Cover des Buches Der Palast der Meere (ISBN: 9783785751398)
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Rezension zu Der Palast der Meere von Rebecca Gablé

Ein Waringham wie der andere

von Gwhynwhyfar vor 8 Jahren

Rezension

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Gwhynwhyfarvor 8 Jahren
Hörbuch, 33 Stunden, 20 Minuten gesprochen von Detlef Biederstedt

Für den, der keinen Gablé kennt und sich auf lockere Art und Weise mit der Zeit um Königin Elisabeth I beschäftigen möchte, die Tudor-Epoche ab 1660, ist das Buch zu empfehlen.

Inhaltlich geht es um die Auseinandersetzung von Elisabeths I Nachfolge, denn sie weigerte sich zu heiraten, um den Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken in England. Mary Stuarts Versuche, Elisabeth umbringen zu lassen und ihre Intrigen führten zu ihrer Hinrichtung. König Philip von Spanien hatte die Kolonien im Griff, raubte dort das Gold, um in Europa seine Vormachtstellung zu festigen. Die Engländer hatten nur ein Mittel, sich der spanischen Armada entgegenzustellen: Piraterie. Francis Drake war ein besonders waghalsiger Freibeuter, der aber auch dafür bekannt war, dass er nur seinem Ziel folgte, auch wenn er andere damit ins Unglück stürzte.

Für mich persönlich war es der letzte Gablé. Einer wie der andere, tut mir leid das saen zu müssen. Ich habe die Waringham-Bücher alle gelesen und dies hier steht Klassen unter den ersten, schon im letzten hat es geschwächelt.

Wie immer steht ein Familienmitglied der Waringhams dem Königshaus nahe. Hier ist Es Eleanor of Waringham, die als «Auge der Königin» ihre engste Vertraute ist und für sie verhandelt und spioniert. Wie immer verlieben sich die Waringhams nicht standesgemäß. Eleanor, die im Palast lebt, beginnt ein Verhältnis mit dem «König der Diebe» von London, bekommt mit ihm Kinder und niemand merkt was davon … Die Waringhams sind alle starrköpfig, stak, durchsetzungsfähig, wie immer. Und wie immer haben wir einen besonders wilden Waringham dabei. Hier ist es Isaac of Waringham, der sich nicht dem beugen will, was seine Familie ihm vorschreibt, sondern sich mit 14 als blinder Passagier auf ein Schiff schmuggelt, um Seemann zu werden. Natürlich geschieht ihm anfänglich Schreckliches, doch durch Mut und Verbissenheit arbeitet er sich zum Piratenkapitän hoch. Es geht wie immer um Treue, Freundschaft, Liebe und natürlich Verrat. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute … denn sie haben genügend Kinder, um den Waringham-Clan ins nächste Buch zu führen. Aber das Strickmuster führt sich auch in anderen Gablé-Büchern fort. Genau das macht die Romane irgendwann langweilig. Kennt man einen, kennt man alle. Hier kommt nichts Neues.

Das Papierbuch «Der Palast der Meere» hat knappe 1000 Seiten und beschäftigt sich meiner Meinung nach zu viel mit den Waringhams zu Lasten der Geschichte. Elisabeth I und Mary Steward, an sich Stoff genug, ziemlich oft in Romanform abgearbeitet, bringt hier keine Neuigkeit. Beide liegen blass als historische Nebenfiguren im Abseits. Walsingham, der Spionagechef der Königin, der eine schillernde Gestalt war, so armselig endete, wäre auch eine gute Figur gewesen, er wird nur kurz eingeblendet. Francis Drake wäre bestimmt eine Figur der Geschichte, der einem Roman würdig gewesen wäre. Aber auch er mutiert zur Randfigur, weil es um Isaac of Waringham geht. Die Schlacht gegen die spanische Armada wird am Ende ruckzuck abgehandelt, was mich ein wenig verärgert hat. Der wirkliche Haudegen und narzisstische Charakter des Francis Drakes und seine Bedeutung für die englische Geschichte kommt nicht heraus. Shakespeare taucht natürlich auch kurz auf und ganz schnell wieder unter. Auch wäre eine interessante Figur gewesen.

Hier ein Häppchen, dort ein Happen Geschichte, die Probleme der Waringhams liegen jedoch im Vordergrund. Aber selbst die Hauptfiguren konnten bei mir diesmal nicht landen, sie verblassen in der Flut der Ereignisse und massenhaften Figuren. Eine durchaus spannende Geschichte für den Leser, der sich schlicht unterhalten möchte und ein bisschen geschichtlichen Hintergrund sucht.

Der Roman teilt sich in zwei Erzählstränge: Eleanor of Waringham, die im Palast von Elisabeth I lebt und ihre beste Freundin ist. Sie agiert als «Auge der Königin», ist viel unterwegs als Diplomatin und als Spionin. Für unglaubwürdig halte ich ihre Liebschaft zum «König der Diebe», der in ihrem Schlafzimmer ein und ausgeht, weil das Schloss so ungesichert ist. Gerade Elisabeth I war ja fast paranoid in Sachen Sicherheit, da sie immer mit einem Anschlag auf ihr Leben rechnen musste. Ebenso fallen niemandem Eleanors Schwangerschaften und Kinder auf.

Isaac of Waringham, zu Beginn ein vierzehnjähriger Pubertierender, der sich der Verantwortung seiner familiären Verpflichtung nicht stellen will, wird als blinder Passagier auf einem Schiff erwischt und lernt hier den jungen Drake kennen. Er wird auf Teneriffa ausgesetzt und muss zunächst als Sklave bei den Spaniern arbeiten. Er kann sich hocharbeiten bis zum Kapitän der Freibeuter, ist sogar in Lage, sich später ein eigenes Schiff zu kaufen. Isaac gehört natürlich zu den «Guten», macht mit Sklavenhandel keine Geschäfte, im Gegenteil, er treibt Sklavenschiffe auf, um die Farbigen zu befreien, es bleibt genügend andere Beute für ihn übrig. Mit Drake hat er nicht mehr viel zu tun, aus der einstigen Freundschaft wird unterschwellige Feindschaft, sie fahren als Konkurrenten. Inoffiziell sind die Seeräuber für die Krone unterwegs, um spanische Schiffe zu versenken, der spanischen Krone Gold zu klauen, das sie zu einem Teil der Königin abliefern. England droht der Krieg mit Spanien und man hat der königlichen Armada nicht viel entgegenzusetzen. Auch Drake, eine imposante Figur der Geschichte, mutiert hier zur Nebenfigur.

„Der Palast der Meere“, mit diesem Titel verbindet der Inhalt des Buchs rein gar nichts. Warum auch immer der Verlag sich dazu hinreißen ließ. Die geschichtlichen Abläufe sind richtig dargestellt und sicher gut recherchiert. Sämtliche Figuren bleiben jedoch flach, insbesondere die der Geschichte. Hier hatte ich mehr erwartet. Noch ein oberflächlicher Elisabeth I – Roman, den man sich hätte schenken können. Ich will das Buch aber nicht schlechtreden. Die Story an sich ist spannend und gefällig für den Leser, der sich schlicht unterhalten will. Und wer noch nie einen Gablé gelesen hat, dem mag es gut gefallen.
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