Cover des Buches Fahrenheit 451 (ISBN: 9783257801804)
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Rezension zu Fahrenheit 451 von Ray Bradbury

Ein intensives Buch, das auch nach vielen Jahren noch faszinierend ist

von tob82 vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein intensives Buch, das auch nach vielen Jahren noch faszinierend ist

Rezension

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tob82vor 8 Jahren
Guy Montag ist Feuerwehrmann. Doch sein Job ist nicht das Bekämpfen von Feuer, sondern das Verbrennen von Büchern. Und wenn er gerade dabei ist, wird auch gleich das ganze Haus mit abgefackelt. Die Häuser sind eigentlich feuerfest geworden, aber gegen mächtige Flammenwerfer kann auch die Schutzschicht nichts ausrichten. Guy lebt in einer Gesellschaft, in der der Besitz von Büchern eine schlimme Straftat darstellt. Bücher regen die Phantasie an und führen zu Nachdenken. Dies kann wiederum in Gefühlen wie Trübsinn, Trauer, Melancholie oder Schmerz resultieren; Gefühle, die unter allen Umständen vermieden werden müssen. Und dafür tut die Gesellschaft auch alles: familiäre Bindungen existieren zwar, bedeuten aber nichts mehr. Die "Familie" findet man im Fernsehzimmer, wo die eigenen "Verwandten" einen in sinnlose Gespräche verwickeln oder Sendungen in brutaler Lautstärke alle Gedanken aus dem Kopf vertreiben. Auf modernen Highways mit höchstmöglicher Geschwindigkeit durch die Nacht brettern, gehört zum regelmäßigen Zeitvertreib. Mit Menschen, die einfach nur ohne Ziel durch die Gegend spazieren und den Tag genießen, stimmt etwas Tiefgreifendes nicht und sie müssen observiert werden.

Montag ist zunächst ein typisches Mitglied der Gesellschaft, bis er aus unerfindlichen Gründen anfängt, Bücher heimlich vor dem Feuertod zu retten und zu Hause zu verstecken. Eines Abends nach der Arbeit trifft er dann auf ein junges Mädchen namens Clarisse, das so ziemlich alles verkörpert, was der Gesellschaft zuwider ist: sie genießt die Natur und den Moment, sitzt mit der Familie zusammen und diskutiert über alle möglichen Themen bis in die Nacht hinein. Montag ist von ihr total fasziniert und so wird sie zu einer Art Katalysator für sein weiteres Verhalten.
Zunächst gerät er in Konflikt mit seiner Frau Mildred. Diese stellt quasi eine Verkörperung des idealen Bürgers da: Denken und Fühlen versucht sie mit allen Mitteln zu vermeiden. Sie sitzt stundenlang im Fernsehzimmer (in dem übrigens drei von vier Wänden komplett aus Bildschirmen bestehen) oder lässt sich die ganze Nacht vom Radio berieseln. Den Kontakt zu den eigenen Gefühlen scheint sie verloren zu haben.

Schnell werden auch die Hüter der Moral auf Montag aufmerksam. Verkörpert werden diese v.a. durch den Hauptmann Beatty, der Montags direkter Vorgesetzter ist. Beatty ist sehr belesen und versucht mit manipulierender Rhetorik, Montag wieder auf den rechten Pfad zu bringen (Beatty ist es auch, vom dem man einiges über die Geschichte der Gesellschaft erfährt). Für Montag ist die Rückkehr zum Status Quo aber keine Option mehr und so kommt es zum finalen Bruch zwischen beiden.

Der Roman ist an vielen Stellen intensiv und erzeugt starke Gefühle und Bilder. Bradburys Sprache ist oft poetisch und sogar romantisch. Vor allem die Schilderungen der Begegnungen von Montag und Clarisse sind da zu nennen. Generell ist die Geschichte eher melancholisch und düster. Es gibt zwar noch Hoffnung, aber diese liegt weit in der Zukunft. Wie in den "Mars-Chroniken" erkennt man auch hier deutlich den Einfluss der Geschehnisse des zweiten Weltkriegs.
Sehr eindringlich geschildert wird die freiwillige allgegenwärtige Betäubung der Menschen. Dies wird v.a. am Verhalten Mildreds deutlich.
Einziger Kritikpunkt für mich sind die Gespräche mit Beatty. Sie sind mir teilweise etwas langatmig und könnten mehr Inhalt vermitteln. Generell ist mir nie wirklich ganz klar geworden, wie die Gesellschaft an diesen Punkt gekommen ist.

Ohne spoilern zu wollen möchte ich noch das sehr gute Spannungs- und Actionelement am Ende des Romans erwähnen. Die Geschehnisse konnte ich mir fast bildhaft vorstellen.

"Fahrenheit 451" wird als dystopischer Roman oft in einem Atemzug mit Orwells "1984" und Huxleys "Brave New World" gennannt. Für mich ist er der beste dieser drei. Die Geschichte und deren Hintergründe sind zwar weniger ausgearbeitet als in "1984", aber die behandelten Themen sind weiterhin so aktuell und Bradburys Stil so einzigartig, dass die Lektüre auch nach vielen Jahren und mehrerem Lesen noch faszinierend ist.
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