Cover des Buches Frauen dürfen hier nicht träumen (ISBN: 9783442757480)
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Rezension zu Frauen dürfen hier nicht träumen von Rana Ahmad

Eine Biographie aus Saudi-Arabien

von FriederikeA vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Berührend, erschütternd, ermutigend, informativ. Über den Wert von Freiheit und Selbstbestimmung und über den inneren und äußeren Weg dahin.

Rezension

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FriederikeAvor 6 Jahren

Zum Inhalt
„Frauen dürfen hier nicht träumen“ – der Titel, der auf den ersten Blick nach einem kitschigen Liebesroman klingt, ist hier wörtlich zu verstehen.

Rana Ahmad, geboren 1985, wächst im islamischen Wüstenstaat Saudi Arabien auf. Das tägliche Leben wird hier von der Religionspolizei überwacht, Mädchen und Frauen dürfen nur in Begleitung eines Mann und vollverschleiert das Haus verlassen. Die Scharia, eine mittelalterliche Auslegung des islamischen Rechts, verletzt die Menschenrechte und entrechtet vor allem Frauen: Sie dürfen nicht entscheiden, ob und wen sie heiraten, wie sie sich kleiden, ob sie arbeiten, wohin sie gehen, woran sie glauben. Sie dürfen nicht in der Öffentlichkeit lachen, tanzen oder essen. Steinigungen, Auspeitschungen und sogar die Todesstrafe drohen.

In ihrem Buch nimmt uns Rana Ahmad mit in ihr tägliches Leben: Eine in Teilen unbeschwerte Kindheit, dann die zunehmenden Einschränkungen, Verletzungen und Übergriffe, schließlich der Weg der inneren Befreiung, ihre Flucht und der Aufbau eines neuen Lebens in Deutschland.
Rana Ahmads Weg in die Befreiung begann schon früh. Als Kind machte sie Urlaub in Syrien und durfte dort mit dem Fahrrad fahren. „Dieser Moment gehörte zu den wichtigsten in meinem Leben, in diesem Sommer habe ich die Freiheit gespürt“ : Selber entscheiden, wohin man geht, in welche Richtung, wie schnell oder langsam und anhalten, wenn man möchte – diese Erfahrung wird Rana nicht loslassen und diese Erinnerung wird zu einem Leitmotiv für ihren Weg.
Der sie zunächst aber Schritt für Schritt mit den immer umfassenderen Einschränkungen konfrontiert. Das Fahrrad wird ihrem Bruder gegeben, der Schleier wird angelegt, das Haus darf nicht verlassen werden. Rana Ahmad erfährt Tag für Tag, dass sie als Mädchen und Frau weniger Wert ist als die Männer – und „in dieser Wertlosigkeit auch ohne Schutz“, denn auch körperliche Übergriffe gehören bald zu ihrem Alltag.

Aber in ihrem Leben voller Unterdrückung gibt es auch Lichtblicke und schöne Momente. Und vor allem gibt es ihren Vater, der, obwohl selber tief verwurzelt in Kultur und Religion, Rana liebt und an sie glaubt und ihr damit – ohne es zu wollen oder zu beabsichtigen – eine wichtige Voraussetzung für den Weg in ein neues Leben mitgibt.

Was das Buch besonders macht:

Das flüssig geschriebene Buch hat mich nicht nur während des Lesens, sondern noch lange danach beschäftigt. Auch wenn ich zuvor in groben Zügen über die Benachteiligung der Frauen in Saudi Arabien informiert war, war ich von der ersten Seite an gefesselt. Das, was eigentlich fremd und weit weg ist, wurde mir vertraut und nah. Besonders beeindruckt hat mich, zu lesen, wie es auch und gerade in diesem Land voller Unterdrückung nicht nur „Schwarz oder Weiß“, „Gut oder Böse“ gibt. Und wie wichtig zunächst die innere Befreiung ist, denn obwohl der spannend beschriebene Weg der Flucht beschwerlich und mit größten Gefahren und Risiken verbunden ist, schreibt Rana „Die mächtigste Repression ist die, die im eigenen Kopf beginnt. Jede Frau ist überzeugt davon, sie laufe jeden Tag Gefahr, Sünde, Schande und Scham über ihre Familie zu bringen. Mit dieser Vorstellung werden wir erzogen, diese Angst vor uns selbst haben wir verinnerlicht.“

Rana Ahmad gelingt die Befreiung aus innerer und äußerer Unterdrückung. Sie lebt nun in Deutschland, fährt Fahrrad und möchte das Studium der Physik aufnehmen. Das Buch „Frauen dürfen hier nicht träumen“ ist informativ, spannend und aufrüttelnd. Alle, denen ein Leben in innerer und äußerer Freiheit wichtig ist, werden es mit Gewinn lesen.

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