Cover des Buches ... fast vergessen, Spuren eines jüdischen Lebens (ISBN: 9783941693081)
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Rezension zu ... fast vergessen, Spuren eines jüdischen Lebens von Renate van Kampen

Rezension zu "... fast vergessen, Spuren eines jüdischen Lebens" von Renate van Kampen

von Cicuma vor 13 Jahren

Rezension

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Cicumavor 13 Jahren
Wenn man in Berlin, in der Lietzenburger Straße, vor dem Gemeindehaus der Kaiser-Wilhem-Gedächtniskirche, auf dem Gehweg schaut, dann findet man einen der so genannten Stolpersteine mit dem Namen “Thekla Skorra” eingraviert. Verzeichnet sind neben dem Namen, das Geburts- und Sterbejahr sowie der Sterbeort. Dazu der Hinweis “Deportiert am 14.1.1943″ Mehr erfährt man nicht. Nun hat Renate van Kampen mit dem vorliegenden Werk ein Buch geschrieben, das an das Leben und an die Werke der Berlinerin erinnert. Es ist ein Buch, das dem Gedenkstein von Thekla Skorra, eine der bekanntesten jüdischen Schriftstellerinnen Berlins, ein Gesicht und eine Geschichte gibt. Van Kampen begab sich dabei in zahlreiche Archive, sichtete Unterlagen in zahlreichen Bibliotheken und Instituten, fand Rezensionen, Essays und Prosa einer beeindruckenden Frau, die vor allem das Judentum und das Frau- und Muttersein in ihren Werken hervorhob. “Vergessen ist Verbannung - Erinnerung ist Erlösung” (Baal Schem Tow) Wer aber war Thekla Skorra, die ein unruhiges Leben geführt haben musste, die zahlreiche Umzüge innerhalb Berlins erlebte, ehe sie am 14. Januar 1943 mit hundert anderen Personen in Richtung Theriesenstadt zwangsdeportiert wurde. (Von dem Transport überlebten nur wenige die Schikanen der NS-Maschinerie) Von Skorra sind nur einzelne Gedichte und Geschichten erhalten geblieben. Eines davon ist das nun folgende. “Trost” Der Tod? Wer fürchtet denn den Tod? Doch, diese nur, die nie gelebt. In trüber DämmŽrung ihre Tage tatenlos verbracht. Wer wild im heißem Schöpferdrange um Menschenseelen kühn gerungen, An jedem Freudenbecher jubelnd sich gelabt,die Blüten, die die Liebe bot, hat keck umschlungen; Der sinkt dereinst dem ausgetollten Kindlein gleich, der Erde an die treue Mutterbrust, mit traumverlorŽnem Lächeln. Satt und - müde ! Wenn ihm die Lust ihr letztes Lied gesungen; der fürchtet nicht den Tod; weil er das Leben stark bezwungen. (entnommen aus “Wovon mein sich freigesungen, Berlin 1905) Als ihr wohl berühmtestes Werk darf wohl “Wovon mein Herz sich freigesungen” angesehen werden. Ihr wohl erster und auch wohl einziger Gedichtband, über den eine Rezension geschrieben wurde “.. Eine junge Frau, die im Leid erzittert und in der Freude verharrt wie ein dankbares Kind, eine Frauenseele, durch die das blase und das rote Leben hindurch gegangen sind und ihre Träume zurückließen, und diese Träume wurden zu Gedichten.” Skorera arbeitete unter anderem als Redakteurin der Zeitschrift “Die Kinderfürsorge”. Am 1. Mai 1916 fiel ihr Sohn Bruno während des Ersten Weltkrieges in Frankreich. Sein Tod hinterließ deutliche Spuren bei Thekla Skorra. Sie musste erneut umziehen und landete am Ende in einem Altersheim. Von dort wurde sie im Januar 1943 mit dem 81. Alterstransport in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 3. Juni 194, zweieinhalb Monate vor ihrem 77. Geburtstag, verstarb. Das kleine Buch ist reichlich mit kleinen wunderbaren Gedichten und Erzählungen von Skora bestückt. Am eindrucksvollsten ist dabei die Geschichte “Judenporzellan”, die von Liebe und Enttäuschung einer Familie zu ihrem - zu einem anderen Glauben übergetretenen - Sohn handelt. Der Erinnerung an andere Schicksale der dunklen Jahre Deutschlands wegen wäre es wünschenswert, wenn es mehr solch wertvolle Bücher geben würde.
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