Cover des Buches Lenin kam nur bis Lüdenscheid (ISBN: 9783548606965)
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Rezension zu Lenin kam nur bis Lüdenscheid von Richard David Precht

Rezension zu "Lenin kam nur bis Lüdenscheid" von Richard David Precht

von ChiefC vor 14 Jahren

Rezension

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ChiefCvor 14 Jahren
Da Lenin in Lüdenscheid hängenblieb, kam er natürlich auch nicht nach Süddeutschland. Ich gehöre also auch eher der Generation Golf an. Tja, aber die eigene Sozialisation hängt aber doch wohl untrennbar mit der Lebensweise der Eltern zusammen. Das macht Prechts Buch klar, das die "Berliner Morgenpost" als das "revolutionäre Gegenstück" zu eben der Generation Golf beschreibt. Prechts Eltern sind Kommunisten, lehnen amerikanische TV-Serien sowie jeglichen anderen Konsumterror ab und adoptieren zwei vietnamesische Waisen. Damit gehören sie natürlich nicht dem Mainstream an. Die meisten anderen Eltern in der Provinz hingegen hörten nun mal Roy Black und Heintje und hielten "Flipper", "Bonanza" und Co. für gute Unterhaltung und nicht für Teufelszeug. Hat's dem Nachwuchs geschadet? Nicht unbedingt, denn oft tendiert man ja eh dazu, sich von den "Alten" abzugrenzen. Am Ende seines Buches schildert Precht auch den Fall einer linken Familie aus dem Bekanntenkreis, deren 15-jähriger Sohn in die rechte Szene abdriftet und sich an dem mörderischen Brandanschlag von Solingen beteiligt. Aha, musste ja so kommen, werden manche schadenfroh sagen, die vielleicht 68er-geschädigt sind oder schon immer stramm konvervativ waren. Das ist aber Unsinn. So kann's kommen, muss es aber nicht. Precht beeindruckt vielmehr dadurch, dass er nicht ständig urteilt oder gar indoktriniert, sondern einfach beschreibt, seine Jugend, seine Gedanken und Gefühle als Heranwachsender und seine Umgebung und wie sie sich entwickelt hat. Dazu gehören auch die Biografien etlicher Leute, die erstaunliche Brüche aufweisen, die etwa von ganz links so ziemlich in die Mitte der Gesellschaft gewandert sind wie etwa diverse Politiker, etwa Antje Vollmer oder Ulla Schmidt. Ja, ich bin völlig anders aufgewachsen, aber gerade auch deshalb ist der Blick auf eine völlig andere Jugend so spannend, vor allem, wenn sie von einem Talent wie Precht geschildert wird. Ich geb's zu: Ich habe das Buch vor allem deshalb gelesen, weil mir sein Werk "Wer bin ich und wenn ja, wie viele?" so gut gefallen hat. - Ich hab's nicht bereut.
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