Cover des Buches Klappe zu Balg tot (ISBN: 9783940680396)
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Rezension zu Klappe zu Balg tot von Regina Schleheck

Dem Volk aufs Maul geschaut.

von RitaLeseviel vor 11 Jahren

Rezension

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RitaLesevielvor 11 Jahren

„Bitterböse Kurzgeschichten“ lautet die Unterschrift auf Regina Schlehecks Buch „Klappe zu - Balg tot“. Um genau zu sein sind es 24 Kurzgeschichten, die sich fantasiereich um die Themen Kinder und Beziehungen ranken.

Der Buchtitel lässt schon ahnen, dass der Leser hier nicht unbedingt mit Samthandschuhen angefasst wird. In dem 139 Seiten umfassenden Band erzählt die Autorin von missverstandenen und misshandelten Frauen und Männern, von unschuldigen und schuldigen Kindern, von erotisierenden Schokoladen Weihnachtsmännern, von Glückskindern und seltsamen Taxifahrern und vielen kruden Zeitgenossen mehr.

Was sich in der Aufzählung noch trocken anhört, wird dem Leser ein ums andere Mal vielleicht den Mund offen stehen, das Gesicht vor Ekel verziehen oder die Schamesröte ins Gesicht steigen lassen. Regina Schleheck schreibt klar und direkt und wählt in ihren Geschichten eine nachdrückliche und erklärungsfreie Sprache. Dass dabei Worte wie ficken, Eier oder ineinandervervögelt fallen, sei hier nur am Rande erwähnt. Denn manchmal ist es auch nur ein einfaches „Knack“, was die Situation im Text unterstreicht oder den Leser kurz innehalten lässt.

Mit ihrer Art zu schreiben erzeugt Regina Schleheck zweifelsfrei nicht nur Bilder im Kopf des Lesers

„Meine Finger erwärmten sich und mit ihnen die Weihnachtsmänner. Das Stanniol knisterte, die Leiber wölbten sich, blähten sich wollüstig meiner Hand entgegen …“,

sondern zieht ihn in einen Sumpf der Gefühle und Vorahnungen.

„Warum da keine Haare seien, hatte ich wissen wollen, als er meine Hand in seinen Schritt führte.“

Man muss annehmen, dass Regina Schleheck eine besonders aufmerksame Zeitungsleserin ist. Die Geschichten scheinen zunächst weit ab der Realität, entwickeln schnell eine Eigendynamik, so dass am Ende des Textes ein Rest von „das habe ich doch schon mal so ähnlich gelesen oder gehört“ bleibt. Letztendlich schaut sie dem Volk aufs Maul, unter die Bettdecke und in die wirre Gedankenwelt hinein, legt hier und da noch eine kleine Schüppe mehr drauf und hinterlässt mehr als nur ein Stirnrunzeln.

Auf den Punkt gebracht - mir hat das Lesen der Kurzgeschichten ausgesprochen gut gefallen. Sie fallen meines Erachtens aus dem üblichen Rahmen, unterhalten nicht ausschließlich, sondern regen auch zu Nachdenken und zeitweise zum Verständnis an. Hier wird nicht mit ungewöhnlichen Auflösungen kokettiert, sondern das tatsächliche Grauen der Welt vor Augen geführt.

Leseempfehlung? Zweifelsfrei – ja!

Für wen? Für alle, die glauben vorurteilsfrei durch die Welt zu gehen – sie werden hier eines besseren belehrt. Für Leser die eine direkte, teilweise unverfrorene Schreibweise zu schätzen wissen.

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