Cover des Buches Ausgeliehen (ISBN: 9783548611341)
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Rezension zu Ausgeliehen von Rebecca Makkai

Rezension zu "Ausgeliehen" von Rebecca Makkai

von mecedora vor 11 Jahren

Rezension

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mecedoravor 11 Jahren
„Aber nein, es ist geschehen. Das Einzige, worüber man diskutieren kann, ist, ob es mir passiert ist oder ob ich bewirkt habe, dass es passiert.“ (S. 99) Lucy Hull befindet sich in einer seltsamen Situation: die junge Bibliothekarin findet eines Morgens den zehnjährigen Ian zwischen den Regalen der Bibliothek – er ist von zu Hause ausgerissen und versteckt sich in der Kinderbuchabteilung. Ian, süchtig nach Büchern und den Geschichten zwischen den Buchdeckeln, ist vor seiner strengen Mutter und ihren zweifelhaften Erziehungsmethoden geflohen, geflohen in eine Welt aus Geschichten, in der er sich wohler fühlt als in seiner Familie. Lucy will den Jungen nach Hause bringen, doch er lotst sie subtil auf den Highway – und damit beginnt ein Road Trip der ganz anderen Art quer durch die USA. Rebecca Makkai spannt in „Ausgeliehen“ ein ungewöhnliches Netz von außergewöhnlichen Figuren auf, in deren Mittelpunkt die ein wenig unscheinbare Lucy und der doch recht sonderbare Ian stehen – zwei Außenseiter, wie sie im Buche stehen. Gemeinsam machen sich die beiden auf eine abenteuerliche Reise durch die Vergangenheit, die Gegenwart, durch Lügengespinste und geplatzte Träume und einmal quer durch das große Amerika. Der Roman oszilliert zwischen aktivem Handeln und vor allem passivem Passierenlassen, Umhertreibenlassen, er oszilliert zwischen dem Ernst des Lebens und der Suche nach dem großen Glück, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Fliehen, Suchen und Finden. Und er lässt den Leser wie die Protagonisten einen ganzen Raum dazwischen erleben, eine Art Vakuum, das sich nur schwerlich fassen, noch schwerer aber beschreiben lässt, in „Ausgeliehen“ aber auf emotionaler Ebene wunderbar zu erspüren ist. Warmherzig, humorvoll, oft ironisch, altklug und an vielen Stellen schrullig erzählt Rebecca Makkai von einer Entführung der ganz anderen Art, bei der nicht klar ist, wer hier wen entführt hat. „Ausgeliehen“ ist ein sehr ungewöhnliches Buch – nicht nur wegen seines Plots. Die Autorin erzählt auf eine oftmals lakonische, beobachtende Art von Lucy und Ian, die einen nichtsdestotrotz berührt. In wohlgesetzten Worten, mit charismatischen Figuren, die nicht ausschließlich Sympathie beim Leser hervorrufen und mit stilistisch hervorstechenden (und dabei sehr gelungenen!) Passagen wird dieses Buch zu etwas wirklich Besonderem in der weiten Welt der zeitgenössischen Literatur, was auch kleinere Längen und Schwächen im letzten Buchdrittel verzeihen lässt. Eine klare Leseempfehlung von meiner Seite und vier Sterne für dieses außergewöhnliche und außergewöhnlich gelungene Romandebüt von Rebecca Makkai, einer Autorin, die in diesem ihrem Erstling sehr viel Potenzial beweist und deren Werdegang und weitere Werke ich sicherlich verfolgen werde.
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