Diesmal erzählt uns Ralf Rothmann nicht vom Krieg, sondern davon, wie es war aufzuwachsen im Ruhrgebiet in den 1960-ern.
Szenen einer Jugend sind das, kaum (eigentlich nur namentlich) verbrämt die Jugend des Verfassers. Zwischen Vaters Schicht im Schacht und Abstechern an die Pommesbude, frisierten Mopeds, Tanzabenden in der Gaststätte 'Maus', kalabrischen Köstlichkeiten der italienischen Gastarbeiter und ersten erotischen Erfahrungen. Rothmann ist ein feiner Beobachter, der den Ton trifft, er hat eine Gabe, Leute mit wenigen Strichen zu skizzieren, Stimmungen exakt festzuhalten und ohne viel Brimborium das Lebensgefühl - nun ja - einer Generation auf Papier zu bringen. Das ist interessant und einsichtsreich. Man liest es gern.
Trotzdem fehlt mir was. Der große Bogen, die Geschichte hinter der Geschichte. Es sind Szenen einer Jugend, Skizzen, der Abschnitt eines Lebens, vielleicht ein halbes Jahr, eingebettet in die Rahmenhandlung vom Tod der Mutter viele Jahre später, dessentwegen der Erzähler zurückmuss in den Pott, in die Welt seiner Jugend, an die er sich dann erinnert. Für meine Begriffe wird hier eine ganz große epische Lebensgeschichte mittendrin einfach abgerissen, weil uns der Autor nur einen kleinen Ausschnitt gönnt. Wieso er ausgerechnet diese Episoden erzählen will, was sie prägend mit ihm gemacht haben, das wüsste man nur zu gern, aber das enthält uns Ralf Rothmann hier vor.