Richard Barber

 4,7 Sterne bei 3 Bewertungen

Alle Bücher von Richard Barber

Neue Rezensionen zu Richard Barber

Cover des Buches Henry II (Penguin Monarchs): A Prince Among Princes (ISBN: 9780141977089)
A

Rezension zu "Henry II (Penguin Monarchs): A Prince Among Princes" von Richard Barber

Andreas_Oberender
Triumphe und Tragödien. Das Leben Heinrichs II. von England

Seit Herbst letzten Jahres bringt der Penguin-Verlag eine neue Buchreihe heraus, die "Penguin Monarchs". Es handelt sich um Kurzbiographien aller englischen und britischen Könige und Königinnen seit dem 11. Jahrhundert. Interessanterweise beginnt die Reihe mit den letzten angelsächsischen Herrschern vor der normannischen Eroberung. Auch für Oliver Cromwell ist ein Band vorgesehen. Mittlerweile sind neun von 45 geplanten Bänden erschienen. Die Bücher sind kleinformatig (13x18,5 cm) und umfassen maximal 150 Seiten. Sie enthalten farbige Abbildungen, Stammtafeln und kommentierte Literaturhinweise. Auch wenn eine entsprechende Angabe fehlt, ist davon auszugehen, dass sich die Bände an historisch interessierte Laien richten, die sich rasch über das Leben der englischen Monarchen informieren wollen. Als Konkurrenz zur renommierten Biographienreihe "Yale English Monarchs", deren Bände eher für den wissenschaftlichen Gebrauch in Frage kommen, sind die "Penguin Monarchs" nicht gedacht. Interessant ist die neue Reihe dennoch, denn der Verlag hat zahlreiche bekannte Historikerinnen und Historiker als Autoren rekrutiert. Damit ist sichergestellt, dass sich die einzelnen Kurzbiographien auf der Höhe des heutigen Forschungsstandes bewegen.

Obgleich er zu den bedeutendsten englischen - und europäischen - Herrschern des Mittelalters zählt, steht Heinrich II. (1133-1189) seit jeher im Schatten einiger Personen, die in seinem Leben eine wichtige Rolle spielten: Seine Gemahlin Eleonore von Aquitanien; sein Freund und späterer Widersacher Thomas Becket; sein Sohn Richard Löwenherz. Historiker und Biographen fanden Eleonore, Becket und Richard schon immer attraktiver als Heinrich II. Die letzten nennenswerten englischsprachigen Biographien Heinrichs II. sind in den 1960er und 1970er Jahren erschienen. Eine stammt aus der Feder von Richard Barber, dem Verfasser der vorliegenden Kurzbiographie. Barber hat sein Büchlein in drei Abschnitte gegliedert, "Der Mensch", "Seine Geschichte", "Seine Leistungen". Dank einer Vielzahl von zeitgenössischen Chroniken und Geschichtswerken lässt sich Heinrich II. als Individuum sehr gut erfassen und charakterisieren. Das unterscheidet ihn von vielen anderen Herrschern des Mittelalters, die als Persönlichkeiten kaum zu greifen sind. Heinrich war ein tatkräftiger, energischer und streitbarer Monarch, der zeitlebens danach strebte, seine Pläne und Vorhaben gegen alle Widerstände durchzusetzen. Kämpfe und Konflikte jeglicher Art bestimmten sein Leben.

Große Erfolge waren Heinrich II. ebenso beschieden wie bittere Niederlagen. In Erinnerung geblieben ist der König vor allem als Begründer des sogenannten Angevinischen Reiches. Heinrich, der aus dem Hause der Grafen von Anjou stammte, und seine Frau Eleonore, die Erbin des Herzogtums Aquitanien, herrschten über England, die Normandie, die Bretagne sowie den Westen und Südwesten Frankreichs. Das gewaltige Reich erstreckte sich von der englisch-schottischen Grenze im Norden bis zu den Pyrenäen im Süden. Ähnlich wie die Ottonen, Salier und Staufer war Heinrich II. ein Reisekönig. Ständig pendelte er zwischen England und Frankreich hin und her. Das Angevinische Reich wurde nur durch die Person des Königs zusammengehalten. Andere Formen der Integration waren unter den Bedingungen des 12. Jahrhunderts noch nicht möglich. Seinen Anspruch auf den englischen Thron verdankte Heinrich seiner Mutter Mathilde, einer Tochter Heinrichs I., der 1135 söhnelos verstorben war. Mathilde und ihr Vetter Stephan von Blois führten fast 20 Jahre lang Krieg um die englische Krone. Die sogenannte "Zeit der Anarchie" endete erst, als Stephan den Sohn seiner Cousine und Rivalin als Thronerben einsetzte. Während der Regierungszeit Heinrichs II. herrschte in England Frieden. Heinrich konsolidierte die königliche Herrschaft, zähmte die übermütig gewordenen Barone, brachte Ordnung in die Finanzen und das Rechtswesen. In den 1170er Jahren eroberte er Irland, das fortan für fast 800 Jahre unter englischer Herrschaft stand.

Alle diese Erfolge und Leistungen wurden überschattet von den epischen Konflikten, die Heinrich II. mit der Kirche und mit seiner Familie austrug. Die Streitfrage um das Verhältnis zwischen weltlichem und kanonischem Recht führte zu jahrelangen erbitterten Auseinandersetzungen zwischen dem König und seinem einstigen Freund Thomas Becket, den Heinrich zum Erzbischof von Canterbury ernannt hatte. Barber kann aufgrund des begrenzten Raumes nur die Grundzüge dieses Konflikts schildern, der zur Jahreswende 1170/71 in Beckets Ermordung gipfelte. Ähnlich dramatisch waren die innerfamiliären Konflikte, die Heinrich II. ausfechten musste. Seine drei ältesten Söhne Heinrich, Richard und Gottfried drängten ab Mitte der 1170er Jahre auf eine Beteiligung an der Herrschaft, und da der König keine zufriedenstellende Regelung fand, rebellierten die Söhne mehrfach offen gegen den Vater. Die Kämpfe, die ausschließlich auf französischem Boden ausgetragen wurden, zogen sich bis zum Tode des Königs hin. Parallel dazu musste sich Heinrich II. immer wieder mit den französischen Königen auseinandersetzen, die das Angevinische Reich als Bedrohung empfanden und jede Gelegenheit nutzten, es zu schwächen. Als Heinrich II. im Juli 1189 in der Burg Chinon starb, war er körperlich und mental vollkommen erschöpft. Des ständigen Kämpfens müde, empfand er den Tod als Erlösung.

Barbers knappe, gedrängte Überblicksdarstellung macht Lust auf mehr. Ein Herrscher wie Heinrich II. verdient eine umfassende, für ein breites Publikum geeignete Biographie. Denn was ist für historisch interessierte Leser faszinierender als eine Lebensgeschichte, in der Triumphe und Tragödien, Erfolg und Scheitern derart nahe beieinander liegen? 

(Hinweis: Diese Rezension habe ich zuerst im August 2015 bei Amazon gepostet)

Gespräche aus der Community

Bisher gibt es noch keine Gespräche aus der Community zum Buch. Starte mit "Neu" die erste Leserunde, Buchverlosung oder das erste Thema.

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks