Rezension zu "Rocky - Meine 15 Runden. Die Autobiographie" von Graciano Rocchigiani
Ann-KathrinSpeckmann
Vorweg:
Ich bin 20 und kannte Rocky nicht. Die Biographie stand im regal von meinem Papa und ich war neugierig. Das heißt, ich kenne nur das, was Rocky (bzw. seine Co-Autoren) geschrieben hat.
Aufbau:
Hier findet sich direkt einer meiner beiden Kritikpunkte: Zu mindestens jemand, der Rocky nicht kennt, ist es recht unübersichtlich. Bei Biographien ist es immer schwierig: Soll der Inhalt nach Themen oder chronologisch oder anders sortiert werden. Hier wurde sich für das 2. entschieden und als Metapher, die 15 Runden gewählt, die man dann auch voll bekommen wollte. Das passt für jemanden aus der Generation meines Vaters bestimmt hervorragend, denn dann hat man ja zu allen Bereichen das Vorwissen. Wenn aber Namen auftauchen, die später erst eingeführt werden, ist es doch für andere schwer zu verstehen und später die richtigen Zusammenhänge zu setzen. Gleichzeitig gab es so einige Wiederholungen.
"Gejammer":
Und damit sind wir bei meinem zweiten Kritikpunkt, den ich jetzt mal ganz provokativ "Gejammer" nenne. Nicht falsch verstehen: Ich kann seinen Frust nachvollziehen über die Fehlentscheidungen. Aber das wird sooft angeschnitten, dass ich nur noch seine verlorenen Kämpfe im Kopf habe. Ich weiß zwar, dass er auch sehr viele Siege zu verbuchen hat, aber benennen könnte ich nach dieser Biographie keinen, weil sie leider nie im Vordergrund standen. Nicht einmal im Kapitel "Meine Siege".
Zum zweiten "Gejammer" möchte ich hier einen Kommentar verlieren. Und zwar geht es um die Gefängnisstrafen, die hauptsächlichen wegen Alkohol an Steuer zustande gekommen sind. Sorry, aber dieses Argument "Andere machen doch viel schlimmere Sachen", finde ich einfach nur armselig. Die Fahrten, wie er sie beschrieben hat, sind höchstwahrscheinlich nur wegen Glück ohne Tote ausgegangen. Und normalerweise gibt es ja auch nur Bewährung. Wenn man den gleichen Mist aber mehrfach abzieht, ist man selber Schuld. (Und ich bin absolut kein Fan von dem deutschen Strafrechtssystem und dem Gefängnis.)
Das letzte gibt aber keine Minuspunkte in der Bewertung. Es lag mir nur auf der Zunge.
Stil:
An dieser Stelle ein riesen Lob an alle drei Beteiligten. Der Stil ist sehr einheitlich und passt perfekt zu dem, was gesagt wird. Und das obwohl Rocky laut eigener Aussage nicht selbst geschrieben hat. Übrigens finde ich es auch toll, dass das so offen gesagt und nicht heimlich ein Ghostwriter engagiert wurde.
Inhalt:
Ich glaube, dass auch die Auswahl des Inhalts sehr gut getroffen wurde. Der Überblick ist umfänglich, auch wenn ich nicht immer mitgekommen bin, da ich so gar kein Vorwissen hatte. Ich bin absolut nicht Rockys Meinung in unzähligen Dingen. Aber ich finde es trotzdem gut, wie offen er mit seiner Meinung umgeht und, dass er sie nicht massentauglich macht.
Fazit:
Ich habe großen Respekt vor dem Boxer, was seine Disziplin im Training angeht und kann das Buch weiterempfehlen.