René Pfister

 3,8 Sterne bei 5 Bewertungen

Lebenslauf

René Pfister, geboren 1974, studierte Politik- und Kommunikationswissenschaften in München und arbeitete nach der Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule für die Nachrichtenagenturen ddp und Reuters. 2004 wechselte er zum SPIEGEL, wo er vor allem über die Unionsparteien und Angela Merkel schrieb. Ab 2015 leitete er das Hauptstadtbüro des SPIEGEL, seit 2019 ist er Büroleiter des SPIEGEL in Washington. 2014 erhielt er gemeinsam mit Kollegen den Henri-Nannen-Preis für eine Recherche über den Lauschangriff auf das Handy von Kanzlerin Merkel. Sein Buch »Ein falsches Wort. Wie eine neue linke Ideologie aus Amerika unsere Meinungsfreiheit bedroht« wurde zum Bestseller.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von René Pfister

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783328110521)

Ein falsches Wort

 (5)
Erschienen am 11.10.2023
Cover des Buches Helmut Kohl - Ein deutsches Drama (ISBN: 9783877631157)

Helmut Kohl - Ein deutsches Drama

 (0)
Erschienen am 04.07.2017

Neue Rezensionen zu René Pfister

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783328110521)
Georg333s avatar

Rezension zu "Ein falsches Wort" von René Pfister

Zahm! Analytisch Beßeres & Top-auf-den-Punkt-Bringer: Rainer Mausfeld, Noam Chomsky, Joachim Sonntag, Alex Demirovic, Collin McMahon,, Ullrich Mies...! Fazit: Ein teils interessanter, aber kritikwürdiger kleiner Beitrag (links/rechts?) in der "Endzeit" zu NWO, Entdemokratisierung, Totalitarismus, "gänzliche Entartung" (Bertha Dudde); Diese sind unaufhaltsamen auf dem Vormarsch wie PROPHEZEIT (Bibel, Jakob Lorber)! 18 S. Kapitel-gegliederte Endnoten! Kein Stichwort-Register!
Georg333vor 5 Monaten

1) Fazit: a) M.E. viel Belangsloses & Bekanntes in einer Zeit der größten Umbrüche!
Wer Literatur folgender Top-Autoren liest, wird erkennen, was ich meine:
Rainer Mausfeld, Noam Chomsky, Joachim Sonntag, Alex Demirovic, Collin McMahon,, Ullrich Mies, Jaroslav Langer, 

b) Editorisch schlecht bzw. nachläßig gemacht:
- Kein Sach- & Personen-Register!
- Zum Teil positiv: 18 S. Kapitel-gegliederte, sehr kurze Endnoten,
Diese aber fast ausschließlich als Internet-Hyperlinks ohne Erläuterung oder Original-Titel ausgeführt sind! Dies reduziert den Wert der Adreßen bzw. den Lesernutzen errheblich, insbesondere in der Druckversion eines solchen Buches!

c) Nannen-Preis  aberkannt! abendblatt.de

d) Ist die politische Unterscheidung in "Rechte", "Linke" & "Mitte", die der Autor hier so gern benutzt, nicht scheinheilig, verwirrend,  demagogisch & vom eigentlich Wichtigen ablenkend?

2) Hilfreiches
a) Hörprobe: youtube: René Pfister - Ein falsches Wort - Hörbuch-Download
b) b) abendblatt.de: 2011: "Jury erkennt "Spiegel"-Redakteur [Yascha Mounk] Nannen-Preis ab...Erstmals muss ein Journalist den Preis zurückgeben. Er hatte in seiner Reportage eine Situation geschildert, die er so nie erlebt hat."
c) de.wikipedia Rene Pfister: "Kontroverse um Artikel über Horst Seehofer 2011" 

3) Bücher-Empfehlungen zu ähnlichen Themen:
Yascha Mounk Im Zeitalter der Identität Der Aufstieg einer gefährlichen Idee", Klett-Cotta, 2024,
“Wie man gegen Identitätspolitik argumentiert, ohne sich in einen reaktionären Spinner zu verwandeln. « Steven Pinker
"...Doch die einst gesunde Wertschätzung der eigenen Identität hat sich in eine kontraproduktive Obsession verwandelt: Der Ruf nach einer Gesellschaft, in der sich fast alles um diese starren Kategorien dreht, befeuert die Polarisierung, stellt Formen des Austausches unter Generalverdacht einer kulturellen Aneignung und begünstigt sogar »Rassentrennung« – verhindert also eine echte Gleichheit. Yascha Mounk erläutert die Ursprünge, Folgen und Grenzen dieser Entwicklung, liefert eine differenzierte Begründung dafür, warum sich die Durchsetzung identitärer Ideen als kontraproduktiv erweist – und beschreibt anhand vieler konkreter Beispiele, wie humanistische Werte und Maßnahmen einen besseren Weg in eine gerechte Gesellschaft weisen können...." 

4) Rezensionen
a) perlentaucher.de: "Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.01.2023
René Pfister ist kein Fan der Critical Race Theory und der Cancel Culture, das wird Rezensent Hilmar Klute bei der Lektüre von "Ein falsches Wort" schnell klar. Pfister recherchiert journalistisch sauber, wie sich in den USA ein moralischer und moralisierender Kulturkampf entwickelt hat, der gerne mit dem Begriff "Woke" bezeichnet wird, und legt anhand verschiedener Beispiele vorwiegend aus dem Bereich der Wissenschaft dar, worin die Bedrohung dabei liegt, erklärt der Kritiker. Er schwankt bei der Lektüre zwischen Entsetzen und Amüsement, hat der Autor ihn doch überzeugen können, dass das "Canceln" ziemlich absurde Ausmaße annehmen kann und Political Correctness bei Firmen nicht selten auch einfach nur dazu dient, die eigenen Produkte besser zu verkaufen. Dass es in Deutschland auch schon so weit sein könnte, glaubt Klute nicht, er empfiehlt Pfisters Buch als ein "beeindruckendes Sittengemälde" vor allem der USA.

b) perlentaucher.de: "Lesen Sie die Rezension bei buecher.de: Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.10.2022
René Pfister, Spiegel-Korrespondent in Washington, fühlt sich im linksliberalen Milieu der USA nicht wohl. Er sieht sich im Zeichen von Wokeness laufend neuen Denkverboten unterworfen, wie Thomas Ribi Pfisters Buch entnimmt, und wehrt sich deshalb gegen "organisierte Empörung." Der Rezensent lobt die durchgängig differenzierten Betrachtungen des Autors, der nicht müde werde, sich auch der Gefahr von Rechts zu widmen, was aber nicht bedeute, andere (linke) politische Phänomene ignorieren zu können. Pfister habe überzeugend dargelegt, dass die "Woke-Ideologie" den Diskurs beherrscht und zu vergiften droht, resümiert Ribi"

5) INHALT
1 Warum die Demokratie auch von links bedroht wird – ein Vorwort
2 Ian Buruma oder: Es kann jeden treffen
3 Alles ist Diskurs oder: Die neue Sprache der Macht
4 Dorian Abbot oder: Der Terror der Minderheit
5 Campus Culture oder: Wie Universitäten zu geistigen Klöstern werden
6 Die Medien oder: Wie Parteilichkeit zur Tugend wird
7 David Shor oder: Wie sich das linke Lager von der Realität abschottet
8 Woke Capitalism oder: Ausbeutung, aber politisch korrekt
9 Ibram X. Kendi oder: Antirassismus als bürokratisches Perpetuum mobile
10 Eine neue Religion oder: Meine große Schuld
11 Chris Rufo oder: Cancel Culture von rechts
12 Identitätspolitik oder: Wie sich die Linke ihr Grab selbst schaufelt
13 Die Mühen der Demokratie oder: Warum wir den produktiven Streit brauchen
Dank
 Anmerkungen

6) Zitate aus dem Rezensionsbuch
a) "Meine These ist:
Linke Identitätspolitik schadet vor allem der politischen Mitte und dem aufgeklärten Lager [? Was versteht er darunter?]. Sie hilft einem
bestimmten politischen Milieu, sich selbst zu vergewissern und sich in der Meinung zu bestärken, mit einer höheren Moral
ausgestattet zu sein. Die Dogmen und Glaubenssätze in dieser kleinen Blase aber sind so rigide, dass sie auf eine Mehrheit
der Wählerinnen und Wähler abstoßend wirken – und zwar ganz unabhängig von Geschlecht und Hautfarbe."

b) "Man muss Joe Biden zugutehalten, dass er die politischen Kräfte hinter der Wahl Trumps verstanden hat. Er hat sich als
ein Mann aus einfachen Verhältnissen präsentiert, dem die Main Street am Herzen liegt, nicht die Wall Street. [???] Das allerdings
kann man nicht von allen Teilen der demokratischen Partei behaupten..."

c) Ich habe als Journalist fast 20 Jahre lang über die CSU geschrieben, deren Erfolgsmodell immer auf Identitätspolitik
beruhte. Ich war auf unzähligen »weiß-blauen Stammtischen« in der bayerischen Landesvertretung in Berlin, wo Weißwürste und
süßer Senf gereicht wurden, während CSU-Männer (und es waren fast immer Männer) die Anliegen des Freistaates erklärten. Seit Gründung der Bundesrepublik melden die Bayern ihre Spezialinteressen an, die sie mit einer Mischung aus Größenwahn und Gereiztheit durchsetzen. Als nach der Bildung der Ampelkoalition im Dezember 2021 feststand, dass kein einziger Minister aus Bayern am Kabinettstisch sitzen wird, hätte die Empörung in München nicht größer sein können.Das Beispiel der CSU illustriert den Erfolg, aber auch die Grenzen von Identitätspolitik. Sie kann enorm mobilisieren, wie man in Bayern sieht, wo die CSU seit über 60 Jahren den Regierungschef stellt. Aber sie kann auch sehr abstoßend wirken, was man an der Tatsache ablesen mag, dass es trotz zweier Anläufe nie ein CSU-Mann geschafft hat, zum Bundeskanzler aufzusteigen. Sowohl Edmund Stoiber als auch Franz Josef Strauß waren mit ihrem offensiv vorgetragenen alpenländischen Selbstbewusstsein vielen Deutschen jenseits des Mains suspekt. Wer in der Politik ganz nach oben will, lässt von Identitätspolitik lieber die Finger.

d) 12 IDENTITÄTSPOLITIK ODER: WIE SICH DIE LINKE IHR GRAB SELBST SCHAUFELT
Ein häufiger Einwand gegen Kritik an linker Identitätspolitik lautet: Wo bitte liegt der Schaden? In Deutschland ist weit und
breit keine Figur wie Chris Rufo in Sicht, der mit einer Kampagne gegen Gendersternchen und Antirassismus-Kurse die
Massen mobilisieren würde. Die AfD ist weit davon entfernt, so mächtig zu werden wie die Republikaner in den USA. Und
was hat es mit der Meinungsfreiheit in Deutschland zu tun, wenn ein Magazin wie die »New York Review of Books« den
Chefredakteur auswechselt? Wer, bitte schön, wurde im deutschen Journalismus gecancelt?

Ich habe nicht wenige Freunde und Kollegen, die so denken.
Manche sind genervt von der sprachlichen Empfindlichkeit, die
sich in den vergangenen Jahren breitgemacht hat. Sie rollen mit
den Augen, wenn ihnen das Rechtschreibprogramm anzeigt,
dass »Flüchtling« ein sensibler Begriff ist, auf den man besser
verzichten sollte. Sie finden es lächerlich, wenn über die
Schriftstellerin J. K. Rowling ein Shitstorm hinwegrollt, wenn sie
anmerkt, dass es für »Menschen, die menstruieren« doch ein
geläufigeres Wort gebe. Sie machen sich darüber lustig, wenn
»Fridays for Future« eine weiße Sängerin auslädt, weil sie
Dreadlocks trägt.
Aber sind das nicht Petitessen, wenn man auf das größere Bild
schaut? Geht es nicht darum, sagen meine Freunde, den
Kampf gegen Rassismus aufzunehmen? Gegen die
Diskriminierung von Frauen und Transgender? Und bringt nicht
jede Umwälzung notwendigerweise auch Ungerechtigkeiten und
Übertreibungen mit sich, die man im Namen der höheren
Sache akzeptieren muss? Fallen, wo gehobelt wird, nicht Späne?
Es ist ein Argument, über das es sich nachzudenken lohnt. Als
ich Ende 2004 beim SPIEGEL anfing, gab es unter den 21
Redakteuren im Berliner Hauptstadtbüro eine einzige Frau."

e) 10 EINE NEUE RELIGION ODER: MEINE GROSSE SCHULD
Im April 2021 erschien auf der Homepage des Theater Bremen
ein Aufsatz des Intendanten Michael Börgerding. Der Text
drehte sich um den Regisseur Armin Petras, mit dem
Börgerding, wie es in der Überschrift hieß, eine
»Arbeitsfreundschaft« unterhält. Es war eine Formulierung, die
schon durchblicken ließ, dass es angeraten sein könnte, etwas
Abstand zu Petras zu halten. Petras ist Hausregisseur am
Theater Bremen, eine Personalie, die unter anderen Umständen
keiner weiteren Begründung bedurft hätte. Petras ist seit vielen
Jahren eine feste Größe in der deutschen Theaterszene. Ein
progressiver Künstler, der für seinen behutsamen Umgang mit
Schauspielern bekannt ist und sechs Jahre lang das
renommierte Maxim-Gorki-Theater in Berlin geleitet hatte.
Nun aber war Petras in die Schlagzeilen geraten, weil er im
Jahr 2019 bei Proben zu einer Adaption von »Dantons Tod«
in Düsseldorf den schwarzen Schauspieler Ron Iyamu nicht bei
seinem Namen gerufen hatte. Iyamus Rollenname lautete
»Toussaint Louverture, ein ehemaliger Sklave«. Aber Petras
nannte den Schauspieler in den Proben mehrfach nur »Sklave«,
was dieser später – neben anderen Vorfällen – in seiner
Diplomarbeit mit dem Untertitel »Ein Erfahrungsbericht über
Rassismus in der deutschen Schauspielszene« öffentlich machte.
157 Der »Rassismus-Skandal«, wie ihn die »taz« nannte, schlug
hohe mediale Wellen: Der WDR berichtete, die »Zeit« und fast
alle großen Tageszeitungen. Die nordrhein-westfälische
Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen und der Düsseldorfer
Oberbürgermeister Stephan Keller forderten eine konsequente
  Aufarbeitung.


Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783328110521)
wordworlds avatar

Rezension zu "Ein falsches Wort" von René Pfister

Hinter dem provokanten Titel verbirgt sich ein sehr interessantes Sachbuch!
wordworldvor einem Jahr

René Pfisters "Ein falsches Wort" wurde mir zum Geburtstag geschenkt, hat bei mir aber erstmal Widerstand ausgelöst, da ich als eher linke Akademikerin genau im Fokus des Buches stehe. Da ich aber immer gerne bereit bin, mein Weltbild zu hinterfragen und meine Meinungen zu ändern, war ich sehr gespannt auf die Argumente des Autors. 


Die Aufmachung des Buches ist sehr schlicht, aber mit den starken Kontrasten, der gespiegelten Schrift und dem aufmerksamkeitsheischenden Titel etwas zu dramatisch für meinen Geschmack. Rückblickend finde ich, dass der Titel und besonders der Untertitel nicht sehr gut zum Ton und der Aussage des Sachbuches passen, was sich auch in den teilweise sehr unterhaltsamen Rezensionen zu "Ein falsches Wort" widerspiegelt. Da gibt es die linke Fraktion, die sich von dem Titel angegriffen fühlt und das Buch scheinbar nur gelesen hat, um sich über den Autor aufzuregen und die rechte Fraktion, die ein polemisches Wettern gegen "Cancel Culture" und "Wokeness" erwartet hat und von den progressiven Gedanken und dem sachlichen Ton des Autors enttäuscht waren. Denn - und das muss man in einer Rezension gleich zu Beginn erwähnen - das Buch ist anders als der provozierende Titel erwarten lässt aus einer liberalen und nicht aus einer konservativen Perspektive geschrieben. René Pfister profiliert sich schon absichtlich im Vorwort als progressiver Denker und bringt auch im Laufe der Kapitel immer wieder negative Kommentare zur politischen Rechten an, die dem Autor allerdings mehr dazu dienen, sich selbst als Liberaler zu positionieren als das Buch voranzubringen. 


Besonders seine ruhige und sachliche Art und Weise zu argumentieren, die an einigen Stellen von einem humorvollen Unterton geprägt ist, aber nicht zu Übertreibungen oder Provokationen neigt, hat mich dabei positiv überrascht und dazu geführt, dass ich das Buch trotz einiger inhaltlicher Differenzen gerne bis zum Ende gelesen habe. Nebenbei analysiert der Autor die politischen Entwicklungen in den USA der letzten Jahrzehnte. Das dortige politische Klima ist durch das spezielle Wahlsystem, die Größe des Landes und seine Historie nicht direkt mit unserem in Deutschland zu vergleichen. Dem Autor gelingt es allerdings trotzdem, immer wieder Rückbezüge nach Deutschland anzustellen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob sich die politische Linke in ihrem Kampf für die Freiheit und Gleichheit des Individuums selbst der Diskriminierung, Zensur und Beschneidung der Meinungsfreiheit schuldig macht. Eine interessante Perspektive, über die ich gerne nachgedacht habe.


Dennoch gibt es meiner Meinung nach einige objektive Schwächen und einige Punkte, über die ich mich von meinem subjektiven Standpunkt aus geärgert habe. Zunächst ist zu kritisieren, dass der Autor immer wieder die gleichen Argumente anhand von unterschiedlichen Beispielen wiederholt. Dabei greift er aufgeteilt in 13 Kapitel häufig besonders extreme Beispiele für negative oder übertriebene Auswirkungen oder Auslegungen der "Cancel Culture" wie Twittermobs heraus und vernachlässigt dabei, dass neben diesen Fällen etliche ungenannt bleiben, in denen solche Bemühungen gerechtfertigt waren und das Leben vieler zum Besseren verändert hat. Es scheint René Pfister bei der Beschreibung der überspitzten Fälle mehr darum zu gehen, unnötige Überreaktionen deutlich machen, als sich inhaltlich mit den Gedanken dahinter auseinanderzusetzen. Das zeigt sich auch in der enormen Bandbreite der politischen und gesellschaftlichen Themen, die nebenbei aufkommen. Von Gendern über Antirassismus und Rassismus bis hin zu Sexismus, Intersektionalität, Transrechte, Me-Too und Fridays for Future kommen so viele verschiedene Themen auf, die inhaltlich alle in einem eigenen Buch diskutiert werden könnten und demnach häufig sehr oberflächlich bleiben. Selbstverständlich geht es dem Autor weniger um die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Themen, sondern mehr um die Hervorhebung des Dogmatismus und der teilweise aggressiven Debattenkultur der akademischen Linken. Für die Darstellung dieses Standpunkts hätte allerdings ein 20seitiger Essay ausgereicht und uns viele Wiederholungen erspart.


Neben den objektiven Schwächen wie Wiederholungen, den bewusst überspitzten Beispielen und der inhaltlichen Oberflächlichkeit an einigen Stellen, konnte ich persönlich auch viele Argumente nicht nachvollziehen, da mir die zitierten Positionen der Gegenseite, die er versuchte zu entkräften, sofort einleuchtender waren. Ich finde es durchaus richtig, Ideologien zu hinterfragen, die den Anspruch auf die vollkommene Wahrheit erheben und kann in den vom Autor geschilderten Vorkommnisse auch teilweise problematische Entwicklungen erkennen, dennoch kann ich ihm nicht in allen Punkten zustimmen. Dazu muss man verstehen, dass er zwar aus einer liberalen Perspektive schreibt, es allerdings dennoch die Sicht eines privilegierten, weißen Mannes ist, der von außen auf eine Gesellschaft blickt, die er zwar analysiert, aber deren täglichen Kampf und Leidensdruck er nicht versteht. Zwar stimme ich ihm insofern zu, dass der Diskurs verarmt, wenn sich nur noch persönlich Betroffene in einer Debatte zu Wort melden dürfen, er macht sich aber leider auch wenig Mühe, die Antriebskräfte der von ihm kritisierten jüngeren Generation zu verstehen. Denn die Frage ob Widerstand gegen ein etabliertes System zu Recht oder zu Unrecht geschieht, liegt immer im Auge des Betrachters und hängt davon ab, ob der Grund des Wiederstandes mit dem eigenen Weltbild deckungsgleich ist oder nicht. Dass er also beispielsweise die vergangene Bürgerrechtsbewegung und heutige Bewegungen wie Fridays for Future mit zweierlei Maßen bewertet, ist unfair und von seinem eigenen Weltbild geprägt.


An manchen Stellen ist mir seine Argumentation außerdem kurzsichtig und geradezu naiv erschienen. Wenn beispielsweise verurteilt wird, dass in der Wissenschaft Personalentscheidungen politisiert werden und bevorzugt diskriminierte Minderheiten eingestellt werden, argumentiert er, Exzellenz und Arbeitsqualität sollen die einzigen Maßstäbe sein. Als ob nicht jede Personalentscheidung immer politisiert und von systemischen, gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und verinnerlichten Verhaltensmustern geprägt ist und seit Jahrhunderten Entscheidungen, die vordergründig nur die Exzellenz anführen, zugunsten von privilegierten Gruppen getroffen werden. In einer perfekten Gesellschaft würde alleinig die Qualität zweier Bewerbende ausschlaggebend sein für die Entscheidung, leider sind wir davon aber noch weit entfernt und solange das System noch systematisch gewisse Gruppen benachteiligt (beispielsweise sorgen riesige Hürden im amerikanischen Bildungssystem dafür, dass systematisch privilegierte, reiche Personen an Universitäten bevorzugt werden), ist die Nicht-Berücksichtigung dieser Diskriminierung bei Entscheidungen bedenklich. Auch das Argument, dass von sogenannten "Affirmative Actions" (also der kompensatorischen Bevorzugung von ansonsten diskriminierten Personen) Personen profitieren würden, die nie Diskriminierung erfahren haben, finde ich fragwürdig. Der Autor bezieht sich hierbei besonders auf schwarze und Weiße Personen, man kann die Argumente aber auf andere Formen von Diskriminierung übertragen. Egal ob Erlebnisberichte von PoC oder Statistiken zu Arbeitslosigkeit, Polizeigewalt, materiellem Reichtum oder Gefängnisaufenthalten (die der Autor übrigens selbst anführt) - es ist trotz Fortschritte in den letzten Jahrzehnten keinesfalls davon auszugehen, dass systematischer Rassismus überwunden wurde und dieser alle Angehörigen der Minderheit betrifft (wenn auch in verschiedenen Ausmaßen - Stichwort: Intersektionalität).


Auch René Pfisters Meinung zu Mikroaggressionen kann ich nicht teilen. Die schädliche Wirkung von Mikroaggressionen auf das Wohlbefinden und die mentale Gesundheit von Betroffenen sind mehrfach nachgewiesen und keinesfalls ein Ausdruck von "Überempfindlichkeit". Und das Erkennen von solchen Mikroaggressionen führt im besten Fall nicht zu Schweigen und Angst, sondern zu Verstehen und Veränderung. Es geht bei der Debatte ja nicht darum, Weiße Menschen zu bösartigen Tätern und schwarze Menschen zu Opfern zu machen, sondern darum, Verständnis und Fingerspitzengefühl zu fördern. Generell finde ich die unterschwellige Bezeichnung der heutigen Studentenschaft als "empfindlich", die sich aus seinen Argumenten zu Mikroaggressionen, aber auch zu Sprache finden lässt, sehr ärgerlich. Sensibilisiert zu sein für Themen, über die sich vor einigen Jahren noch keiner Gedanken gemacht hat und der Versuch, sich selbst vor den negativen Auswirkungen zu schützen, die die Umwelt auf einen haben können, würde ich nicht als empfindlich bezeichnen. 


Denn auch wenn ich vollkommen hinter offenen Diskussionen als Treiber von Fortschritt und neuen Ideen stehe bin ich der Meinung, dass es in einer offenen Meinungsschlacht, in der alles gesagt werden darf, auch zu schwerwiegenden Folgen kommen kann. Denn ist ein lauter Streit immer gerecht und hilfreich? Oder ist vielleicht auch ein bisschen Aktivismus nötig, um Minderheiten im offenen Streit zu unterstützen, die sonst untergehen würden...?  Auch das Argument des Autors, dass die Linke zu wenig offenen Diskurs mit unangenehmen Fragen und unangenehmen Meinungen zulässt, finde ich ein wenig kurzsichtig. Denn der Wunsch nach Konformität und wenig Anecken ist meiner Meinung nach weniger ein Problem, das aus dem linken Gedankengut an sich, sondern eher dem allgemein immer ruppig werdenden Umgangston, der aktuellen Diskussionskultur sowie der Schnelllebigkeit und Verbreitung von Meinungen im Internet zuzuschreiben ist. Unter Shitstorms, Blasenbildung durch Algorithmen und der Durchsetzung der lautesten Stimme leidet der Diskurs sowohl von rechts als auch von links, das kann man also nicht dem Inhalt der Argumente und einer generellen Unfähigkeit der neuen Linken anrechnen. 


Außerdem spielt die Frage nach dem Ton der Debatte eine große Rolle, bei der Frage, ob man sich in ihr engagieren sollte oder nicht. Dass man mit Gefühlen nicht argumentieren kann, stimmt natürlich. Das Ziel ist und bleibt eine sachliche Debatte zu führen. Aber das ist bei emotional aufgeladenen Themen und besonders mit persönlich betroffenen Personen aber nun mal schwer möglich. Denn beispielsweise einer BiPoC zu sagen, der Rassismus sei überwunden und sie sei nur zu empfindlich wird nicht dazu führen, dass die Person mit sachlichen Argumenten gewinnbringend zur Debatte beiträgt. Klar, es wäre sinnvoll, die Debatte trotzdem aufzunehmen, wenn das Gegenüber fundamentale Werte nicht teilt, Falschinformationen verbreitet oder verletzende Sprache benutzt - vielleicht ist es genau in solchen Situationen sinnvoll, das Wort zu erheben. Aber kann man das von betroffenen Personen erwarten? Oder geht der Selbstschutz manchmal nicht vor? 


Natürlich ist es nicht der richtige Weg, auf abweichende Meinungen oder gewisse Äußerungen mit Zensur und Einschüchterung zu reagieren, aber man muss sich heutzutage auch nicht mehr alles gefallen lassen und alles, was zu weit von der Realität entfernt ist, um noch als Meinung zu gelten, fällt eben auch nicht unter die Meinungsfreiheit. Um es mit dem Beispiel des Autors zu sagen: Ein Wissenschaftler, der behauptet, dass es genetische Unterschiede zwischen Ethnien in der Intelligenz gibt, ist offensichtlich rassistisch motiviert und dessen Forschung und Gedankengut demnach kritisch zu hinterfragen. 


Die negative Reaktion der Studierendenschaft auf einen solchen Wissenschaftler hat dann nichts mit "Cancel Culture" zu tun, sondern mit gesunder Skepsis gegenüber unsauberer Forschung. Denn ich stimme dem Autor auch nicht zu, dass es egal ist, welche politische Gesinnung WissenschaftlerInnen haben. Das Klima an der Uni bestimmt die Denkweise einer nächsten akademischen Generation und prägt die Richtung der Forschung maßgeblich mit! Natürlich gibt es Fälle, in denen Protestaktionen von Studierenden als Ausdruck der Intoleranz abweichender Meinungen verstanden werden kann. Und klar kann keiner wollen, dass die öffentliche Meinung oder laute Stimmen im Internet der Maßstab für akademische Entscheidungen bestimmen und aus Angst vor Verurteilung übereilte Entscheidungen wie die Ausladung von RednerInnen oder der Rauswurf von Personal getroffen werden. Der Grund dafür sehe ich aber eher in der Verunsicherung der Menschen in Führungspositionen, die vor allem mit den unsicheren Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zusammenhängt. Wer nur einen befristeten Arbeitsvertrag hat und dringend auf Förderung angewiesen ist, kann es sich eben nun mal nicht leisten, eine kontroverse Meinung zu vertreten. Ändert man das, können auch Universitäten wieder mehr Kontroversen aushalten und zu einem Ort der freien Diskussion werden. 


Zum Thema Sprache hält sich der Autor stark zurück und gibt nur im Fazit am Ende an, es gebe auch sprachliche Grenzen. Zwischenzeitlich lässt sich aber eine Abneigung gegen von ihm bezeichnete "Sprachkontrolle" erkennen, wenn er beispielsweise das Binnen-I als "massiven Eingriff" in die Sprache bezeichnet. Es ist das Eine, konsequent in einem Sachbuch nicht zu gendern, das Andere, selbst gegen gendergerechte Sprache zu wettern. Dass die Diskussion über sensible Sprache akademisiert und an einem Großteil der Bevölkerung vorbei geht, stimmt durchaus, aber ist es deshalb weniger sinnvoll, sich darüber Gedanken zu machen, welche Alternativen es zu verletzende Begriffe geben könnte und diese vorzuschlagen? Welche Formulierungen sich durchsetzen wird sich sowieso mit der Zeit zeigen, da Sprache sich frei entwickelt und niemandem aufgezwungen werden kann. Ich finde die Angst vor einer "Sprachpolizei" also eher lächerlich und rechten Provokateuren zuzuordnen.


Sehr interessant fand ich hingegen René Pfisters Ausführungen zu der Frage, ob heutzutage journalistische Objektivität noch das Ziel ist oder lieber gesehen wird, dass eine eindeutige Haltung vertreten wird. Auch seine Gedanken zur kulturellen Aneignung fand ich sehr spannend, wenn er auch hier wieder überspitztere Beispiele verwendet, als notwendig gewesen wäre. Die negativen Nebenwirkungen der Intersektionalitäts-Idee beschreibt er ebenfalls gut, lässt aber völlig unter den Tisch fallen, dass die von ihm genannten "feministischen Ikonen" wie zum Beispiel Alice Schwarzer, Transpersonen nicht respektieren und aus diesem Grund geächtet werden anstatt weil sie in Vergleich zu anderen FeministInnen immer noch "zu privilegiert" sind. 


Der letzte Abschnitt versöhnte mich ebenfalls nochmals mit dem Buch und der dort vorgetragenen Rede auf den freien Diskurs als wichtiger Anker unserer Demokratie kann ich auch vollkommen zustimmen. Als Kompromiss aus seinen 257seitigen Darlegungen über Meinungsfreiheit, Aktivismus, offenen Streit und Konformität würde ich vorschlagen, dass man als funktionierende Gesellschaft alles vier benötigt: Aktivismus ohne Meinungsfreiheit ist gefährlich, Meinungsfreiheit ohne Aktivismus allerdings auch, da dies zu nichts führt und keine Veränderungen generiert. Reibung zwischen politischen Lagern und auch zwischen Generationen ist wichtig, Kompromisse und Verständnis allerdings auch, um einer Spaltung des Landes und der Generierung von Feindbildern vorzubeugen, wie es in den USA teilweise schon passiert ist. Für mich persönlich nehme ich also aus "Ein falsches Wort" mit, dass es wichtig ist, ein gesundes Maß an Skepsis zu behalten, seine eigene Meinung nie als einzige Wahrheit anzusehen und beständig nach Anteilen von Ideologie in den eigenen Einstellungen zu suchen. Diese Rezension abschließen möchte ich mit einem Zitat aus René Pfisters Fazit:



"Demokratie ist im Kern der Streit um das stärkste Argument und die Fähigkeit zum Kompromiss. [...] Aber die Demokratie kann nicht dadurch geschützt werden, dass man den offenen Diskurs beschneidet."

 




Fazit


"Ein falsches Wort" ist ein interessantes Sachbuch, das die Gefahren linker Ideologie aus einer liberalen Perspektive analysiert und damit hervorhebt, dass es möglich ist, die Diskussionskultur und Herangehensweise progressiver Kräfte sachlich zu kritisieren, ohne in rechte Parolen abzurutschen. Abzug gibt es je einen Stern für objektive Schwächen wie Wiederholungen, bewusst überspitzte Beispielen und inhaltliche Oberflächlichkeit an einigen Stellen sowie für subjektiv empfundene Widersprüche. 

Cover des Buches Ein falsches Wort (ISBN: 9783421048998)
Hartzersmanns avatar

Rezension zu "Ein falsches Wort" von René Pfister

Du darfst
Hartzersmannvor 2 Jahren

Ein Spiegel-Bestseller von einem Spiegel-Autor und das Buch liest sich gar nicht mal eklig. "Ein falsches Wort" signalisiert: Normalo darf auch mal gegen Wokistan sein. Denn wie soll die gewollte Spaltung der Gesellschaft funktionieren, wenn sich alle wegducken? 

Eine elitäre Kaste hat beschlossen, die Sprache zu ändern und mit der Sprache die Gesellschaft. Die realen Machtverhältnisse sollen nicht durch Demokratisierung oder auskömmliche Löhne verändert werden, sondern durch einen Lippendienst an vermeintlichen Opfergruppen. Gendern als Distinktionsmerkmal, hier die akademisch geprägte Elite, dort die abgehängten "Deplorables", die Erbärmlichen.

Wie der Adel vergangener Zeiten französisch gesprochen hat, um sich von den niederen Klassen zu unterscheiden, dient die elitäre Sprache über ihre Funktion der Distinktion hinaus der Einschüchterung und treibt Normalbürger schon mal in die Arme von Populisten. Cancel culture, kulturelle Aneignung, Mikroaggressionen, positiver Rassismus, toxische Männlichkeit, white supremacy, alles soll eine andere Sprache ändern oder gar verstärken. Hauptsache, die Hütte brennt.

Dabei ist der identitätspolitische Twist eng anschlussfähig für den digitalen Kapitalismus. Für Unternehmen ist es billiger, sich ein diverses Image zu geben, statt anständige Löhne zu zahlen. Werbung mit mehrheitlich schwarzen Menschen, aber die sozioökonomischen Verhältnisse bleiben außenvor. Aufstieg durch Bildung funktioniert nicht mehr, weil die Bildung weitgehend Gaga-Gerede ist. Die Symbolpolitik einer dogmatischen Oligarchenkaste ist längst zum Religionsersatz geworden.

Feministische Außenpolitik im Kriegsrausch, totalitäre Maßnahmenstaaten verteilen Pubertätsblocker, propagieren Geschlechtsumwandlungen Halbwüchsiger und lassen die Prolls Insektenmehl fressen. Die Spaltung der Gesellschaft geht rasant voran. Wer das "richtige Wort" sprechen will, muss die Hintergründe kennen.

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