„Die Rückkehr“ ist Rebecca Wests Debütroman aus dem Jahr 1918. Zugleich ist es der einzige Roman einer Frau, der die Schrecken des ersten Weltkriegs verarbeitet.
Das Coverbild, eine Fotografie in Sepia, zeigt eine Frau, die ein holzgetäfeltes Treppenhaus hinab geht. Die abgebildete Person könnte Kitty, die Ehefrau aber auch Jenny, die Ich-Erzählerin sein, das bleibt offen.
Chris Baldry kommt von der Front nach Hause. Äußerlich unversehrt, hat er jedoch seelische und geistige Verletzungen davongetragen; er hat durch einen Granatenschock einen Teil seines Gedächtnisses verloren. An die letzten fünfzehn Jahre kann er sich nicht mehr erinnern, ebenso wenig wie an seine Ehefrau Kitty. Bei seiner Ankunft ist sie eine Fremde für ihn. Lediglich seine Cousine Jenny ist ihm vertraut, und er sehnt sich nach seiner Jugendliebe Margaret. Diese ist verheiratet und lebt in ärmlichen Verhältnissen. Da sie Chris noch immer zugetan ist, erklärt sie sich bereit, zu ihm zu kommen, mit dem Einverständnis von Kitty und Jenny. Wie sie es auch drehen und wenden, es muss eine Lösung gefunden werden, und egal wie diese aussieht, wird irgend jemand seelische Verluste ertragen müssen. Die drei Frauen, jede auf ihre Art, tun alles, um Chris glücklich zu machen und dem realen Leben wieder zuzuführen.
Die ganze verfahrene Situation wird aus der Sicht von Jenny erzählt. Sie beschreibt ihre Gedanken und Empfindungen und versucht zu schlichten. Die tragischste Gestalt in der Geschichte ist Kitty, die schöne Ehefrau, die für ihren Mann eigentlich gar nicht existiert und die ertragen muss, dass er sich Margaret zuwendet, dieser Frau, die in Kittys Augen eher gewöhnlich ist. Umso schwerer fällt es Kitty, diese Konkurrenz zu akzeptieren. Jenny ist die selbstlose Vermittlerin, die für alle in gewissem Maße Verständnis hat, ohne selbst verstanden oder beachtet zu werden. Chris scheint glücklich zu sein, in seiner kleinen Welt, in die sich sein Geist nach dem Kriegstrauma geflüchtet hat. Dass seine Jugendliebe gealtert ist, nimmt er kaum wahr, sondern er blickt ihr in die Seele und sieht den liebevollen Menschen in ihr.
Bei Jenny hatte ich den Eindruck, dass sie hin und her gerissen ist zwischen Besorgtheit, Verständnis aber auch Verachtung, denn vor allem anfangs kann sie Margaret nicht akzeptieren, und man liest so manchen abfälligen Gedanken.
Das Ende bietet eine Lösung, ist aber doch in gewissem Sinn offen, und man kann sich selbst zusammenreimen, was die Protagonisten daraus machen.
Der Schreibstil ist schön und erfüllt von blumigen Umschreibungen. Man kann ihn einerseits genießen, aber ich muss gestehen, dass ich mich manchmal in den langen, verschnörkelten Sätzen regelrecht verirrt habe. Obwohl es sich eher um ein dünnes Buch handelt, ist es keinesfalls geeignet, es zwischendurch zu lesen, denn man muss sich konzentriert darauf einlassen. Dann wird man auf jeden Fall davon profitieren.
Rebecca West
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Rebecca West
Die Rückkehr
The Return of the Soldier
The Return Of The Soldier: Rebecca West (Virago Modern Classics, Band 413)
Black Lamb And Grey Falcon
The Fountain Overflows
Neue Rezensionen zu Rebecca West
„Eigentlich war sie zu uns allen großzügig gewesen, denn durch ihre Berührung hatten sich unsere Leben endlich zu einem Muster gefügt; sie war der schlichte Faden, der durch das Verweben mit unserem verstreuten Glanz irgendwie das Dessin hervorgebracht hatte, das sonst nie erschienen wäre.“
Inhalt
Als Chris Baldry auf sein englisches Adelsgut zurückkehrt, ist er nicht mehr derselbe. Durch einen Granatenschock hat er die Erinnerung an die letzten 15 Jahre seines Lebens verloren, deshalb erkennt er weder seine Ehefrau Kitty, noch betrauert er den Tod des gemeinsamen Sohnes. Stattdessen hat ihn der erste Weltkrieg mental auf die Stufe seines jugendlichen Ichs zurückgeworfen, in eine Zeit, in der Status und Ansehen für ihn noch keine Rolle spielten. Sein sehnlichster Wunsch ist es nun, seine Jugendliebe Margaret wiederzutreffen, die mittlerweile selbst verheiratet ist und in ärmlichen Verhältnissen lebt. Und während sich Kitty und Chris Cousine Jenny bemühen, den Hausherren zu kurieren, indem sie Margaret einladen, um ein Treffen zu ermöglichen, bleibt Chris lange Zeit ein Schatten seiner selbst, der in der Gegenwart nur wenig Seelenfrieden empfindet, während ihn die Vergangenheit glücklich macht.
Meinung
Dieser Debütroman der verstorbenen amerikanischen Autorin Rebecca West aus dem Jahre 1918 ist der einzige zeitgenössische Roman aus der Feder einer Frau über den ersten Weltkrieg. Somit hat dieser kurze Text wohl auch einen gewissen historischen Wert, der sich in erster Linie mit den gesellschaftlichen Zusammenhängen beschäftigt.
Literarisch betrachtet ein Klassiker, der auch in seiner Wortwahl etwas antiquiert wirkt und dadurch keine direkte Verbindung zum Leser aufbaut. Sehr anschaulich und äußerst interessant wird der Gewissenskonflikt der Familie gegenüber dem zurückgekehrten Soldaten und ihres gesellschaftlichen Status zum Ausdruck gebracht. Kitty, Chris und Jenny sind sehr betucht, sie leben wohlhabend und eigentlich ziemlich sorgenfrei auf ihrem Gut, während der Rest der Bevölkerung in Armut versinkt, oder um sein tägliches Überleben kämpft. Man merkt besonders der Erzählerin Jenny an, wie tiefgreifend die plötzlichen Belastungen durch die Treffen zwischen Chris und Margaret für ihr Weltbild sind.
Dementsprechend durchläuft sie auch eine gewisse Wandlung – von der Cousine, die Abstand hält hin zu einer Frau, die in Margaret tatsächlich etwas sieht, was ihr schäbiges Äußeres überstrahlt, nämlich Herzensgüte und Emotionalität und damit einen Menschen, dem sie durchaus Respekt entgegenbringen kann.
Insgesamt konnte mich dieser Roman aber nicht wirklich überzeugen, denn er bleibt so ungewiss, so emotionslos und eigentlich voller blasser Charaktere. Während ich mir eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Befinden des Zurückgekehrten gewünscht habe, schwelgt der Text in gesellschaftskritischen Äußerungen. Jeder Protagonist bekommt eine klare Rolle zugesprochen, die er dann auch erwartungsgemäß erfüllt, so dass die Entwicklung bereits zu Beginn vorgezeichnet ist. Weder der Krieg, noch die innerfamiliären Beziehungen stehen im Mittelpunkt, sondern in erster Linie drei Menschen, die irgendwie versuchen, Normalität in ihren Alltag zu bringen, die es so nicht wieder geben wird.
Fazit
Ich vergebe 3 Lesesterne für diesen gesellschaftskritischen Roman über die Last der fehlenden Erinnerung und den Versuch in ein gewohntes Umfeld zurückzukehren, in dem sich nichts mehr vertraut anfühlt. Wer Klassiker mag, kann diesem Text sicherlich mehr abgewinnen, denn er eignet sich wunderbar für verschiedene Gedankenspiele, für diverse Szenarien und ganz allgemein für Gesprächsrunden, denn er gibt wenig vor und lässt vieles offen, es bleibt eine Menge Interpretationsspielraum. Ich habe leider keinen Zugang dazu gefunden, nicht unbedingt wegen der Geschichte, sondern in erster Linie auf Grund der distanzierten Erzählweise.
Die Rückkehr
Rebecca West wurde am 21.Dezember 1892 in London geboren und verstarb am 15.März 1983. Sie arbeitete auch als Journalistin und beobachtete für den Daily Telegraph den Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. Sie war einige Jahre die Geliebte von H.G.Wells ( Die Zeitmaschine )
Dieser Roman kann auch als Fortsetzung zu Erich Maria Remarques Buch „Im Westen nichts Neues“ gelesen werden. Während Remarque die Leiden und Schrecken des 1.Weltkrieges an der Front beschreibt, erzählt dieser Roman, über das Leiden der Menschen als Folge des 1.Weltkrieges.
Die Geschichte spielt in einem eleganten Landhaus auf einer Anhöhe in Horrowweald, in der Nähe von London. Jenny die Ich-Erzählerin und unverheiratete Cousine von Chris Baldry, und seine Ehefrau Kitty verwalten das Anwesen, nachdem ihr Ehemann Chris im 1.Weltkrieg ist. Der Sohn Oliver, von Kitty und Chris ist bereits als Kind verstorben. Der Roman erklärt nicht den Tod von Oliver. Beide Frauen verehren Chris und verschönern das Landgut für den abwesenden Chris. Chris wird als liebenswürdig und charmant beschrieben.
Kitty und Jenny erhalten einen Besuch von Margarete Grey, die von Chris ein Telegramm erhalten hat in dem sie mit ihrem Mädchennamen angesprochen wird. Chris leidet unter einem Granatenschock, der moderne medizinische Begriff lautet:Kriegstrauma
Folge dieses Kriegstrauma ist eine Amnesie und Chris besitzt keine Erinnerungen an die letzten 15 Jahre. Er kehrt in das Landhaus zurück und fühlt sich fremd, und hat kaum Erinnerungen, an seine Ehe mit Kitty.
Er konfrontiert seine Frau mit dem Wunsch unbedingt seine Jugendliebe Margarete Grey zu sehen Es ist für Kitty schwer zu ertragen, dass ihr Ehemann sich nur an seine Jugendliebe Margarete erinnert. Kitty und Jenny sind im Leben von Chris ausgeschlossen und mit diesem Zustand können sich beide nur schwer abfinden.
Dieser Roman ist auch eine Beschreibung der englischen Klassengesellschaft. Kitty und Jenny sind aus der englischen Oberschicht, während Margarete Grey in einer armen Wohngegend lebt, und auch wegen ihrer einfachen Kleidung von Kitty und Jenny abschätzig betrachtet wird.
Jenny bringt Margarete Grey in das Landhaus. Ein Arzt untersucht Chris und führt eine Freudsche Psychoanalyse durch, mit Traumdeutungen und einer Analyse der Beziehungen von Chris zu seinen Eltern. Die Diagnose des Arztes:Chris versetzt sich mit der Amnesie in eine glücklichere Zeit zurück. Es ist auch eine gleichzeitig eine Rückkehr für Margarete in eine glücklichere Zeit, denn Margarete ist noch immer in Chris verliebt
Margarete macht aber trotzdem einen Vorschlag um Chris in die Gegenwart zurück zu bringen.Chris soll zurückgeholt werden, mit den Anziehsachen seines toten Sohnes Oliver. Margarete soll ihm die Kleidungsstücke zeigen. Margarete weigert sich, denn Chris soll glücklich bleiben und nicht wieder in den Krieg zurückkehren und deswegen in der Vergangenheit bleiben.
Dieses Buch ist eine Liebesgeschichte und beschreibt die psychologischen Beziehungen der Personen. Der Roman erschien vor hundert Jahren, und erst jetzt in Deutschland. Ich kann diesem Buch nur viele Leser wünschen !
Hier ist meine Videobesprechung:
https://youtu.be/DIAYxKdXQm4
Gespräche aus der Community
Die Leserunde beginnt am 10.12.2016.
Wir wollen ein bisschen Leben in die altehrwürdige Literaturwelt bringen. Daher haben wir beschlossen, einige Klassiker gemeinsam zu lesen.
!!! Wichtig: Bei dieser Leserunde lesen wir unsere eigenen Bücher, es werden keine Exemplare verlost !!!
Für den Dezember haben wir uns „Die Rückkehr“ von Rebecca West vorgenommen.
Klappentext:
Eine kostbare literarische Entdeckung, eine berührende Liebesgeschichte Ein englisches Landgut im Süden Londons während des Ersten Weltkriegs: Die zwei Frauen Jenny und Kitty Baldry kümmern sich um das Anwesen der Familie, während der Herr des Hauses, Kittys Ehemann und Jennys Cousin Chris, in Frankreich an der Front ist. Schon bald muss er versehrt nach Hause zurückkehren. Doch es ist keine der üblichen Kriegsverletzungen, die ihn in Mitleidenschaft gezogen hat: Er leidet unter einem Granatenschock, einem schrecklichen Trauma, das ihn glauben lässt, wieder zwanzig Jahre alt zu sein. Alles um ihn herum ist ihm fremd, selbst seine eigene Ehefrau. Obwohl Kitty diese Kränkung kaum ertragen kann, sucht sie gemeinsam mit Jenny und Margaret, einer alten Liebe von Chris, einen Weg, um ihren Mann ins Jetzt zurückzuholen. Rebecca Wests Debütroman von 1918 liegt damit erstmals auf Deutsch vor. Er ist der einzige von einer Frau während des Ersten Weltkriegs verfasste und veröffentlichte Roman über den Krieg. 1982 wurde er mit Alan Bates und Julie Christie in den Hauptrollen verfilmt.
Die Leserunde beginnt am 10.12.2016 und die Klassiker-Leserunden-Gruppe freut sich über jeden, der mit uns „Die Rückkehr“ lesen will.
Wichtig ist, dass es auch von diesem Klassiker verschiedene Ausgaben geben kann.
Sollten hier markante Unterschiede auffallen, gebt bitte in der Rubrik Meine Ausgabe Bescheid, damit wir die Einteilung dementsprechend anpassen können. Soweit man sich in der Leserunde orientieren kann, ist natürlich jede Version in Ordnung.
Wir freuen uns über zahlreiche TeilnehmerInnen!
• Bitte schreibt eure Beiträge in die bestehenden Kategorien, damit die Leserunde übersichtlich bleibt.
• Bitte denkt auch daran, den Spoiler-Haken zu setzen!
Zur Einteilung der Leseabschnitte
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1. Leseabschnitt: Kapitel I - II
2. Leseabschnitt: Kapitel III - IV
3. Leseabschnitt: Kapitel V - Ende