Cover des Buches Profit (ISBN: 9783453522022)
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Rezension zu Profit von Richard Morgan

Interessanter Rahmen, guter Stil, aber hätte deutlich gekürzt werden sollen

von tob82 vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Interessanter Rahmen, guter Stil, aber hätte deutlich gekürzt werden sollen

Rezension

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tob82vor 8 Jahren
"Profit" von Richard Morgan spielt in London einige Jahrzehnte in der Zukunft. Protagonist ist der Manager Chris Faulkner, der für einen internationalen Großkonzern in der Abteilung "Conflict Investment" arbeitet. Seine Aufgabe besteht darin, Regierungen in Drittweltländern ein- und abzusetzen und dafür bestimmte Anteile am BIP dieser Länder für die Firma zu kassieren. Generell haben die Großkonzerne mittlerweile praktisch uneingeschränkte Macht erlangt. Regierungen sind nur noch dazu da, um einen Schein von Demokratie zu wahren; viele Menschen müssen ein Dasein in den "Zonen" (Slums) fristen, während die Manager der Konzerne fast tun oder lassen können, was sie wollen.
Chris kommt ursprünglich auch aus den Zonen, hat sich aber v.a. durch sein fahrerisches Können (Beförderungen werden in Duellen auf der Straße zwischen den Kontrahenten entschieden) schnell einen Namen in der Szene gemacht. Seine Frau Carla - gleichzeitig auch seine Mechanikerin - hält nicht viel von den Machenschaften der Großkonzerne. Sie kommt aus Norwegen, wo es scheinbar noch eine deutlich besser funktionierende Gesellschaftsstruktur gibt und ihr Vater ist ein wirtschaftskritischer Journalist, der freiwillig in den Zonen Londons lebt, um die Auswirkungen des Systems hautnah miterleben zu können.

Das Setting von "Profit" ist ansprechend und scheint mir eine logische Weiterentwicklung unserer heutigen Situation zu sein. Die Geschichte ist zu Beginn sehr interessant (Darstellung der Gesellschaft, die Machenschaften der Großkonzerne) und weist auch eine gewisse Spannung auf (Chris' Duelle; der Konflikt zwischen Chris und Carla). Leider ist es dann so, dass diese Spannung relativ schnell nachlässt, da es zu keiner wirklichen inneren Entwicklung der Geschichte und der Charaktere kommt. Chris mag seinen Job und streitet sich daher immer wieder mit Carla. Sie will, dass er aussteigt, aber seine Motivation wird mir nie wirklich klar. Chris' Figur bleibt insgesamt viel zu oberflächlich, um eine gute Geschichte tragen zu können und die Darstellung der Machenschaften der Konzerne sowieso die recht gut geschriebenen regelmäßigen Action- und Gewaltszenen sind nicht ausreichend, um von einer spannenden Geschichte reden zu können.

"Profit" ist durch den recht guten Stil des Autors und das interessante Setting kein schlechter Roman, aber er hätte aus meiner Sicht deutlich gekürzt gehört (er hat knapp 600 Seiten), um das regelmäßige Gefühl von Wiederholung und die damit entstehende Langeweile zu vermeiden. Zusätzlich hätte der Autor mehr Zeit in die Motivation und den Hintergrund seines Protagonisten investieren sollen. Eine Empfehlung ist er für mich nicht wirklich.
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