Rešoketšwe Manenzhe

 3,3 Sterne bei 3 Bewertungen
Autor*in von Wir Zerrissenen.

Lebenslauf

Rešoketšwe Manenzhe arbeitete nach ihrem Uniabschluss als Ingenieurin für eine südafrikanische Zementfirma, veröffentlichte nebenher aber immer schon Kurzgeschichten und Gedichte, die in verschiedenen Magazinen und Anthologien erschienen sind. Ihr Debütroman »Wir Zerrissenen« wurde mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, 2021 stand sie auf der Shortlist für die Sunday Times CNA Literary Awards. Rešoketšwe Manenzhe lebt in Kapstadt – ein Umstand, der sie selbst verblüfft, da sie sich ganz klar als Dorfbewohnerin sieht.

Quelle: Verlag / vlb

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Cover des Buches Wir Zerrissenen (ISBN: 9783328602705)

Wir Zerrissenen

(3)
Erschienen am 15.11.2023

Neue Rezensionen zu Rešoketšwe Manenzhe

Cover des Buches Wir Zerrissenen (ISBN: 9783328602705)
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Rezension zu "Wir Zerrissenen" von Rešoketšwe Manenzhe

parden
Wie der Titel so der Roman...

WIE DER TITEL SO DER ROMAN...

Die Ehe zwischen Abram und seiner Frau Alisa ist nicht ohne Probleme, doch mit ihren beiden Töchtern führen sie ein komfortables Leben auf einer Farm Südafrika. Als 1927 ein Gesetz erlassen wird, das die Beziehung zwischen Schwarzen und Weißen unter Strafe stellt, geraten sie in große Gefahr, denn plötzlich sind die Kinder der Beweis für eine verbotene Beziehung. Abram ist ratlos, wie er seine Familie vor der Maschinerie des Gesetzes schützen kann, bisher sind sie durch ihren Wohlstand der schlimmsten Diskriminierung entgangen. Doch sein Zögern treibt das Paar immer weiter auseinander, immer stärker tut sich zwischen ihnen ein Graben auf. So weit, dass Alisa schließlich keinen anderen Ausweg mehr sieht, als ihre Familie in den Abgrund zu reißen. (Verlagsbeschreibung)

Der Klappentext verspricht in meinen Augen eine dramatisch angelegte Familiengeschichte auf der Grundlage des 1927 in Südafrika verabschiedeten "Immorality Act". Dieser stellt Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen unter Strafe - und die Folgen dieses diskriminierenden Gesetzes bekommt die Familie von Abram und seiner Frau Alisa zu spüren. Während der niederländischstämmige Abram anfangs nicht so recht glauben will, dass die vor Jahren geschlossene Ehe mit seiner schwarzhäutigen Frau plötzlich ein Problem darstellen soll, erweist sich die depressiv veranlagte Alisa als weitsichtiger - und zieht eine fatale Konsequenz. Dies spielt sich bereits im ersten Teil des Romans ab, und im Folgenden müssen Abram und seine Tochter Dido sehen, dass sie heile aus der Angelegenheit herauskommen. Doch die Häscher sind ihnen auf den Fersen.

Klingt spannend? Ja, das dachte ich mir auch. Doch Rešoketšwe Manenzhe hatte offenbar mehr im Sinn als nur ein Familiendrama mit einem wahren historischen Hintergrund. Sie bemüht sich auch, dem Leser die "Seele Afrikas" näherzubringen, indem sie hier einige biografische Hintergründe einzelner schwarzer Bediensteter sowie zahlreiche Mythen und märchenhafte Erzählungen der afrikanischen Ureinwohner einflicht, die durch Kolonialisierung und Europäisierung, Unterdrückung und Ausgrenzung verloren zu gehen drohen. Gerade der Geisterglaube ist es, der die afrikanischen Ureinwohner erdet, ihnen Hoffnung und Wurzeln gibt. Und dies verdeutlicht die Autorin in ihrem Debüt sehr bildhaft und facettenreich. Das war durchaus interessant zu lesen, doch zerfaserte der Roman in meinen Augen dadurch auch zusehends.

Gegen Ende kam es für mein Empfinden dann zu einem vollständigen Bruch, als über hundert Seiten lang ein gerettetes Tagebuch von Alisa vorgestellt wurde, das ihre Gedanken, Gefühle und Motivationen beleuchet und letztlich auch Abram einiges besser verstehen lässt. Dieser immens lange Einschub war trotz der Tagebuchform jedoch seltsam distanziert und wenig berührend. Hier wurden zudem wie nebenher zahlreiche Themen angeschnitten, allen voran die Problematik der Entwurzelung und die Frage, wohin man eigentlich gehört, aber auch eine mögliche Revolution in Russland, Darwins Erkenntnisse oder feministische Anklänge. Das hat mir leider auch so gar nicht gefallen, wirkte eher essayhaft und konstruiert und schuf einen Riss, in dem der eigentliche Roman zu verschwinden drohte. 

Die bedeutsamen Anliegen von Rešoketšwe Manenzhe werden hier im Roman definitiv deutlich, doch die Besonderheit des Romanaufbaus sorgte bei mir für ausbleibende Begeisterung. Das offene Ende kann ich nachvollziehen und akzeptieren, doch trug auch dies dazu bei, dass ich den Roman mit einem Schulterzucken schloss. Schade.


© Parden

Cover des Buches Wir Zerrissenen (ISBN: 9783328602705)
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Rezension zu "Wir Zerrissenen" von Rešoketšwe Manenzhe

lesehorizont
Flucht in eine ungewisse Zukunft

Die südafrikanische Schriftstellerin Resoketswe Manenzhe legt mit ihrem kolonialismuskritischen Debutroman eine Geschichte mit einer einzigartigen Erzählstimme vor. Der Roman gilt als meist ausgezeichnetes Debut Südafrikas. Die Handlung beginnt in den Jahren vor der Einführung der Apartheit. Abram lebt mit seiner Familie ein recht komfortables Farmerleben. Bislang blieb seine Familie daher weitgehend von Diskriminierungen verschont. Doch 1927 kommt es mit der Einführung des Immortatility Acts zu einer Zäsur in ihrem Leben. Alisas Furcht um die Familie wächst. Abrams Zögern und sein Vertrauen darauf, dass Wohlstand und Heiratsurkunde die Familie vor dem Schlimmsten bewahren würden, vergrößert den Spalt, der sich zwischen dem weißen Niederländer und Südafrikaner Abram und seiner durch Engländer adoptierten, schwarzen Ehefrau Alisa längst aufgetan hat. Die Familie lebt fortan auf gefährlichem Fuß, da die Kinder Emilia und Dido Beleg sind für die als verboten geltende Beziehung. Was tun? Alisa zieht für sich und ihre Kinder in ihrer Verzweiflung die Notbremse. Doch Dido überlebt das von ihr gelegte Feuer. Im Versuch, ohne Mutter und Schwester weiterzuleben, empfindet Dido eine unerträgliche Stille und Leere. 

Am Beispiel von Abram und seiner Familie gewährt uns Manenzhe einen Einblick in die fatalen sozialen und gesellschaftlichen Folgen des Kolonialismus. Vermittelt insbesondere über die Geschichte Glorias, die eigentlich Macombe heißt, erfahren wir, wiev vele Südafrikaner ihrer Kultur, ihres Landes sowie ihres Namens beraubt wurden. Wir erhalten über Gloria auch Einblicke in südafrikanische Mythen und Rituale. Dies ist für mich eine Stärke des Romans. 

Nachdem der Immortality Act Abrams Familie ins Unglück gestürzt hat und Abram mit Dido zu einem ehemals gutem Freund geflüchtet ist, gibt uns Alisas Tagebuch, das Dido vor dem Feuer retten konnte, Einblicke in ihre Beweggründe. Nach meinem Empfinden fokussiert sich Manenzhe hier zu sehr auf die Figur Alisas. So wird zwar die innere Zerrissenheit besonders deutlich, die Wurzellosigkeit, die die Suche nach einer Heimat massgeblich erschwert. Jedoch bleibt am Ende offen, wie es mit Abram und Dido weiter geht. Werden sie es nach Europa schaffen und dort eine neue Heimat finden? Dies jedoch ist möglicherweise von der Autorin intendiert, da es ihr mehr um die fatalen Auswirkungen des Kolonialismus zu gehen scheint, der Familien zerstört. Vielleicht hätte ein versöhnender Hoffnungsschimmer am Ende dazu nicht so gut gepasst?

Insgesamt konnte der Roman mich nicht zur Gänze überzeugen. Gefühlt verblasst die Geschichte etwas im Vergleich zu anderen großen Kolonialismusromanen wie denen etwa von Gurnah. Dennoch habe ich das Buch gerne gelesen und bin auf weitere Werke der Autorin neugierig geworden. 


Cover des Buches Wir Zerrissenen (ISBN: 9783328602705)
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Rezension zu "Wir Zerrissenen" von Rešoketšwe Manenzhe

alasca
Mix aus Folklore und Historie

Im Jahr 1927 tritt in Südafrika der Immorality Act in Kraft, der sexuelle Beziehungen zwischen Weißen und Nicht-Weißen unter Strafe stellt. Es ist eins der Gesetze, die das System der   Apartheid konstituieren werden. Der wohlhabende Winzer Abram van Zijl glaubt sich geschützt durch die Heiratsurkunde, aber seine schwarze Frau Alisa, sensibilisiert durch lebenslange Diskriminierung aufgrund ihrer Hautfarbe, kann seinen Optimismus nicht teilen und trifft eine verzweifelte Entscheidung, die zu ihrem Tod und dem der jüngeren Tochter Emilia führt.

Infolge sind Abram und seine ältere Tochter Dido aufeinander zurückgeworfen. Als Abram beschließt zu fliehen, haben die Verfechter der Apartheid bereits ihre Stricke ausgelegt. Werden die beiden das rettende Ausland erreichen?

„Wir Zerrissenen“ ist ein historischer Roman, der sich überhaupt nicht so liest. Es ist kein Buch über den Immorality Act oder über die Apartheid, sondern über die Emotionen, die dadurch in den betroffenen Individuen ausgelöst werden. Der Roman arbeitet keine historischen Landmarken ab, sondern konzentriert sich auf sein knappes Personal.

Abram steht für die Weißen, die sich über ihre Verortung in der Welt keine Sorgen machen müssen. Gloria, Bedienstete der van Zijls, steht für die Ureinwohner, die systematisch ihrer Rechte beraubt wurden, angefangen mit dem angestammten Land. Alisa schließlich gehört zu den „Zerrissenen“, die weder das eine noch das andere sind: In der Welt der Weißen verachtet, zur Welt der Schwarzen nicht zugehörig. Der Originaltitel des Romans – Scatterlings – bedeutet so viel wie „die (in der Welt) Verstreuten“ und bezieht sich auf die unzähligen Afrikaner, die ihrem Land geraubt und in die Kolonien verschleppt worden sind. Obwohl Alisa in Jamaica geboren ist, kann sie die Insel nicht als ihre Heimat betrachten, denn ihr Vater war Sklave und Jamaica somit der Ort seiner Knechtschaft. Auch England, Land ihrer liebevollen weißen Adoptiveltern, wird nie ihr Zuhause. Alisas Tagebuch, das in der Mitte des Romans knapp 100 Seiten Raum bekommt, erzählt von ihrer Hoffnung, in Afrika so etwas wie Zugehörigkeit zu erlangen und die Geschichte ihrer und Abrams Liebe. Ihre Aufzeichnungen rechtfertigen ihr Handeln nicht, aber machen es nachvollziehbar. Wir alle brauchen Gemeinschaft und Zugehörigkeit - wie es sein muss, nirgendwo auf der Welt gewollt zu sein, vermittelt Manenzhe ungemein glaubwürdig.

Sprachlich war ich nicht so glücklich mit diesem Debüt. Es gibt viele Formulierungen, die mir ungeschickt oder allzu bemüht vorkamen. Zwar liest der Text sich flüssig, dennoch war mir der Erzählton zu naiv und die trivialen Worthülsen zu häufig;  "es war ihm nicht vergönnt", "seinen Tränen freien Lauf lassen" usw., aber auch die nicht immer geglückten Vergleiche störten meinen Lesefluss. Das Stilmittel der Personifizierung von Sonne, Stadt, Nebel etc. ging mit einer gewissen Blumigkeit einher, die zu den folkloristischen Aspekten durchaus passte, aber das muss man mögen. Ich habe mich ein wenig schwer damit getan und konnte nicht so in die Geschichte eintauchen, wie sie es inhaltlich verdient hätte.

Manenzhe vermischt südafrikanische Folklore mit der Geschichte der van Zijls und den Ereignissen jener Zeit. Die Legenden der Ureinwohner sind einstmals identitätsstiftend gewesen und sind es immer noch, auch wenn die systematische Entwurzelung der Stämme die Überlieferung geschwächt hat. Dido helfen ihre Rituale und Geschichten, das Erlebte zu verarbeiten und in eine heilsame Transzendenz zu überführen.

In diesem Sinne ist auch das Ende des Romans zu verstehen. Wir erfahren nicht, ob Vater und Tochter die Flucht gelingt.  Stattdessen lässt die Autorin im letzten Kapitel die Geschichte in einer mystischen Vision verwehen – sehr poetisch, aber inhaltlich unbefriedigend.

Insgesamt ein respektables Debüt – trotz kleiner Schwächen sollte man die Autorin im Auge behalten.

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