Als Alan Greenspan die Zügel an der Spitze der amerikanischen Notenbank in die Hände gelegt bekam, galt sehr schnell ein neues Axiom: Jede Krise der Finanzmärkte wird mit einer Dollar-Liquiditätsflut beantwortet. Dieses Geld wird von der Federal Reserve aus dem Nichts geschöpft und gegen Schuldscheine in die Welt entlassen. Es kann nur wieder aus dieser Welt verschwinden, wenn diese Schuld mit bereits vorhandenem Geld getilgt wird.
Der vorgebliche Grund für Greenspans Gelderschaffungsorgien war seine theoretische Erkenntnis, dass zu Zeiten der Großen Depression die FED das genaue Gegenteil tat und so die schreckliche Krise erst richtig befeuerte. Die Greenspan-Dollars sollten den Wirtschaftskreislauf beleben. Dieses Ziel wurde wenigstens teilweise erreicht. Doch leider gilt in diesem Universum auch das vielen Entscheidungsträgern offenbar unbekannte Gesetz der ungewollten Folge. Da die US-Geldmenge von der Wirtschaftskraft der USA inzwischen völlig abgehoben ist, entstehen nun immer wieder zwangsläufig Spekulationsblasen, denn auf gesundem Wege findet dieses überflüssige Geld keine Anlage mehr. Eine solche Spekulationsblase, die obendrein politisch durch bewusst ungeregelte Märkte förmlich herbeigerufen wurde, ist nun geplatzt. Auch die gelegentlich astronomischen Managergehälter sind letztlich eine Konsequenz dieses überflüssigen Geldes. Das jedenfalls behauptet der Autor in seinem Buch. Und damit hat er wohl Recht.
Greenspans Nachfolger Bernake setzt das Werk seines Vorgängers nun in völlig neuen Dimensionen fort. Nachdem der Autor diese Ausgangssituation an mehreren Stellen seines Buches in unterschiedlicher Tiefe und Breite beschrieben hat, stellt er die Frage, ob der riesige ökonomische Feldversuch, Schulden mit immer noch mehr Schulden zu bekämpfen, ein gutes Ende nehmen kann und behauptet, dass dies gelingen wird, wenn es zu einer gemäßigten Geldentwertung kommt. Was kann einem Schuldner Besseres passieren als eine Inflation? Seine Schulden bleiben nominal gleich, aber der Wert des Geldes sinkt. Bislang hat das Ausland den amerikanischen Schuldenwahn finanziert, indem es amerikanische Staatsanleihen mit vorhandenen Dollars kaufte und so die US-Währung stabil hielt. Inflationieren die USA nun ihre Währung noch intensiver, dann berauben sie ihre Gläubiger um ihr Eigentum. Und genau das ist ihre Strategie.
Ob sie völlig aufgehen wird, ist jedoch fraglich. Man kann schon deshalb an ihrem Erfolg zweifeln, weil sie von den gleichen Leuten erdacht wurde, die uns den gegenwärtigen Schlamassel erst eingebrockt haben. Ob man eine Inflation steuern kann, wenn sie denn kommt, wird man sehen. Denn neben den USA gibt es noch eine Reihe von anderen Wirtschaftsmächten und -blöcken, die selbstverständlich eigene Strategien verfolgen werden.
In den ersten drei Kapiteln geht der Autor auf die wichtigsten Finanzmarktkrisen der letzten 80 Jahre und insbesondere auf die gegenwärtige Situation ein. Er schildert dabei insbesondere, warum es für Banken so lukrativ war Milliarden in Subprime-Anleihen und Kreditderivate zu stecken. Lobenswert ist auch hier schon Rißes Fähigkeit, scheinbar komplizierte Zusammenhänge so einfach zu erklären, wie sie sich nämlich wirklich darstellen. Besonders interessant sind im dritten Kapitel die dort geschilderten wirtschaftlichen Zukunftsaussichten für die einzelnen Weltregionen.
Das vierte Kapitel befasst sich mit der Rolle des Geldes im Wirtschaftskreislauf. Außerdem werden die Begriffe Inflation und Deflation erläutert. Danach begründet Riße seine Meinung, dass es zwangsläufig zu einer Inflation kommen muss, die aber im Rahmen bleibt. Der Steuerzahler wird mit einer Inflation doppelt bestraft. Er trägt mit seinen Steuern die Schulden anderer ab und verliert nun auch noch Teile seines Vermögens.
Im vorletzten Kapitel erklärt uns der Autor dann schließlich seine Vorstellungen von der Finanzarchitektur von morgen. Märkte brauchen Regeln, sonst macht jeder, was er will. Die Subprime-Krise ist in einem bis heute nicht regulierten Markt entstanden. Der Autor schlägt einige solcher vernünftigen Regeln vor. Selbstverständlich muss man ihm zustimmen, wenn er meint, dass Gesetze und Regeln die Moral prägen müssen.
Bis jetzt ist es jedoch so, dass kein wirklich erfolgreicher Ansatz dafür zu sehen ist. Regierungen und Aufsichtsbehörden stehen offenbar hilflos vor so genannten Experten, die mit schlichten mathematischen Modellen hantieren, die sie nicht verstanden haben und deren Voraussetzungen sie nicht kennen oder einfach missachten. Aus solchen Modellen haben diese Genies auch den Schluss gezogen, dass man (etwas übertrieben formuliert) Risiko irgendwie verschwinden lassen kann. Das Parkett, auf dem diese Irren tanzen, ist spiegelglatt und selbstverständlich bis heute völlig unreguliert. Stattdessen wird über Managergehälter, Gier und andere Ablenkungen öffentlich diskutiert. In der Sache jedoch läuft alles wie bisher.
Im letzten Kapitel schließlich lernen wir, wie wir unser Kapital vor der Inflation schützen können. Letztlich läuft alles auf Gold hinaus. Und das erklärt uns der Autor sehr ausführlich.
Fazit.
Ein überraschend gutes und sehr flüssig geschriebenes Buch, das uns scheinbar komplizierte Zusammenhänge so einfach erläutert, wie sie tatsächlich sind. Es hilft die gegenwärtige Krise besser zu verstehen und bereitet seine Leser auf eine eventuell eintretende Situation vor, die nicht unwahrscheinlich ist. Ob es dann letztlich so kommt, wie der Autor prognostiziert, bleibt abzuwarten. Seine Ratschläge für diesen Fall sind konsequent und einsichtig.
Wenn das Gesetz der ungewollten Folge zuschlägt