Ralph Giordano wurde 1923 in Hamburg geboren und starb 2014 in Köln. Sein Vater war Sohn eines Italieners und einer Deutschen, seine Mutter Jüdin. Besuch des Johanneums. Schulverweisung nach Erlass der Nürnberger Gesetze. Verfolgung. Folter. Flucht. Versteck. Mai 1945 Befreiung. 1946 Beginn der journalistischen Arbeit. Ab 1964 Fernsehdokumentationen für den Westdeutschen Rundfunk und den Sender Freies Berlin und das Erscheinen zahlreicher Reportagen, Essays und Erzählungen. (Klappentext)
Lebenslauf von Ralph Giordano
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Ralph Giordano
Die Bertinis
Mein irisches Tagebuch
Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte
Erinnerungen eines Davongekommenen
Die zweite Schuld
Ostpreussen ade
Morris
Die Traditionslüge
Neue Rezensionen zu Ralph Giordano
Rezension zu "Ostpreussen Ade" von Ralph Giordano
Aufgrund meiner masurischen Wurzeln war ich bei der Lektüre etwas vorbelastet und überdies der Meinung, bereits recht viel über das Land meiner Ahnen zu wissen. Aber dieses Buch — eigentlich eine einzige Liebeserklärung an Ostpreußen — ist das vollkommenste, das ich je zu dem Thema las. In sprachlich überwältigend schönen Bildern wird die Landschaft Masurens sicht-, fühl- und riechbar. Und auch die portraitierten Bewohner lernt man so plastisch kennen, als säße man mit ihnen am Tisch. Hinzu kommen sauber recherchierte Fakten mit vielen spannenden Details. All das getragen von einer wunderbar heiteren Melancholie, die noch lange nach Ende der Lektüre nachwirkt. Nicht nur für Ostpreußen interessant, sondern für alle Menschen, die sich für die Schicksale von ethnischen Minderheiten und Vertriebenen interessieren — oder die einfach mit einem Buch "verreisen" möchten.
Irland ist wohl das Sehnsuchtsziel aller Deutschen, deren Sehnsuchtsziel nicht der Süden ist. Man denkt, der Regen wäre in Irland leichter zu ertragen, wo die Landschaft weit und offen ist und die Bars das Zentrum der Gesellschaft. Dass Irland aber - oh Wunder - viele Seiten hat und einige davon auch gar nicht schön sind, zeigt dieses umfassende, fast 500 Seiten starke Buch. Wo Heinrich Böll anekdotenhaft sein Irland in einem schmalen Bändchen darstellte, holt Giordano weit aus und hat nicht den Anspruch, Literatur zu schaffen. Es ist das Protokoll eines mehrmonatigen Aufenhalts, eine Reise durch Irland, wo mal einfach nur Autofahrten beschrieben werden, die etwas einschläfernd wirken für denjenigen, der kein Bild vor Augen hat, und mal die Tragödie des Landes erzählt wird. Die großen Hungersnöte, die Abgründe des Katholizismus, das Drama Nordirlands und die Auswanderung. Aber dem entgegen steht immer auch die Liebe für Irland, die den Autor überhaupt erst dazu getrieben hat, sich umfassend mit der grünen Insel zu beschäftigen und sie nicht zu verklären.
Alles wirkt gut recherchiert und verblüfft vor allem in den Details. Dass es in Irland keine Maulwürfe gibt etwa und überhaupt nur etwa 30 Säugetierarten statt 150 wir auf den Kontinent. Gut für den Tourismus der grünen Wiesen. Oder die Begegnung mit dem Taxifahrer Neill in Dublin, der behauptet, die Iren können Ländernamen in männlich und weiblich unterteilen, England aber schlicht "nothing" sei. Sehr lang geworden ist der Part um Nordirlandkonflikt. Bewundernswert ist, wie sich Giordano einem Kriegreporter gleich zwischen den Fronten bewegt und wohl keine Demontration auslässt. Gerade hier merkt man dem Buch aber auch an, dass es tief in den 90ern verwurzelt ist und man sich schon beim Lesen fragt, wie sehr sich heute wohl alles verändert haben mag. Das macht das Buch nicht weniger reizend für Irlandliebhaber, zeigt aber auch, was es letztlich ist: Ein Tagebuch von vor 20 Jahren, das auffordert, den Aktualitätsgrad selber zu prüfen.