum einer, der „dabei sein“ konnte oder durfte) und andererseits der „Anlehnung“ an einen „starken Helfer und Beschützer“ (den er stark vermisste beim Aufwachsen und woher er auch späterhin Stützen für sein minderes Selbstbewusstsein zu erhalten suchte) mit in die Kindheit und Jugend gelegt bekommen hat. Sicherlich wichtige Momente der Entwicklung, verbunden mit einer beruflichen Aussichtslosigkeit nach seinem Studium, doch immer auch nur erste Anhaltspunkte für eine Persönlichkeit, die selbst innerhalb der fanatischen und verblendeten Nazi-Führung noch eine Sonderrolle einnahm.

Der, ohne den das „Führerbild“ und die gesamte, wie geschmiert laufende Manipulation so vieler anderer im In- und (zunächst) auch im Ausland nicht jene Fahrt aufgenommen hätte. Besonders abgehoben von den anderen nicht in seinem auch maßlosen Hedonismus (vor allem in der „Frauenfrage“ ist ein lebenslanges, unstillbares „Nachholbedürfnis“ zu erkennen), auch nicht in seiner menschenverachtenden inneren Haltung wohl aber in seiner uneingeschränkten Abhängigkeit und Gebundenheit an Hitler. Der Selbstmord zum Schluss, der seine ganze Familie mitsamt der Kinder betraf und noch heute für Schaudern sorgt ob des „mit in den Abgrund nehmen“ unschuldigen Lebens, zu einem Zeitpunkt, in dem auch die engsten Getreuen sich um ihre „eigene Haut“ nur noch scherten, dass ist schon selbst in dieser verblendeten Welt eine ganz besondere Erwähnung wert („Führer befiehl, wir folgen“).

Immer „ganz nahe“ sein Wollen, auch dies ist eine Triebfeder dieser Person. Auch erkennbar in den häufigen „Konkurrenzen“, die ihn stark beschäftigten.

Von einem der sich verzweifelt fragte: „Warum hatte Gott ihn so gemacht, dass die Menschen ihn verlachen und verspotten“ zu einem, der sich „Zweit-Gott-gleich“ über all jene auch mit Lust an der Herabwürdigung erhob und mit einem Fingerzeig Karrieren machen oder Leben auslöschen konnte? Ohne dabei eine gewisse Anfälligkeit für Schmeicheleien oder einer rasanten Hingabe an Verliebtheit bis zur Blindheit an sich selbst beherrschen zu können?

Intensiv zeichnet Reuth das Lebensbild dieses (äußerlich mickrigen) Mannes nach, führt den Leser auf die Spuren der Wurzeln dieser Persönlichkeit und die Phasen der inneren Entscheidungen („Fort mit dem Zweifel, ich will stark sei und glauben“) und bietet so ein dichtes, differenziertes Bild dieser „Schaltstelle der Macht“, des Erfinders der „Maschine der Propaganda“, der unverrückt und unverbrüchlich seinem Wahn bis zum Ende folgte.

„Wir wollen die Menschen solange bearbeiten, bis sie uns verfallen“. Die gesamte damalige Zeit in ihren Grundzügen und den politischen Verbindungen stellt Reuth zudem noch einmal eindringlich in und um die Person Goebbels herum vor Augen. Und stellt auch klar heraus, das die „Arbeit“ des Joseph Goebbels auch deswegen so „erfolgreich“ war, weil diese Mischung aus Mystik und Pathos, blinde Verehrung und setzen des „Führers als Gott“ von Goebbels wie von wohl keinem anderen geglaubt wurde. Der in seiner inneren Mischung aus Hass, Erlösungsbedürfnis, dem Wunsch, glauben zu können und der durchaus auch vorhandenen intellektuellen Fähigkeiten eine zutiefst bedenkenswerte Figur der Geschichte darstellt.

Eine Figur, der Reuth nahe kommt, für deren Biographie vielfache Quellen ausgewertet hat, auch solche, die noch nicht allzu lange zugänglich sind und so, im Gesamten, eine inhaltlich und sprachlich überzeugende Darstellung liefert.

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